Angesichts der Erklärung des Nationalen Ethikrats zur Organspende, in der die Spezialisten eine Neuregelung der Organspende nach dem Vorbild des europäischen Auslands empfehlen, mahnt Prof. Dr. Richard Viebahn, Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer und Leiter des Transplantationsprogramms, zur Besonnenheit. "Inhaltlich repräsentiert dieser Vorschlag eine Wunschvorstellung, die von vielen Transplantationsmedizinern in den letzten Jahren angesichts des eklatanten Organmangels ausgesprochen wurde. Die Einführung einer Widerspruchslösung könnte jedoch einhergehen mit anderen Gesetzesänderungen und die Situation für die Patienten auf den Wartelisten somit eher verschlechtern, zumindest aber nicht verbessern", so der Experte, der Mitglied der Ethikkommission der Stiftung Eurotransplant Leiden, Niederlande, ist. Er sieht die beste Möglichkeit zur Behebung des Organmangels in konsequenter Umsetzung des bestehenden Gesetzes.
Bochum, 27.04.2007
Nr. 150
Organspende: Gesetzesänderung birgt Risiken
Prof. Viebahn zur Erklärung des Nationalen Ethikrats
Keine neue Endlosdiskussion riskieren
Angesichts der Erklärung des Nationalen Ethikrats zur Organspende, in der die Spezialisten eine Neuregelung der Organspende nach dem Vorbild des europäischen Auslands empfehlen, mahnt Prof. Dr. Richard Viebahn, Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik am Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer und Leiter des Transplantationsprogramms, zur Besonnenheit. "Inhaltlich repräsentiert dieser Vorschlag eine Wunschvorstellung, die von vielen Transplantationsmedizinern in den letzten Jahren angesichts des eklatanten Organmangels ausgesprochen wurde. Die Einführung einer Widerspruchslösung könnte jedoch einhergehen mit anderen Gesetzesänderungen und die Situation für die Patienten auf den Wartelisten somit eher verschlechtern, zumindest aber nicht verbessern", so der Experte, der Mitglied der Ethikkommission der Stiftung Eurotransplant Leiden, Niederlande, ist. Er sieht die beste Möglichkeit zur Behebung des Organmangels in konsequenter Umsetzung des bestehenden Gesetzes.
Gesetzesänderung hat nicht nur Vorteile
Der Vorschlag des Nationalen Ethikrates entspricht weitgehend der in anderen mitteleuropäischen Ländern praktizierten Widerspruchsregelung: Wer nicht ausdrücklich der Organspende widerspricht, wird automatisch als Spender angesehen. Die Rolle der Angehörigen ist jedoch gleichwertig wie bei der derzeitigen Gesetzeslage. "Aus Sicht des Transplantationsmediziners, der sich als Anwalt der ca. 500 Patienten auf den Wartelisten des eigenen Transplantationszentrums versteht, ist die Einführung einer Widerspruchslösung einerseits begrüßenswert", so Prof. Viebahn, "andererseits kann jedoch durch die Vertiefung der sich abzeichnenden unterschiedlichen weltanschaulichen Auffassungen eine Verschlechterung der Situation eintreten." Der Transplantationsmediziner befürchtet bei einer neuerlichen Eröffnung der Debatte um die Gesetzeslage das Wiederaufflammen der Diskussion, die bereits vor zehn Jahren geführt wurde. "Längst vergessen geglaubte Bedenken werden wieder auftauchen und uns wieder ganz an den Anfang zurückversetzen."
Bestehende Gesetze konsequent umsetzen
Statt dessen plädiert Viebahn dafür, das Beste aus der derzeitigen Gesetzeslage zu machen: Wichtig sei es vor allem, die Verpflichtung der Intensivstationen zur Meldung hirntoter Patienten auch durchzusetzen und zu überprüfen. Heute ist die Meldung zwar Pflicht, wird aber nicht überprüft, so dass im Zweifel einfach niemand an die Möglichkeit einer Organspende denkt. In Deutschland werden pro Million Einwohner jährlich nur 13 Organspenden durchgeführt, in Spanien zum Beispiel über 30. Die durchschnittliche Wartezeit auf eine Niere liegt hierzulande bei fünf Jahren, Tendenz steigend.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Richard Viebahn, Chirurgische Universitätsklinik der Ruhr-Universität im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, In der Schornau 23-25, 44892 Bochum, Tel.: 0234/299-3201, Fax: 0234/299-3209, E-Mail: richard.viebahn@kk-bochum.de
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Science policy
German
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