Klimazeugen in erloschenen Vulkanen
GFZ Potsdam- Das Erdklima folgt zyklischen Bewegungen mit unterschiedlicher Dauer.
Die genaue Kenntnis der natuerlichen Klimaschwankungen ist die Basis fuer die Abschaetzung des von Menschen verursachten Anteils an Klimaaenderungen. Bei genauer Betrachtung lassen sich Periodizitaeten erkennen, denen terrestrische oder solare Ursachen zugrunde liegen. Es lassen sich drei Ursachenkomplexe unterscheiden. Erstens wird das Systen Erdklima wesentlich durch Spurengase gesteuert. Hinzu kommen Massenumlagerungen im Erdinnern, in der Hydrosphaere und der Atmosphaere, die zu Schwankungen der Erdrotationsdauer und damit zu klimarelevanten Tageslaengenvariationen fuehren. Zweitens beschreibt die Erde auf einer schiefen Ebene eine exzentrische Bahn um die Sonne mit zusaetzlicher Schwankung der Erdachse. Dadurch ergeben sich weitere Periodizitaeten, die sog. Milankovich-Zyklen, deren Einfluss auf das Erdklima fuer die letzten 2,5 Millionen Jahre sicher nachgewiesen ist. Drittens strahlt unser Fixstern, die Sonne, nicht gleichmaessig. Die Sonnenstrahlung unterliegt zeitlichen Variationen wie etwa den Sonnenfleckenzyklen. Alle diese Rhythmen ueberlagern sich und muessen erst einzeln herausgefiltert werden. Ihre Untersuchung in weit zurueckreichenden Messreihen soll zur Erfassung auch kuerzerer Klimarhythmen fuehren. Natuerlichen Klimaarchive sind z.B. Baumringe, Ablagerungen im Eis und in den Ozeanen. Die Klimaarchive mit der hoechsten zeitlichen Aufloesung finden sich auf den Kontinenten. So haben sich die Seen in erloschenen Vulkanen als ideale Speicher von jahreszeitlichen Ablagerungen herausgestellt. Sedimentschichten mit jahreszeitlicher Struktur nennt man "Warven". Die Dicke jeder Warvenschicht laesst Rueckschluesse auf das bei ihrer Entstehung herrschende Klima zu. In den Ablagerungen finden sich zugleich auch die Schwankungen des Erdmagnetfeldes in der Vergangenheit wieder.
Warven: die Jahreszeiten in den Sedimenten
Die rhythmischen Schwankungen der Sonnenstrahlung selbst, wie sie sich z.B. in den Sonnenfleckenzyklen aeussern, sind noch nicht vollstaendig untersucht. Am GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) werden Warven-Zeitreihen mit dem Ziel analysiert, Schwankungen im Erdklimasystem mit Perioden von einem Jahr bis 10.000 Jahren wiederzufinden, darunter auch die Sonnenfleckenzyklen. Dazu wurden Bohrkerne aus den Kraterseen erloschener Vulkane (Maare) gestochen. Da diese Seen keine Zu- und Abfluesse haben, konnte hier die Sedimentation ungestoert ablaufen. Von der Arbeitsgruppe um Prof. Joerg Negendank wurden Bohrkerne aus Frankreich, Italien, Spanien und der Eifel sowie aus dem Toten Meer bearbeitet, um verschiedene Klimate zu erfassen. Voraussetzung zum Nachweis von periodischen Rhythmen in den Sedimenten ist, dass tatsaechlich jede Schicht die Ablagerung genau eines Jahres widerspiegelt. Der Aufbau der einzelnen Warvenlagen zeigt tatsaechlich verschiedene, fuer die unterschiedlichen Jahreszeiten charakteristische Bestandteile, z.B. UEberreste von verschiedenen Algentypen im Fruehjahr und Sommer, oder Algen- und Pflanzenreste (Blaetter) im Herbst. Die Dicke jeder Lage wird bei den organischen Warven unter anderem von der Intensitaet der Algenbluete und damit der Anzahl der Algenreste im Sediment bestimmt, waehrend die Warvendicke bei den kaltzeitlichen Ablagerungen ueberwiegend von der Schneeschmelze bestimmt wird. Schon rein visuell sind die zyklischen Schwankungen dieser Dickenvariationen von 0,5 bis 1,5 mm/Jahr erkennbar. Aufgrund der UEberlagerung mehrerer Zyklen werden spezielle mathematische Verfahren (Spektralanalyse) angewandt, um die einzelnen Periodizitaeten herauszufiltern.
Solare Rhythmen des Klimas im Vulkansee
Die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass die Abfolge der Sedimentlagen Rhythmen aufweist, die den solaren Zyklen entsprechen. So wurde beispielsweise in den Schwankungen der Dicke von Jahreslagen aus Sedimenten des Holzmaars (Eifel) neben den Sonnenfleckenzyklen vor allem auch der 88-jaehrige Gleissberg-Zyklus nachgewiesen, der in den organischen Ablagerungen unserer jetzigen Warmzeit wie auch in Kaltzeiten (ca. 19.000 Jahre vor heute) festgestellt wurde. Zusaetzlich ist ein etwa 208- bis 230- jaehriger Zyklus erkennbar, ueber den bisher noch wenig bekannt ist. Mit den festgestellten Zyklen vergleichbare Periodizitaeten treten auch in Schwankungen des radioaktiven Kohlenstoffatoms 14C in der Atmosphaere waehrend der letzten 10.000 Jahre auf, wie man aus Untersuchungen von Baumringen weiss. Diese 14C-Variationen werden in engen Zusammenhang mit der solaren Partikelstrahlung (Sonnenwind) gesehen. Es sind also vermutlich solare Zyklen, die in Seesedimenten, aber auch anderen Klimaarchiven gespeichert sind. Daraus laesst sich folgern, dass die Variation der Solarstrahlung zumindest ein Faktor natuerlicher Klimaschwankungen ist. Dies wird auch von neuen Klimaforschungen in den USA bestaetigt. Weiterfuehrende Arbeiten sollen noch laengere Datenreihen von Warvendicken auch aus anderen Regionen auswerten. Damit sollen Informationen auch ueber laengere Solarzyklen (> 200 Jahre) gewonnen werden, sowie die bisherigen Ergebnisse abgesichert und die globale Wirksamkeit der Periodizitaeten nachgewiesen werden. Weit zurueckreichende Informationen ueber solare Strahlungsvariationen koennen nur aus geologischen und biologischen Klimaarchiven gewonnen werden, wobei sich die kontinentalen Klimaarchive als die exaktesten herausgestellt haben. Kenntnisse ueber die natuerlichen Klimafluktuationen sind unerlaesslich, um den menschlichen Einfluss auf die ablaufenden Klimaaenderungen abschaetzen zu koennen.
Nachdruck, auch auszugsweise, frei.
Belegexemplar erbeten an: GeoForschungsZentrum, Oeffentlichkeitsarbeit, Telegrafenberg A17, D- 14473 Potsdam, Telefon 0331 - 288 - 1040, Fax: 0331 - 288 - 1044
Ansprechpartner: Franz J. Ossing
Criteria of this press release:
Geosciences
transregional, national
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