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10/24/2006 14:58

Träume im kolonialen Lateinamerika

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    "Träume im kolonialen Lateinamerika" ist der Titel einer Tagung, die vom 26. bis 28. Oktober 2006 am Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt stattfindet. Auf Schloss Friedenstein beschäftigen sich Wissenschaftler aus Europa, Latein- und Nordamerika mit der vormodernen Mentalität in der atlantischen Welt.

    Das um 1750 in Leipzig gedruckte Universallexikon muss es wissen: Dort, im so genannten "Zedler" heißt es, die Mutter des spanischen Königs Philipp II. habe geträumt, sie gebäre keinen Prinzen, sondern eine Weltkugel. Dies war eine unverhohlene Anspielung auf das Weltreich, dass Philipp II. von Spanien eines Tages regieren sollte. In der Tat im Jahre 1580 wurde er auch König von Portugal mit all seinen überseeischen Gebieten. Das am Hofe Philipps II. geträumt wurde, hat gute Tradition. Schon die griechischen Herrscher und die römischen Kaiser schenkten den verschlüsselten Botschaften der Nacht, höchste Aufmerksamkeit, hielt man sie doch für Zeichen der Götter bzw. Gottes. Das Mittelalter kannte die Figur des Traumdeuters, und Kaiser Karl V., der Vater Philipps II., "in dessen Reich die Sonne nie unterging", war ebenfalls für die Traumbotschaften empfänglich. Und schließlich, die Deutschen selbst leiteten ihr "Römisches Reich" aus dem biblischen Traum des Propheten Daniels ab.

    In welchem Maße man auch in den überseeischen Territorien des iberischen Weltreiches für Träume empfänglich war, dieser innovativen Fragestellung geht man in den nächsten drei Tagen auf Schloss Friedenstein nach. In Zusammenarbeit mit der Pariser Literaturwissenschaftlerin Sonia V. Rose von der Sorbonne und dem Augsburger Althistoriker Gregor Weber organisierte der Leiter des Forschungszentrums Gotha der Erfurter Universität, Prof. Peer Schmidt, eine internationale Tagung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft großzügig unterstützt wird. Die aus den Deutschland, Frankreich, den USA, Mexiko, Peru, Brasilien und Chile angereisten Wissenschaftler werden in einer interdisziplinären Perspektive dieser Fragestellung erstmals nachspüren. Aus der Sicht der Alten Geschichte, der Altamerikanistik, der Literaturwissenschaft und Geschichte wird z.B. der Frage nachgegangen, in welcher Form Träume zur Legitimation der europäischen Herrschaft in Amerika dienten. Auch die Bedeutung nächtlicher Visionen im religiösen Alltagsleben wird eingehend behandelt. Hier taten sich insbesondere Frauen hervor, denen die männlich bestimmte Amtskirche kaum Platz ließ, ihre spezifische Religiosität auszuleben. Freilich ist hier die Tätigkeit der Inquisition zu beachten, die über den rechten Glauben wachte, denn häufig verstießen die Träumerinnen gegen die Glaubensgrundsätze.

    "In der Zusammenschau", so Prof. Schmidt, "geht es uns auf dieser Tagung, um ein Portrait der Mentalität der kolonialen Gesellschaft und um die Frage, wann mögliche Rationalisierungsprozesse bzw. Verwissenschaftlichungen des Traumes einsetzten, wie wir sie seit dem 17. Jh. in Europa beobachten. Hier interessiert die Frage, der Wechselwirkung zwischen Europa und Amerika, eine gegenseitige Beeinflussung, die die neuere Forschung unter dem Dach "atlantische Welt" zusammenfasst. In diesem Zusammenhang ist es von Belang, wann eine solche - um eine nicht unumstrittene Formulierung zu gebrauchen - "Entzauberung des Alltags" in Lateinamerika einsetzte."

    Kontakt: Tel.: Miriam Rieger (0361) 73744-25 oder (03621)-3080-0


    More information:

    http://www.uni-erfurt.de/forschungszentrum-gotha/


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Language / literature, Philosophy / ethics, Religion, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
    German


     

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