In der Großen Koalition werden zurzeit Überlegungen für die gesetzliche Festlegung einer Grenze für sittenwidrige Löhne angestellt. Nach einem Vorschlag von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering könnten danach alle Löhne, die 20 bzw. 30 Prozent unterhalb der tariflichen bzw. ortsüblichen Löhne liegen, als sittenwidrig erklärt werden. Dies ist die bisherige Entscheidungspraxis der Arbeitsgerichte, wenn eine Klage erhoben wird. Nach Berechnungen des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung wären danach aber in einer Reihe von Branchen Löhne im Bereich zwischen zwei und fünf Euro nicht sittenwidrig.
Legt man die Grenze von 30 Prozent Abweichung nach unten zugrunde, begänne die Sittenwidrigkeit bezogen auf die untersten Tarifvergütungen beispielsweise im sächsischen Friseurhandwerk erst unterhalb von 2,14 Euro Stundenlohn. Im Berliner Bewachungsgewerbe läge die 30-Prozent-Grenze bei 3,60 Euro, in der Floristik in Westdeutschland bei 4,16 Euro. In der bayrischen Landwirtschaft begänne die Sittenwidrigkeit unterhalb von 4,52 Euro und in der Steine-Erden-Industrie in Thüringen unterhalb von 4,93 Euro (weitere Beispiele in zwei Tabellen; Link zur PM mit Tabellen am Fuß dieses Textes)
"Eine solche Grenze wäre absolut unzureichend", sagt Dr. Reinhard Bispinck, Leiter des WSI-Tarifarchivs. "Zur Bekämpfung von sittenwidrigen Löhnen und zur Begrenzung des Niedriglohnsektors insgesamt ist ein verbindlicher Mindestlohn erforderlich, der bei Vollzeiterwerbstätigkeit eine eigenständige Existenzsicherung ermöglicht", so der Tarifexperte. Das sei mit Löhnen von zwei bis fünf Euro nicht möglich. Ein Blick auf die westeuropäischen Nachbarländer zeige, dass dort die gesetzlichen Mindestlöhne zurzeit zwischen acht und neun Euro pro Stunde liegen.
http://www.boeckler.de/pdf/pm_ta_2007_03_26_2_tabelle.pdf - PM mit Ansprechpartnern und Tabellen
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Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
transregional, national
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