idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/19/2006 15:20

Neue Froschgattung auf Madagaskar entdeckt

Dr. Christian Jung Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Amphibien-Inventur für den Artenschutz: Zoologen bestimmten mit Unterstützung der VolkswagenStiftung die madagassischen Froscharten - und stießen dabei auf eine kleine Sensation.

    Tsingymantis antitra heißt das Tier, dessen Entdeckung die Wissenschaftler auf Madagaskar jüngst zum Staunen brachte. Denn bei dem "alten Frosch aus dem Karstmassiv"- so die Bedeutung des wissenschaftlichen Namens - handelt es sich um eine bisher unbekannte Gattung, die einen alten Ast im Stammbaum der Frösche darstellt. "Uns war sofort klar, dass wir etwas ganz Besonderes vor uns hatten", erklärt Dr. Frank Glaw von der Zoologischen Staatssammlung München, "denn keine der 232 bekannten madagassischen Froscharten ähnelte diesem Tier." Nur vier Weibchen fanden die Forscher von der neuen Gattung - und zwar nicht im triefenden Regenwald, sondern in einer bizarren, von Höhlen durchzogenen trockenen Kalkformation im Norden von Madagaskar. Diese Region hatten Dr. Glaw und Professor Dr. Miguel Vences, Technische Universität Braunschweig, gemeinsam mit Professor Dr. Noromalala Raminosoa von der Universität Antananarivo in Madagaskar einer umfassenden Amphibien-Inventur unterzogen.

    Ziel dieses von der VolkswagenStiftung geförderten Projektes war und ist eine effektive Unterstützung des Artenschutzes auf Madagaskar. Dort sind 55 Amphibienarten vom Aussterben bedroht. Die Vielfalt der Tiere zu erkennen, ist eine der Voraussetzungen für ihren wirksamen Schutz.

    Heutzutage ist es für Zoologen eigentlich keine große Sensation, neue Amphibienarten zu entdecken. Moderne Untersuchungsmethoden wie Lautanalysen und DNA-Sequenzierungen sowie die Suche in abgelegenen Regenwäldern haben den Wissenschaftlern geradezu einen "Froschartenregen" beschert. Die Entdeckung von Tsingymantis antitra aber lässt die Forscherherzen höher schlagen. Denn es handelt sich wahrscheinlich um den ursprünglichsten Vertreter einer fast nur auf Madagaskar vorkommenden Gruppe von Fröschen, der Unterfamilie Mantellinae. Dies wird auch durch genetische Analysen bestätigt, die Simone Hoegg von der Universität Konstanz gemeinsam mit Miguel Vences durchführte. Ein äußerst seltener Glücksfall, sind doch solche alten Linien im Stammbaum entweder schon lange bekannt oder schon lange ausgestorben. Die Entdeckung ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Zootaxa (1334; 27-43) publiziert. http://www.mapress.com/zootaxa/.

    Wie lange die neu entdeckte Froschart noch überleben kann, ist ungewiss. Nicht nur der Regenwald, sondern auch die Wälder in Madagaskars Trockenregionen werden immer weiter abgeholzt.

    Tsingymantis - ein lebendes Fossil?
    Der Fund gibt auch wichtige Hinweise auf die Klimageschichte Madagaskars. So fiel den Zoologen auf, dass die ursprünglichsten Frösche Madagaskars meist in Trockengebieten leben, obwohl heutzutage fast alle Frösche im dortigen Regenwald vorkommen. Diese Beobachtung deckt sich gut mit neuen Hypothesen zur Klimageschichte der Insel. Demnach könnte der madagassische Regenwald jünger sein als gemeinhin angenommen - er bildete sich möglicherweise erst im Oligozän, also vor etwa 30 Millionen Jahren, im Zuge der Kontinentaldrift. Nachdem Indien von Madagaskar abgebrochen und nach Norden weggedriftet war, öffnete sich der Indische Ozean und brachte die feuchten Passatwinde heran, die den Regenwald sprießen ließen. Für Frösche, Chamäleons, Lemuren und unzählige andere Tierarten entstand ein neues Paradies, in dem sich die heutige Artenfülle entwickelte. Ihre Vorfahren waren jedoch möglicherweise darauf angewiesen, in einer trockeneren Umgebung zu überleben. Der in kühlen Spalten und Höhlen des eher trockenen Kalksteingebirges heimische Tsingymantis könnte damit ein lebendes Fossil sein, das die Lebensweise der madagassischen Frosch-Urahnen beibehalten hat.

    Naturschutz auf Madagaskar
    Obwohl Tsingymantis in einem geschützten Gebiet vorkommt, stellt allein schon die geringe Größe seines Verbreitungsgebietes eine Gefährdung dar. "Der Schutz dieser Art sollte daher eine hohe Priorität erhalten", betont Miguel Vences. Immerhin: Die Zeit dafür scheint ideal, denn die madagassische Regierung will die Naturschutzflächen in den nächsten Jahren verdreifachen. Erst kürzlich sind die deutschen Zoologen von einem Workshop aus der madagassischen Hauptstadt Antananarivo zurückgekehrt. Unter der Schirmherrschaft der dortigen Regierung wurde hier eine Strategie zum Schutz der einzigartigen Amphibienfauna des Landes entwickelt.

    Die von der VolkswagenStiftung geförderte Forschung hat einen großen Beitrag geleistet, um abzuschätzen, wie viele Arten von Fröschen auf dieser Insel leben, wo sie vorkommen und wie sie sich unterscheiden lassen. "Diese Daten", erläutert Glaw, "bilden eine wichtige Grundlage, um zu entscheiden, welche Gebiete und welche Arten am dringendsten geschützt werden müssen."

    Weitere Auskünfte und Kontakt:
    Zoologische Staatssammlung München
    Dr. Frank Glaw
    Telefon: 089 8107 114
    E-Mail: frank.glaw@zsm.mwn.de

    Technische Universität Braunschweig
    Zoologisches Institut
    Prof. Dr. Miguel Vences
    Telefon: 0531 391 3237
    E-Mail: m.vences@tu-bs.de

    Kontakt VolkswagenStiftung:
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Christian Jung
    Telefon: 0511 8381 - 380
    E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de


    More information:

    http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20061019 - diese Pressemitteilung mit Bilddownload des Frosches.


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Environment / ecology, Geosciences, Information technology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).