Erste umfassende Publikation zu Friedrich Justin Bertuch erschienen
Jena (26.05.00) "Wer nicht auf die großen Autoren fixiert ist und sich in der Breite mit der Kultur Weimars beschäftigen will, der kommt an Bertuch und damit an unserem Buch nicht vorbei", konstatiert der Jenaer Germanist Prof. Dr. Gerhard R. Kaiser. Gemeinsam mit Dr. Siegfried Seifert von der Stiftung Weimarer Klassik hat er den ersten umfassenden Sammelband zu "Friedrich Justin Bertuch (1747-1822) - Schriftsteller, Verleger und Unternehmer im klassischen Weimar" herausgegeben, der gerade im Max Niemeyer Verlag, Tübingen, erschienen ist.
Damit präsentierten Seifert und Kaiser die erste voluminöse Publikation, die aus dem Sonderforschungsbereich "Ereignis Weimar-Jena. Kultur um 1800" der Friedrich-Schiller-Universität Jena erwachsen ist. Die Herausgeber konnten "mit erheblichem organisatorischen Aufwand" die Bertuch-Spezialisten aus aller Welt, darunter zahlreiche Wissenschaftler aus Jena und Weimar, versammeln. Ihnen ist es gelungen, über die Verlegerpersönlichkeit allgemeingültige Einblicke in die Kulturgeschichte Weimars zu vermitteln. Durch das vielfältige, mit Bertuch verwobene Themenspektrum des 719 Seiten starken Buches wird eine Kultur deutlich, die auf ganz Europa gewirkt hat.
Eine der prägenden Figuren ist das Multitalent Bertuch, der sich durch disziplinierte Arbeit vom Waisenkind zum - mit dem Hof - größten Arbeitgeber der Stadt entwickelte. Er war Hofmeister, Übersetzer, Autor, Schatullier und Geheimsekretär des Herzogs, Verleger, Industrieller und Politiker. Seine finanzielle Größe machte aus Bertuch allerdings eine ungeliebte Person, die von den Weimarer Geistesgrößen oft verschwiegen wurde. "Dass jemand mit Literatur Geld machte, das hat die Autoren berührt", erläutert Prof. Kaiser. Diese "Empfindlichkeiten" führten dazu, dass sich etwa Goethe, Schiller, Wieland und Herder nach ersten engen Kontakten immer stärker von dem Geschäftsmann zurückzogen.
Aber vielleicht waren es auch Bertuchs moderne Gedanken, die manchen störten. Der Publizist und Verleger wendet sich in seinen Journalen gegen den anti-westlichen Zeitgeist. Die Zeitung "London und Paris" ist eindeutig pro-englisch angelegt, gewinnt aber selbst dem kritisch gesehenen Frankreich in der Zeit von Bonapartes Aufstieg positive Züge ab; sie "stellt zwei Wege in die Moderne als alternative Optionen dar", wie der Jenaer Germanist analysiert hat. Zudem vertrat Bertuch ein spätaufklärerisches Konzept, das auf Praxisnähe und Öffentlichkeit drängt. Mit diesem anti-elitären Ansatz, der durch seine Zeitungen in ganz Europa verbreitet wurde, setzte er sich vom höfisch-elitären Pathos des Hofes und seines Umfeldes ab.
Der neue Band beweist, dass zur Kulturgeschichte Weimars mehr als Hof, Generalität und literarisch-philosophische Elite gehörten. Der konzeptionelle Denker und strategisch handelnde Verleger hat die Kultur seiner Zeit erheblich beeinflusst. "Wir glauben", fasst Prof. Kaiser zusammen, "dass Bertuch einer der praktikabelsten Zugänge zu allem ist, was mit Weimars Kulturgeschichte zu tun hat".
Hinweis für die Medien:
Am 29. Mai, 16.00 Uhr wird der Band "Friedrich Justin Bertuch (1747-1822). Schriftsteller, Verleger und Unternehmer im Klassischen Weimar" im Stadtmuseum Weimar (Bertuchhaus) der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu dieser Präsentation sind Sie herzlich eingeladen.
Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Axel Burchardt M. A.
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931041
Fax: 03641/931042
E-Mail: hab@sokrates.verwaltung.uni-jena.de
Criteria of this press release:
Art / design, History / archaeology, Language / literature, Music / theatre, Social studies
transregional, national
Scientific Publications
German
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