idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/29/2000 00:00

Der Handel im Wandel

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Institut Arbeit und Technik untersucht Chancen zur Innovation für den Einzelhandel.
    Mehr Service statt Kostenminimierung - Personalentwicklung für neue Verkaufskonzepte

    Die Händler müssen das Verkaufen neu lernen, wenn sie die derzeitige Strukturkrise bewältigen und mit innovativen Verkaufskonzepten neue Geschäftsfelder für den Handel erschließen wollen. Seit Jahren stagnieren oder schrumpfen die Umsätze, der Anteil des klassischen Einzelhandels am gesamten "Kuchen" des privaten Verbrauchs wird immer kleiner: ließen die Deutschen noch 1978 von 100 DM im Schnitt 46 DM in Supermärkten und Kaufhäusern, sind es heute nur noch 40 DM. Die schlechte Geschäftsentwicklung hat Auswirkungen auf die Beschäftigung. Seit 1992 entwickeln sich die Beschäftigtenzahlen rückläufig, fast die Hälfte aller im Einzelhandel Beschäftigten hat inzwischen nur einen Teilzeit-Arbeitsvertrag (47,6 Prozent).

    "Einen Ausweg aus diesen Problemen wird man mit technischer Rationalisierung, Kostenminimierung und Konzentration nicht finden. Aussichtsreicher sind Innovationen, die das Wertschöpfungspotenzial des Handels steigern, indem seine Dienstleistungsanteile ausgeweitet, anstatt minimiert werden". Das zeigen Untersuchungen der Abteilung Dienstleistungssysteme am Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), deren Ergebnisse u.a. in ein Gutachten für die Enquete-Kommission "Zukunft der Erwerbsarbeit" des NRW-Landtags und das Memorandum "Eine Zukunft für den Handel" des RKW - Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft - eingingen.

    Schätzungen gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren die Hälfte der vorhandenen Arbeitsplätze im Handel durch automatisierte Kassen, elektronische Zahlungsmöglichkeiten und Internet-Einkäufe ersetzt werden kann. Aber nicht nur technische Rationalisierungen, auch das widersprüchliche Käuferverhalten wird die Zukunft des Handels beeinflussen: Viele Verbraucher kaufen immer preisbewusster, wenn es um die Versorgung mit Alltagsgütern geht, zahlen aber gerne einen insgesamt höheren Preis, wenn ein "emotionaler Zusatznutzen" geboten wird.

    Mit dem Megatrend zur Polarisierung des Verbraucherverhaltens zwischen Discount und Individualisierung werden aber auch neue Marktnischen erschlossen, denn den "Otto Normalverbraucher" gibt es schon lange nicht mehr. Gewünscht wird etwa "Convenience", der möglichst bequeme Einkauf von Gütern des täglichen Bedarfs, wie es zuerst beispielsweise von den Tankstellenshops vorgemacht wurde. "Grundprinzip vieler neuer Strategien ist es, den Service im Handel zu verbessern, der in der "Dienstleistungswüste Deutschland" immer noch vielfach im argen liegt und zuletzt auch noch durch Rationalisierungen und Personalabbau weiter verschlechtert wurde", so die IAT-Wissenschaftler Dr. Lothar Beyer, Dr. Josef Hilbert und Dr. Brigitte Micheel in ihrem Forschungsbericht.

    Eine weitere Perspektive bietet der "Erlebniseinkauf". Verkauft wird "Lebensstil", perfekt inszeniert von den städtischen Warenhäusern bis hin zu den großen Einkaufszentren. Da der Handel in seiner reinen Vermittlerfunktion zunehmend bedroht ist, gilt es, zusätzlichen Nutzen zu verkaufen. Das kann ein eher konventioneller Lieferdienst sein, womöglich aber auch ein Homeservice über die neue "Datenautobahn" Internet. Für die Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft kann der Handel zu einem wichtigen Motor werden: Über die Sortimentsgestaltung kann er nicht nur den Absatz ökologisch verträglicher Produkte - etwa reparaturfreundliche Gebrauchsgüter mit langer Lebensdauer - fördern. Durch den Verkauf von Erzeugnissen aus der Region ist er auch in der Lage, bei der Reduktion des Verkehrsaufkommens Verantwortung zu übernehmen. Über zusätzliche Dienstleistungen wie Rücknahme und Entsorgung, aber auch durch die gemeinsame Nutzung von Gütern im Sinne des Mietens, Teilens oder Leihens kann er auch hier zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Industrie und Kunden werden.

    "Diese Konzepte können allerdings nur umgesetzt werden, wenn Service und Beratungsqualität stimmen", so die IAT-Wissenschaftler. Der anhaltende Personalabbau als wesentliches Instrument der Kostenminimierung wird hier zum Problem. Neue Organisations- und Personalentwicklungskonzepte, Qualifizierung des Personals sind wichtig, um Innovation im Einzelhandel zu ermöglichen und dafür zu sorgen, dass die neuen Strategien beim Kunden ankommen. "Die Händler müssen das Verkaufen neu lernen - ständig und immer wieder neu. Ein nachhaltiges Umsteuern würde aber auch einen Bruch mit der bei Managern und Kunden gleichermaßen beliebten Maxime bedeuten, dass guter Service nichts (oder fast nichts) kosten darf. Auf dass sich die Servicewüsten wieder beleben!"

    Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

    Dr. Lothar Beyer
    Tel.: 0209/1707-119

    Dr. Josef Hilbert
    Tel.: 0209/1707-120

    Dr. Brigitte Micheel
    Tel.: 0209/1707-169

    Pressereferentin
    Claudia Braczko

    Tel.: 0209/1707-176


    Images

    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Research projects, Science policy
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).