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04/04/2007 17:45

Seetang Laminaria ist Alge des Jahres 2007

Dipl.-Ing. Margarete Pauls Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Pressemitteilung der Deutschen Botanischen Gesellschaft (DBG) e. V.

    Algenforscher der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft rufen den Seetang der Gattung Laminaria zur Alge des Jahres aus: Laminaria-Seetang wird mehrere Meter groß und bildet mit anderen Großalgen den "Regenwald des Meeres". Er enthält Alginsäure, die als Stabilisator in vielen Lebensmitteln und Kosmetika verwendet wird. Im Gegensatz zu anderen Pflanzen wächst Seetang vorwiegend in der dunklen Jahreszeit. Algen verbrauchen das Treibhausgas Kohlendioxid und sind die wichtigsten Sauerstoff-Produzenten der Erde.

    Palmen-, Zucker- und Fingertang wachsen in Wäldern in Nord- und Ostsee

    Seetange der Gattung Laminaria wachsen in ausgedehnten Unterwasserwäldern in den kühlen Meeren der Nordhalbkugel. In Nord- und Ostsee krallen sich beispielsweise der Palmentang (Laminaria hyperbo­rea), der Zuckertang (Laminaria saccharina neuer Name: Saccharina latissim) und der Fingertang (Laminaria digitata) auf felsigem Meeresgrund fest und streben dem Licht entgegen. Landpflanzen ähnlich haben die mehrzelligen Braunalgen eine wurzelähnliche Haftkralle (Rhizoid), einen stammähnlichen Stiel (Cauloid) und einen blattähnlichen Wedel (Phylloid).

    Regenwald des Meeres

    Gemeinsam mit anderen Großalgen bilden Laminarien ein einzigartiges Ökosystem, das auch als "Regenwald der Meere" bezeichnet wird. Die Wälder sind der Lebensraum und die Kinderstube vieler Meerestiere, wie Krebse und Fische. Seeigel, Schnecken und Meerasseln ernähren sich vom Seetang. Abgeworfene Algenteile werden von Mikroben zersetzt und dienen als Futter für Tiere, die Schwebteilchen aus dem Wasser filtrieren. Die Unterwasserwälder reichen auf Helgoland bis in 10 m, im Mittelmeer bis zu 120 m Wassertiefe hinab. Vor Norwegen dehnen sie sich mehrere tausend Quadratkilometer aus, ein Mehrfaches der Fläche des Saarlands.

    Bedrohte Bestände

    In den vergangenen Jahren gab es wiederholt alarmierende Hinweise über einen drastischen Rückgang der Laminarien-Bestände, der möglicherweise mit der Erwärmung der Ozeane zusammenhängt - denn Seetang gedeiht nur in kühlen Meeren.

    Viel verwendeter Naturstoff Alginsäure

    In den Zellwänden des Seetangs formen Alginsäure lange Ketten, die gelieren können. Aus Alginat, dem Salz der Alginsäure, lassen sich chemisch sehr einfach Gele von genau vorher bestimmbarer Viskosität herstellen. Daher wird der Naturstoff Alginsäure als Stabilisator in der Nahrungsmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie eingesetzt: Instant-Pudding, Tomatenketchup und Joghurt erhalten ihre Stabilität durch Alginsäure ebenso wie Eiscreme und Sahnetorten aus der Konditorei. Alginsäure ersetzt immer häufiger die aus Rindern gewonnene Gelatine, welche als BSE-Überträger in Verdacht geriet. Da Alginsäure vom menschlichen Körper nicht verwertet werden, sind sie vielen Diät- und Schlankheitsmenüs zugesetzt. Auch die Biotechnologie verwendet immer häufiger Alginsäure beispielsweise zum Trennen von Substanzen. Alginsäure stabilisiert und emulgiert die Cremes, Lotionen, Zahnpasta, Salben, Massage-Gels und Shampoos der kosmetischen und pharmazeutischen Industrie. Aufgrund der blutstillenden Wirkung wird Kalzium-Alginat häufig als Wundverschluss verwendet. Auch Abdrücke in Zahnprothesen werden mit Alginsäure hergestellt.

    Seetang-Ernte

    Um den stetig wachsenden Bedarf an Alginsäure zu decken, schneiden spezielle Trawler allein in Frankreich jährlich 75.000 Tonnen Laminarien aus den natürlichen, nachwachsenden Beständen. Hinzu kommen noch einige Tonnen aus Seetang-Kulturen im Meer. Aufgrund der zunehmenden Nutzung unserer Küsten- und Meeresregionen und der damit einhergehenden Zerstörung von Lebensräumen, werden derzeit landgestützte Produktionsstellen entwickelt.

    Ungewöhnliches Wachstum

    Während im offenen Wasser einzellige, schwebefähige, mikroskopisch kleine Algen (Phytoplankton-Arten) vorkommen, gedeihen die bis zu 50 m langen Großalgen (Tange) an Felsküsten. Die drei genannten Laminaria-Arten wachsen hauptsächlich im Spätwinter und Frühjahr, also zu einer Zeit, wenn nur wenig Licht bis zu ihnen vordringt. Deutlich ist dies beim Palmentang, der jedes Jahr ein neues Blatt bildet: Das junge Blatt schiebt das vorjährige Blatt langsam nach oben. Die notwendigen Bausteine werden in besonderen Stofftransportbahnen, den so genannten Trompetenzellen, zur Wachstumszone zwischen Stiel und Blatt transportiert. Die Bausteine entstammen den Blättern des Vorjahres. Am Ende des Winters zu wachsen ist offenbar sinnvoll, weil das junge Blatt genau dann fertig ist, wenn die Frühjahrssonne intensiver scheint: Es kann sogleich beginnen, Energie zu gewinnen.

    Warum eine Alge des Jahres?

    Die Algenforscher der Sektion Phykologie wählten heuer erstmals eine Alge des Jahres, weil sie die Öffentlichkeit für diese bedeutende Pflanzengruppe gewinnen möchte: Algen sind die wichtigsten Produzenten des Sauerstoffs unserer Erde. Für diesen Prozess verbrauchen sie das Treibhausgas Kohlendioxid. Allein die Gruppe der Kieselalgen (Diatomeen) ist für 25 % der weltweiten, d.h. terrestrischen und aquatischen Primärproduktion verantwortlich. Kieselalgen stellen somit jedes vierte Sauerstoffmolekül unserer Atmosphäre her. Das ist nicht verwunderlich, schließlich sind zwei Drittel der Erdoberfläche von Ozeanen und Seen bedeckt, deren Licht durchflutete Zonen von Algen bewohnt werden. Darüber hinaus sind die Algen von großer stammesgeschichtlicher Bedeutung, denn die Wiege aller Landpflanzen und Tiere stand im Meer!

    Bilder und Hinweise für Redaktionen finden Sie auf der Homepage der Botanischen Gesellschaft unter:
    http://www.dbg-phykologie.de/pages/22PressemitteilungAlgeJahr2007.html


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    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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