idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/14/2007 10:00

"Genetischer Müll" als Ordnungshüter

Dr. Janine Drexler Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Gesellschaft

    Ein internationales Forscherteam fand heraus, dass die Teile des Erbguts, die bislang als "genetischer Müll" angesehen wurden, als Bauplan für Ribonukleinsäuren, RNA, dienen - ebenso wie die anderen Teile des Genoms. Diese "Müll-RNAs" sind keinesfalls unwichtig, sie scheinen an der Entstehung von Krankheiten wie Krebs oder Herzinfarkt beteiligt zu sein. Die Ergebnisse sind im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature erschienen.

    Die menschliche DNA besteht aus 3,3 Milliarden Basenbuchstaben - eine unvorstellbare Zahl. Nach der gängigen Lehrmeinung braucht der Mensch jedoch nur 1,5 Prozent davon: Als Blaupause setzen sich nach ihren Vorgaben zunächst RNA zusammen, die wiederum als Strickmuster für Proteine dienen, den Grundbausteinen der Zellen. Der Rest des Genoms - also 3,25 Milliarden Basenbuchstaben - galt bisher als genetischer Müll ohne nennenswerte Funktion.

    Nun müssen einige Kapitel der Lehrbücher umgeschrieben werden: Denn wie ein internationales Forscherteam herausfand, werden auch die als "genetischer Müll" oder als "nichtkodierende Gene" bezeichneten Abschnitte des Erbguts nahezu vollständig in RNA übersetzt. Und sie haben zudem eine Funktion: Die "Müll-RNAs" regulieren die Gene, nach deren Bauplan die Proteine zusammengesetzt werden. Geht hier etwas schief, produziert der Körper also beispielsweise zu viel oder zu wenig Proteine, gerät die Körperzelle aus dem Gleichgewicht - Krankheiten entstehen.

    "Unsere Ergebnisse eröffnen viele neue Möglichkeiten für die Krankheitsdiagnostik und werden künftig sicher auch für die Therapie interessant - etwa bei Krebs oder Herzinfarkten", sagt Dr. Jörg Hackermüller vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, das gemeinsam mit der Universität Leipzig am Projekt beteiligt ist - als einzige deutsche Partner in einem internationalen Forscherteam. Andere beteiligte Länder sind die USA, Kanada, Singapur, Spanien, und Großbritannien. "Bisher hat man sich bei der Suche nach krebsrelevanten Genen auf die kodierenden Bereiche beschränkt, also auf knapp zwei Prozent des Erbguts. Nun können wir die Gen-Diagnose auf das gesamte Genom ausweiten."

    Der Vorteil einer solchen Gen-Diagnose und -Krankheitsbehandlung: Genetische Defekte stehen ganz am Anfang einer Krankheit. Über sie könnten die Ärzte Erkrankungen künftig sehr früh diagnostizieren und behandeln - und würden so wertvolle Zeit gewinnen. Für einige Krankheiten ist der Zusammenhang mit den "Müll-RNAs" bereits geklärt: So ist etwa beim Prostatakrebs eine dieser RNAs falsch reguliert. "Beim Prostatakrebs ist man bereits heute so weit, dass man diese Methode prinzipiell zur Diagnose einsetzen kann", sagt Prof. Peter Stadler von der Universität Leipzig. "Insgesamt lernen wir jedoch erst, mit solchen Fragestellungen umzugehen, da die Forschung sich bisher nur auf die Bereiche konzentriert hat, die den Bauplan für die Proteine liefern."

    30 Millionen Basenbuchstaben des menschlichen Genoms hat die internationale Forschergruppe für das Projekt "Encyclopedia of DNA Elements ENCODE" analysiert, das im Jahr 2003 vom National Human Genome Research Institute ins Leben gerufen wurde. "Die untersuchten Genabschnitte haben wir so ausgewählt, dass sie Rückschlüsse auf das gesamte Genom erlauben", sagt Hackermüller. Die Ergebnisse wurden am 14. Juni 2007 in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

    Eine weitere Erkenntnis der Forschergruppe: Die nichtkodierenden RNAs arbeiten viel spezifischer als die RNAs, die als Bauplan für die Proteine dienen. Oft sind diese "Müll-DNAs" nur in einem einzigen Gewebe aktiv.


    More information:

    http://www.fraunhofer.de/fhg/press/pi/2007/06/Presseinformation14062007.jsp Ansprechpartner


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results, Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).