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02/06/2007 16:07

Rostocker Zentrum: Familie kann zukünftig für die Pflege wichtiger werden

Silvia Leek Öffentlichkeitsarbeit und Pressestelle
Max-Planck-Institut für demografische Forschung

    Prognosen bis zum Jahr 2030 zeigen, dass der Anteil der Pflegebedürftigen, die Familienmitglieder und damit potenzielle Pflegegeber haben, wächst

    Obwohl aus dem Pflegebericht 2005 des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, dass Pflegeheime eine wachsende Bedeutung bei der Versorgung hilfsbedürftiger und kranker alter Menschen haben, werden Familien nach der Einschätzung von Prof. Gabriele Doblhammer, Direktorin des Rostocker Zentrums zur Erforschung des Demografischen Wandels, an Bedeutung gewinnen: "Familie kann zukünftig für die Pflege wichtiger werden, muss aber dabei unterstützt werden." Die Ergebnisse des EU-Projektes FELICIE (Future Elderly LIving Conditions In Europe) weisen darauf hin, dass bis zum Jahr 2030 die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland steigen wird, die über eine Familienanbindung - sei es durch Partner oder durch Kinder- verfügen.

    So wird prognostiziert, dass sich der Anteil der pflegebedürftigen Frauen, die sowohl einen Partner als auch mindestens ein Kind haben, ausgehend vom Jahr 2000 verdoppelt haben wird: Während dies im Jahr 2000 nur 13% der Frauen waren, werden es 2030 28% sein. Dieser Gruppe wird das geringste Risiko zugeschrieben, die Pflege in einem Heim in Anspruch nehmen zu müssen. Das größte Risiko für die Heimpflege tragen alleinstehende, kinderlose Frauen, deren Anteil sich im gleichen Zeitraum von 7% auf 4% fast halbieren wird. Der Anteil der Frauen mit mittlerem Risiko für die institutionelle Pflege, also Frauen mit entweder einem Partner oder mindestens einem Kind, wird sich von 80% auf 68% verringern.

    Heute werden 68% der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, davon wiederum zwei Drittel allein durch Angehörige und ein Drittel durch die Unterstützung von Pflegediensten. Ob die Pflege der Bedürftigen auch zukünftig von den vermehrt vorhandenen Angehörigen übernommen werden kann und wenn, wie lange und in welchem Ausmaß, wird auch von den Rahmenbedingungen abhängen. "Familien müssen bei der Pflege von Angehörigen gestärkt, sie müssen durch professionelle, mobile Pflegedienste unterstützt, und ihre Leistungen müssen besser anerkannt und honoriert werden", betont Doblhammer.

    Dazu gehöre auch, dass Arbeitszeiten bei pflegenden Personen flexibel gestaltet werden könnten und dass Pflegeleistungen bei späteren Rentenansprüchen berücksichtigt würden. Professionelle Unterstützung werde für die häusliche Pflege immer wichtiger: Erfahrungen aus den skandinavischen Ländern zeigen, dass die Inanspruchnahme eines Pflegedienstes die innerhalb der Familie erbrachten Pflegeleistungen nicht mindert sondern stärkt. Im Gegensatz dazu lassen sich warnende Beispiele aus Südeuropa anführen, wo ein Mangel an professioneller Unterstützung in Form etwa von mobilen Pflegediensten herrscht. Dies wiederum erfordert von pflegenden Angehörigen eine hohe, überfordernde Intensität der Pflege, so dass die Häufigkeit der Pflegeleistungen (Inzidenz) durch die Familie nicht etwa steigt sondern sinkt.

    Alter ist der größte Risikofaktor für Pflegebedürftigkeit, und mit dem Anstieg der Lebenserwartung wird der Anteil der Pflegebedürftigen steigen. Die Ergebnisse von FELICIE zeigen, dass auch die verbesserte, verlängerte Gesundheit diesem Anstieg nicht entgegenwirken kann. Steigen die Jahre der Pflegebedürftigkeit proportional zu den dazu gewonnenen Lebensjahren, so wird sich der Anteil der pflegebedürftigen Frauen um 39% erhöhen und der Anteil bei den Männern mehr als verdoppeln (auf 227%). Andererseits bedeutet das Wachsen des Anteils der Älteren in der Bevölkerung nicht automatisch, dass der Anteil der heute 2,13 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland proportional steigen muss. Geht man davon aus, dass die dazu gewonnenen Jahre in Gesundheit verbracht werden, würde der Anteil der Pflegebedürftigen bei Frauen nur um 20% und bei Männern nur auf 179% steigen. Die hohe Steigerung der Anteils pflegebedürftiger Männer lässt sich mit ihrem niedrigen Ausgangsniveau erklären: Heute sind mit 68% viel mehr Frauen als Männer pflegebedürftig, was vor allem für die kriegsbelasteten Jahrgänge zutrifft. Zukünftig werden aber immer mehr Männer das Pflegealter erreichen.

    Die Prognosen zum Anteil und zur Zusammensetzung der zukünftigen pflegebedürftigen Bevölkerung in Deutschland wurden im Rahmen des FELICIE-Projekts im Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels durchgeführt. Das Rostocker Zentrum ist eine gemeinsame, interdisziplinäre Forschungseinrichtung des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung und der Universität Rostock, und befasst sich mit politikrelevanten Fragen zum Demografischen Wandel in Deutschland und Europa.

    Text: kgk

    Literatur:

    Doblhammer G., Westhal C., Ziegler U. (2006) Pflegende Angehörige brauchen mehr Unterstützung - Bedarfsprognosen zeigen einen Anstieg häuslichen Pflegepotenzials in Deutschland bis 2030. Demografische Forschung aus Erster Hand 4/2006, S. 3.

    Doblhammer G., Ziegler U. (2006) Future Elderly Living Conditions in Europe: Demographic Insights. In: Backes G. M., Lasch V., Reimann K., Gender, Health and Ageing. European Perspectives. VS Verlag, Wiesbaden.

    Doblhammer, G.: Das Alter ist weiblich: Demographie der weiblichen Bevölkerung. Der Gynäkologe 39(2006)5: 346-353.

    Kontaktadresse:
    Dr. Kristín Gunnarsdóttir von Kistowski (Leiterin Forschungskommunikation)
    Tel: (0381) 2081-128, e-mail: kistowski@rostockerzentrum.de
    Christina Westphal (Koordinatorin)
    Tel: (0381) 2081-196, e-mail: westphal@rostockerzentrum.de


    More information:

    http://www.rostockerzentrum.de -Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels
    http://www.zdwa.de - Informationsportal "Zentrum zum Demografischen Wandel"
    http://www.felicie.org - FELICIE


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    Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels
    Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels

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    Criteria of this press release:
    Law, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Science policy
    German


     

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