idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
04/04/2007 10:03

Europäische Hausrinder stammen allesamt aus dem Nahen Osten - Keine Domestizierung von Auerochsen in Europa

Petra Giegerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Hohe Intensität der Viehzucht in der frühen Jungsteinzeit - Multiautorenstudie mit Mainzer Beteiligung in Proceedings of the Royal Society veröffentlicht

    (Mainz, 4. April 2007, lei) Alle Rinderrassen, die heute in Europa verbreitet sind, stammen ursprünglich aus dem Nahen Osten. Wie Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität mitteilen, gibt es tatsächlich keine Anzeichen dafür, dass der vor etwa 400 Jahren ausgestorbene Auerochse in Europa domestiziert wurde. "Die Vorfahren unserer heutigen Hausrinder kamen vermutlich mit Viehzügen über Anatolien nach Europa", sagt Prof. Dr. Joachim Burger vom Institut für Anthropologie. Die Untersuchungen zur Abstammung der europäischen Rinder anhand alter Erbsubstanz wurden von dem Wissenschaftsjournal Proceedings of the Royal Society veröffentlicht.

    Schon lange spekuliert man darüber, wo der Ursprung der europäischen Haustiere zu lokalisieren ist. Bei Ziege und Schaf ist bekannt, dass sie aus dem Nahen Osten stammen, denn es gibt in Europa keine entsprechenden Wildtiere, die hätten domestiziert werden können. Das Hausrind allerdings besitzt in Europa einen wilden Vorfahren, den Auerochsen - auch Ur genannt - der erst im 17. Jahrhundert ausgestorben ist. Eine Multiautorenstudie, angeführt von Forschern aus Dublin und Mainz, weißt nun nach, wie es sich tatsächlich zugetragen hat. Gemeinsam mit über 40 weiteren, international renommierten Kollegen legen Ceiridwen Edwards, Dan Bradley (beide Dublin), Ruth Bollongino und Joachim Burger (beide Mainz) die molekulargenetische Analyse von DNA aus Skeletten des ausgestorbenen Auerochsen vor und vergleichen sie mit den Gendaten prähistorischer Hausrinder. Dadurch können sie die Geschichte der Rinder seit dem Ende der Eiszeit recht genau nachvollziehen.

    Der Auerochse gehörte bis zu seiner Ausrottung zu den größten Landtieren Europas. Er war fast so groß wie ein Elefant und diente dem Menschen fast ausschließlich als Fleischlieferant. Höhlenmalereien wie in Lascaux zeigen die frühe Verbreitung des Wildrindes in Europa. Gemäß der Studie, die in dem britischen Wissenschaftsjournal Proceedings of the Royal Society veröffentlicht wurde, verringerte sich die Anzahl der europäischen Auerochsen aufgrund der Vergletscherung Europas vor circa 16.000 Jahren. Danach stieg ihre Zahl wieder an. Vor etwa 11.000 Jahren war der Auerochse fast in ganz Europa heimisch, ausgenommen der Norden Skandinaviens, nördliche Teile Russlands und Irland. Dann erreichte vor rund 8.500 Jahren mit dem Überschreiten des Bosporus eine völlig andere Rinderrasse den europäischen Kontinent. Diese Vorfahren unserer heutigen Rinder unterschieden sich genetisch sehr deutlich vom europäischen Wildrind, das sie im Verlauf der folgenden Jahrtausende völlig verdrängen sollten.

    "Alleine können diese Vieherden nicht nach Europa gekommen sein, es muss von Menschen organisierte Viehzüge gegeben haben", schließt der Mainzer Juniorprofessor Joachim Burger, Seniorautor der Studie. Binnen weniger Menschengenerationen war die neue Rinderrasse über ganz Mittel- und Osteuropa verbreitet und fand sich in fast jedem Bauernhof der ersten sesshaften Europäer. Erstaunlicherweise konnte die Studie der Palaeogenetiker keine Kreuzungen zwischen heimischen wilden Auerochsen und eingeführten domestizierten Rindern feststellen. "Die damaligen Bauern müssen die neuen Tiere getrennt von ihren wilden Artgenossen in Gehegen gehalten haben. Die Intensität der Viehzucht im frühen Neolithikum war folglich wesentlich höher als bisher gedacht", erklärt Ruth Bollongino.

    Doch woher kamen die domestizierten Rinder? Bislang konnte aufgrund der schlechten Erhaltungsbedingungen keine alte DNA aus Skeletten im Nahen Osten gewonnen werden. Nach jahrelangen intensiven Versuchen gelang es den beiden Teams aus Dublin und Mainz nun doch. Ceiridwen Edwards aus Irland erläutert dazu: "Unsere Studie konnte zum ersten Mal den Ursprung der europäischen Hausrinder in Syrien und Anatolien genetisch lokalisieren." Gleich ob es sich um Schwarzbunte, Fleckvieh oder schottisches Hochlandrind handelt: alle Rinder kamen aus dem Nahen Osten nach Europa.

    Kontakt und Informationen:
    Prof. Dr. Joachim Burger
    Institut für Anthropologie
    AG Palaeogenetik
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Tel. +49 (0) 6131 39 24489
    Fax +49 (0) 6131 39 25132
    E-Mail: jburger@uni-mainz.de


    More information:

    http://www.uni-mainz.de/FB/Biologie/Anthropologie/MolA/Deutsch/Home/Home.html


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Geosciences, History / archaeology, Information technology, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).