idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/16/2000 09:56

Gabriel: "Keine zusätzlichen Gelder zur Erschließung neuer Wissenschaftsgebiete"

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Der Staat könne keine zusätzlichen Gelder zur Erschließung neuer Wissenschaftsgebiete bereitstellen, gleichwohl müßten die Leistungen der Hochschulen gesteigert, der Output verwertbarer Forschungsergebnisse erhöht und den Hochschulen mit Managementstrukturen eine erhöhte Effizienz verliehen werden. Das sagte der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel in seiner Festansprache anläßlich der 225-Jahrfeier der TU Clausthal am 16. Juni in der Aula der Universität vor rund vierhundert geladenen Gästen aus dem In- und Ausland. Gabriel würdigte den Spitzenplatz der TU Clausthal in der Einwerbung von Drittmitteln, ihren hohen Anteil ausländischer Studierender und das Angebot eines Intensivstudienprogrammes im Maschinenbau als einen Beitrag zur Behebung der Ingenieurslücke.
    Sperrfrist: 16. Juni, 16 Uhr.

    Die Hochschulen ständen vor "umwälzenden Veränderungen". Die deutsche Forschung sei mit der US-amerikanischen und der japanischen Forschung durchaus wettbewerbsfähig, dies habe der Delphi-Bericht aus dem Jahre 1998 bestätigt, in der umweltbezogenen Forschung nähme Deutschland sogar eine führende Stellung ein.

    Dennoch müßten die Leistungen der deutschen Wissenschaft gesteigert werden. Staatliche Finanzmittel ständen "nur noch in einem engen Rahmen zur Verfügung". Gabriel: "Seit Anfang der 90er Jahre sind die Zeiten endgültig vorbei, in denen der Staat zur Erschließung neuer Wissenschaftsgebiete zusätzliche Mittel bereitstellen konnte." Der Ministerpräsident kündigte Einsparungen im nächsten Haushaltsjahr an.

    Für die Hochschulen, so der Ministerpräsident, sei es wichtiger denn je, ihr eigenes spezifisches Profil zu entwickeln, Schwerpunkte zu setzen und dafür vorhandene Mittel - auch über Fachbereichsgrenzen hinweg - umzuschichten. Der niedersächsische Ministerpräsident plädierte für eine engere Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft: "Es wird künftig noch mehr darauf ankommen, "grenzenlos" zu forschen (d.h. quer zu den etablierten Strukturen und den außeruniversitären Forschungsrichtungen) und neue Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen, Nachwuchsgruppen, Promotionsstudiengänge zu etablieren, um noch mehr Dynamik zu entfalten. Gabriel sprach sich dafür aus, verstärkt hochschulübergreifende Sonderforschungsbereiche und Kompetenzzentren einzurichten. Die Evaluation der Lehre und Forschung an den Hochschulen sei ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung.

    Der Ministerpräsident befaßte sich mit dem Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft aus Sicht der Politik. Sigmar Gabriel gratulierte der TU Clausthal in diesem Zusammenhang zu ihrer überaus erfolgreichen Drittmitteleinwerbung, wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft in ihrem Ranking aus dem Oktober 1997 herausgefunden hatte. Sigmar Gabriel: "In diesem Ranking liegt die TU Clausthal an erster Stelle unter deutschen Hochschulen. Das verdient einen besonderen Glückwunsch.

    Grundsätzlich gelte für die Hochschulen, daß sie ihr Potential "unzureichend für die Entwicklung neuer innovativer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen nutze". Gabriel sagte: " Angesichts der immer kürzeren Innovationszyklen und immer komplexerer Entwicklung bietet sich die Einbindung der Wissenschaft in die Produktentwicklung geradezu an." Analog zu Vorbildern in den USA wünschte sich Gabriel für Deutschland mehr Unternehmensneugründungen aus den Hochschulen heraus, die "bedeutende regionalwirtschaftliche Impulse" setzen könnten. Sigmar Gabriel dankte dem Rektor der TU Clausthal Professor Dr.-Ing. Peter Dietz, daß er als Vorsitzender des "Innovationsnetzwerkes Niedersachsen" drei Jahre erfolgreich für diese Zielsetzung gewirkt hatte.

    Noch in diesem Sommer solle den niedersächsischen Hochschulen die Möglichkeit gegeben werden, eigene Unternehmen zu gründen oder sich an anderen Unternehmen zu beteiligen. Die Hochschulen könnten "Innovationsgesellschaften" zur Verwertung ihres Wissens gründen. Die Hochschulen sollten auch zusätzliche Mittel erhalten, wirtschaftlich verwertbare Erfindungen patentieren zu lassen. Die Hochschulen seien aufgefordert, sich an dem Wettbewerb "Die gründerfreundliche Hochschule" zu beteiligen und gemeinsam mit Wirtschaftsfördern, Kammern und Kreditinstituten Gründer bei der Realisierung ihrer Unternehmensidee zu unterstützen.

    Auf dem Feld der Studienstrukturreform regte Gabriel an, durch eine Modularisierung der Studieninhalte die internationale Mobilität zu fördern und merkte hierbei an: "Mit Freude habe ich gehört, daß die TU Clausthal mit ihrem Ausländeranteil von rund 16 Prozent rund zehn Prozentpunkte über dem Durchschnitt liegt. Das Intensivstudienprogramm Maschinenbau der TU Clausthal sei "ein interessantes Modell zur Verkürzung der realen Studienzeiten". Es sei ein "Beitrag zur Behebung der Ingenieurskrise und zur Förderung wissenschaftlicher Exzellenz".

    Die geplante Neufassung des niedersächsischen Hochschulgesetzes ziele darauf ab, die Hochschulleitung als ein kollegiales, nach dem Ressortprinzip organisiertes Präsidium mit voller operativer Handlungs- und Entscheidungskompetenz und umfassender Ressourcenverantwortung auszustatten. Der Präsident oder die Präsidentin solle mit der "Richtlinienkompetenz" ausgestattet sein.

    Der Senat sei das zentrale satzungsgebende Organ. Es sei zuständig für die Wahl der Mitglieder des Präsidiums, die Beschlußfassung über die Grundordnung und die Stellungnahme zu hochschulpolitischen Grundsatzfragen. Er solle Stellung nehmen zur Entwicklungsplanung der Hochschule und vor der Errichtung, Änderung oder auch Aufhebung von Organisationseinheiten und Studiengängen beteiligt werden.

    Die geplanten Hochschulräte seien das Organ der gesellschaftlichen Mitwirkung.

    Die Habilitation verliere ihren prägenden Charakter für die Universitätsprofessur, eine Juniorprofessur solle eingeführt werden.

    Das NHG eröffne den Hochschulen die Option, aus der Trägerschaft des Landes auszuscheiden und in die Trägerschaft von rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts über zu wechseln. Die Stiftung erhielte in diesem Modell Dienstherrnfähigkeit und stelle Liegenschaften, Personal- und Sachmittel zur Verfügung. Diese Entstaatlichung der Hochschulen mache nur Sinn, wenn gleichzeitig neue Instrumente der Ressourcensteuerung gefunden würden. Gabriel: "Die TU Clausthal hat dabei Pionierarbeit geleistet. Sie wird seit 1995 im Rahmen eines Modellversuchs mit zwei weiteren Hochschulen als Landesbetrieb mit kaufmännischer Buchführung und Globalhaushalt geführt."

    Abschließend meinte der niedersächsische Ministerpräsident, die niedersächsischen Hochschulen seien auf einem guten Weg. "Wenn Wissenschaft und Politik weiterhin eng kooperieren und auch dann, wenn sie gelegentlich miteinander streiten müssen, das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren, können sie zu einem starken Motor der Modernisierung unseres Landes werden."


    Images

    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Science policy
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).