idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/17/2000 10:32

Internationale Fachkonferenz zu Rezeptionsforschung in Ost und West

Waltraud Riess Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

    Vom 24. bis 26. Februar 2000 veranstalten Prof. Dr. Wolfgang Adam, Dr. Holger Dainat und Hochschuldozent Dr. Gunter Schandera vom Institut für Germanistik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die internationale wissenschaftliche Fachkonferenz Wissenschaft und Systemveränderung: Rezeptionsforschung in Ost und West ? eine konvergente Entwicklung? Tagungsort ist das Roncalli-Haus in der Magdeburger Max-Josef-Metzger-Straße 12/13.

    Am Institut für Germanistik der Magdeburger Universität besteht seit einigen Jahren ein Schwerpunkt für Wissenschaftsgeschichte. Der Standort der noch jungen Universität in einem der neuen Bundesländer legt die Beschäftigung mit der unterschiedlichen Geschichte der Germanistik in den beiden ehemaligen deutschen Staaten nahe. Als Untersuchungsgegenstand für das Kolloquium wurde mit der Rezeptionsforschung in der DDR, der Bundesrepublik Deutschland und der CSSR eines der markantesten wissenschaftlichen Paradigmen der letzten Jahrzehnte ausgewählt.

    Das Erkenntnisinteresse der Tagung konzentriert sich auf die Entwicklung, Formierung und den Stellenwert des rezeptionsgeschichtlichen Ansatzes in zwei fundamental verschiedenen politischen Systemen. Dabei stellt sich die Frage nach der Eigendynamik der Wissenschaft, die trotz dieser politischen und gesellschaftlichen Unterschiede für Konvergenzen sorgt. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Ausprägung spezifischer Diskussionsstrategien und Argumentationsmuster in beiden wissenschaftlichen Kommunikationsräumen, die je nach Adressat (Kontroverse innerhalb des eigenen Systems, Abgrenzung nach außen etc.) und Intention (Legitimation des methodischen Ansatzes, Erweiterung des Argumentationsspielraums etc.) zu differenzieren sein werden.

    In zwei Hauptvorträgen werden zu Beginn des Kolloquiums von verschiedenen Ausgangspunkten her und unter differenzierten Aspekten solche Substanzprobleme wirkungs- und rezeptionsästhetischer Methodik behandelt. Manfred Naumann wird über die Genese und Umsetzung der Rezeptionsforschung in der DDR berichten und die Affinitäten und Divergenzen zwischen den Berliner und Konstanzer Positionen markieren. Eberhard Lämmert legt den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf die Anbahnung der Rezeptionsästhetik als Wirkungsgeschichte vor der Zäsur von 1968 und behandelt damit Forschungsansätze in der Germanistik und Allgemeinen Literaturwissenschaft, die durch die bisweilen fast ausschließliche Konzentration auf die Innovationen von Jauß und Iser etwas ins Abseits der Diskussion geraten sind.

    Eines der Hauptziele des Kolloquiums ist es, Akteure der damaligen Debatte an einen Tisch zu bringen und kontroverse Themen der Rezeptionsforschung zu diskutieren. Mit Prof. Dr. Manfred Naumann, Prof. Dr. Manfred Fuhrmann, Prof. Dr. Karl Robert Mandelkow, Prof. Dr. Eberhard Lämmert und Prof. Dr. Rainer Warning konnten exponierte Vertreter der wissenschaftlichen Kontroverse um Möglichkeiten und Grenzen der Rezeptionsforschung für das Magdeburger Symposion gewonnen werden. Dieser Kreis wird erweitert um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland (Tschechien, USA), die zur Rezeptionsästhetik oder Wissenschaftsgeschichte geforscht haben.

    Zu den zentralen Themenfeldern, die in diesem Kolloquium zu behandeln sind, gehört ohne Zweifel die Frage, inwieweit man bei der Rezeptionsforschung bzw. Rezeptionsästhetik von einer Konvergenz der Entwicklung in den politischen und wissenschaftlichen Systemen sprechen kann. Das Fragezeichen im Titel der Tagung trägt der Offen- und Unabgeschlossenheit dieser Kontroverse Rechnung. Der Blick ist aber nicht nur zurück gerichtet, sondern es geht in gleicher Weise um die Perspektiven der wirkungsgeschichtlichen Forschung unter veränderten institutionellen Bedingungen in der gegenwärtigen wissenschaftlichen Situation. Denn nach wie vor gibt es innerhalb der Rezeptionsforschung noch nicht ausdiskutierte Problemkomplexe. Hier ist die Debatte um die Kategorie der "Rezeptionsvorgabe" zu nennen, die Rolle des "tätigen Subjekts" im komplexen Kommunikationsprozeß ist neu zu überdenken, und die Überlegungen zur "Humanisierungsfunktion" von Kunst und Literatur sind von ungebrochener Aktualität.

    Mitte der sechziger Jahre artikulierte sich in den Literaturwissenschaften nicht nur der beiden deutschen Staaten immer stärker ein Unbehagen an traditionellen Interpretationsmethoden und eingefahrenen Praktiken der Literaturgeschichtsschreibung. Durch die Verlagerung des Analyse-Focus von der Produktions- und Werkseite zu Aspekten der Rezeption von Texten wurde mit der Rezeptionsästhetik in der Bundesrepublik Deutschland und der Rezeptions- bzw. Wirkungsforschung in der DDR methodisch ein neues Forschungsfeld erschlossen, dessen politische Brisanz innerhalb der autoritären Gesellschafts- und Wissenschaftsstruktur der DDR schnell registriert wurde. Die neuesten Forschungen zur Fachgeschichte stimmen ungeachtet aller Divergenzen darin überein, daß die Etablierung der Rezeptionsforschung eine Zäsur innerhalb der literaturwissenschaftlichen Entwicklung der DDR gebildet hat. Im Rückblick wird immer deutlicher, daß auch der Erfolg der Rezeptionsästhetik in der Bundesrepublik substantiell mit den tiefgreifenden Veränderungen verbunden gewesen ist, die Mitte der sechziger Jahre ("1968") Gesellschaft und Wissenschaft betrafen.

    Öffentlicher Abendvortrag

    Im Rahmen des Kolloquiums hält Prof. Dr. Rainer Warning, Herausgeber des repräsentativen Readers zu Theorie und Praxis der Rezeptionsästhetik, am Donnerstag, dem 24. Februar 2000, im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen den öffentlichen Vortrag Rezeptionsforschung: historischer Rückblick und Perspektiven. Der Referent wird ein kritisches Resumee dieser Methode bieten und dabei vor allem mögliche neue Forschungsfelder und weiterführende Fragestellungen der Rezeptionsästhetik artikulieren. Die Veranstaltung beginnt um 20.00 Uhr.

    Weitere Auskünfte erteilt gern:
    Prof. Dr. Wolfgang Adam
    Institut für Germanistik, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
    Tel.: 0391/67-16647, e-mail: wolfgang.adam@gse-w.uni-magdeburg.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Language / literature
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Research projects, Scientific conferences
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).