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Hannover, 23. Mai 2000
gk/mb/36/00
Mit GEO 600 dem Echo des Urknalls auf der Spur
Forschungsvorhaben der Universität Hannover ist weltweites EXPO-Projekt
Albert Einstein war immer im Zweifel, ob sie ein numerisches Artefakt seiner Relativitätstheorie waren oder wirklich existierten. Gehört hat sie bis heute niemand, doch Physiker sind inzwischen von ihrer Existenz überzeugt: Die Rede ist von Gravitationswellen, die entstehen sollen, wenn ir-gendwo im All Sternmassen kollidieren. Forscher der Universität Hannover sind diesen Wellen auf der Spur. GEO 600 heißt das ambitionierte Forschungsvorhaben. Es ist als weltweites EXPO-Projekt registriert. "Mit unseren Laser-Ohren lauschen wir dem Echo des Urknalls", beschreibt Professor Dr. Karsten Danzmann sein ehrgeiziges internationales Forschungsvorhaben. "Recht-zeitig zur EXPO nehmen wir den Probebetrieb auf." Besucher der Weltausstellung können den "Lauscherangriff" hautnah erleben. Die Messanlagen sind ganz in der Nähe des EXPO-Geländes. Danzmann: "Wir möchten den EXPO-Gästen eine unmittelbare Vorstellung von den Naturgesetzen geben und ihnen die Ordnung dieser Welt näher bringen."
Ob Urknalltheorie oder Schwarze Löcher - die Messung der Gravitationswellen kann viele Ge-heimnisse des Weltalls lüften. Mit Hilfe eines zwei Mal 600 Meter langen Detektors "GEO 600" wollen Danzmann und sein Team die Schwerkraftwellen auffangen. "Wenn es uns gelingt, Gravita-tionswellen zu messen, haben wir gute Chancen, zu verstehen, wie unsere Welt entstanden ist", erklärt Professor Danzmann. "Da die Frequenz dieser Wellen der des Schalls gleichen, könnten wir das Universum buchstäblich hören, wenn unsere Ohren empfindlich genug wären."
Das bisher ungelöste Problem, um die Effekte von Gravitationswellen zu messen: Es fehlte an der notwendigen Präzision der Messtechnik. Es war unvorstellbar, so feine Apparaturen zu bauen. "Diese Herausforderung hat zu Technologiesprüngen auf den Gebieten der Optik, Lasertechnik, Elektrotechnik, Datenverarbeitung, Vibrationsisolierung und Vakuumtechnik geführt", erläutert Professor Danzmann den erfreulichen Nebeneffekt seines Pioniervorhabens in der Grundlagenfor-schung. Die Lasertechnologie hat dabei den entscheidenden Durchbruch gebracht: Mit Laser-strahlen wollen die Wissenschaftler den Wellen im All nachspüren.
Der sichere Nachweis und die vollständige Erfassung der Gravitationswellen erfordert den Einsatz mehrerer Detektoren. Weltweit gibt es vier solcher Messanlagen: LIGO (USA), VIRGO (Italien), TAMA 300 (Japan) und GEO 600 in Hannover. Die Messstrecken reichen von 300 Metern bis zu vier Kilometern. Die Anlagen bilden ein erdumspannendes Detektoren-Netzwerk. "Das Zeitalter der Gravitationswellenastronomie kann beginnen", freut sich Danzmann auf die neuen Einblicke ins Weltall. Und: Ein Ende dieses Zeitalters ist noch nicht abzusehen. Um Signale im Millihertzbereich, wie superschwere Schwarze Löcher sie aussenden, aufnehmen zu können, ist in Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA für das Jahr 2009 LISA, ein neuer Detektor im Welt-raum, geplant. LISA (Laser Interferometer Space Antenna) soll aus drei Satelliten bestehen. "Damit können wir eine Messanlage von fünf Millionen Kilometer Länge realisieren", erläutert Danzmann. Kombiniert mit den vier Antennen auf der Erde sollen so auch die letzten Geheimnisse des Welt-alls gelüftet werden.
Was sind Gravitationswellen?
Gravitationswellen entstehen nach Einstein, wenn große Massen bescheunigt werden, wie bei ei-ner Kollision zweier Sternmassen. Die Wellen breiten sich aus und verformen kurzzeitig den Welt-raum mit all seinen Himmelskörpern in etwa so, wie ein Stein die Wasseroberfläche wellt, wenn er in einen Teich geworfen wird. Mit Lichtgeschwindigkeit sollen sich die Schwerkraftwellen ausbrei-ten. Da sie nahezu ungehemmt alle Materie durchdringen, also auch unsere Erde, sind die ersten Wellen, die aus dem Urknall hervorgegangen sind, noch vorhanden.
So funktioniert GEO 600:
Ein Laserstrahl wird in zwei Teilstrahlen aufgespalten. Sie werden durch zwei 600 Meter lange luftleere Rohre geschickt, die unter der Erdoberfläche sind. Durch die unterirdische Lage und spe-zielle Aufhängungen sind die Vakuumrohre vor Vibrationen geschützt. Die Laserstrahlen werden im rechten Winkel zueinander über eine möglichst lange Strecke durch das All geschickt und am Ende wieder zusammengeführt. Wird einer der beiden Strahlen unterwegs durch eine Gravitati-onswelle gestaucht oder gestreckt, treffen beide Enden nicht mehr punktgenau zusammen. Die Schwerkraftwellen würden damit ein sichtbares Signal setzen.
Kenndaten zu GEO 600:
Projektträger : Universität Hannover und Max-Planck-Institut für
Quantenoptik (Garching)
Weiterhin beteiligt sind: Laser Zentrum Hannover
Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Potsdam)
Universität Glasgow
Universität Cardiff
Projektvolumen: 10 Millionen Mark
Finanzierung: Die Hälfte mit 5 Millionen Mark trägt das Land Niedersachsen, die andere Hälfte von 5 Millionen Mark teilen sich die Particle Physics and Astronomy Research Council, das Bundesministerium für Forschung, Bildung und Wissenschaft und die Max-Planck-Gesellschaft
Hinweis an die Redaktionen:
Professor Dr. Karsten Danzmann, Institut für Atom - und Molekülphysik der Universität Hannover, Callinstra-ße 38, 30167 Hannover, Telefon: 0511/762-2229, Fax: 0511/762-2784 oder per E-Mail: kvd@mpq.mpg.de steht für Rückfragen jederzeit gern zur Verfügung.
Criteria of this press release:
Electrical engineering, Energy, Geosciences, Mathematics, Mechanical engineering, Physics / astronomy
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects
German
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