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08/10/2007 12:29

100 Jahre Lasertechnik im BIAS: Deutschlands erstes Laserinstitut wird 30, und sein Gründer Gerd Sepold 70 Jahre alt

Dr.-Ing. Matthias Schilf Öffentlichkeitsarbeit
BIAS Bremer Institut für angewandte Strahltechnik GmbH

    Land Bremen setzte unbeirrt auf zwei Pioniere und Existenzgründer / Materialbearbeitung mit Laser war Neuland, und mit dem BIAS kamen der "Blaue Klaus" und internationales Renommee

    Eine kleine Kohlenhandlung in Bremen-Walle mit angeschlossener Dreizimmerwohnung. Computer in der Küche, Fotolabor im Bad, Arbeitsplatz in der Abstellkammer und die Werkstatt dort, wo vorher Koks lagerte. Das waren die Anfänge des Bremer Instituts für angewandte Strahltechnik GmbH (BIAS), dem ersten außeruniversitären, zivilen Laserinstitut in Deutschland. Heute beschäftigt das BIAS knapp 100 Menschen, hat seine Räume auf dem Campus der Universität Bremen und genießt internationales Renommee. In diesen Tagen wird es 30 Jahre alt - und Professor Gerd Sepold, einer seiner Gründer, feiert heute (10.8.) seinen 70. Geburtstag.

    Klein und bescheiden ging das BIAS 1977 an den Start, aber die Ziele seiner Gründer waren groß und ehrgeizig. Mitte der 60er Jahre waren in Amerika die ersten Laser entwickelt worden, und die Hannoveraner Forscher Dr. Gerd Sepold und Dr. Werner Jüptner wollten die Eigenschaften dieser Lichtquelle für die industrielle Materialbearbeitung und Präzisionsmesstechnik nutzen. In Bremen fanden die beiden Existenzgründer eine Heimat für ihr Vorhaben. Als Anschubfinanzierung hatte das privatwirtschaftliche Institut damals vom Land einen Zuschuss für Investitionen erhalten. Die laufenden Kosten waren jedoch in vollem Umfang selbst zu finanzieren.

    Das BIAS expandierte. Es kam der Umzug in das neue Gebäude an der Ermlandstraße, und zeitgleich wurde der erste selbst entwickelte Hochleistungslaser fertig. Liebevoll "Blauer Klaus" nannten die Wissenschaftler den 5 kW-CO2-Laser. Es war der leistungsstärkste kommerziell verfügbare Laser zu dieser Zeit und einzigartig in Europa.

    Schwere Zeiten

    Dem erfolgreichen Start folgten schwere Zeiten. Kaum fünf Jahre nach der Gründung des Institutes wechselte die BRD ihre Förderprogramme. Forschungsprojekte zur Lasertechnologie wurden kaum noch unterstützt, und das BIAS musste sich plötzlich überwiegend aus der industriellen Auftragsforschung finanzieren. Auch die Sparkasse Bremen AG half den engagierten Wissenschaftlern. Nur kurze Zeit nach seiner Umorientierung steckte das Institut jedoch erneut in Schwierigkeiten. Auch andere hatten den Zukunftsmarkt "Lasertechnologie" entdeckt, und 1985 setzte in Deutschland eine Gründungswelle von Laserinstituten ein - alle gut und dauerhaft grundfinanziert mit öffentlichen Geldern. Das kleine, privatwirtschaftliche Unternehmen hatte ein Problem.

    Überzeugt von dem Schaffen der kreativen Forscher sprang das Land Bremen ein und bot eine Lösung: Ende 1985 trat der Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in der Freien Hansestadt Bremen e.V. (VFwF) als Gesellschafter in die GmbH ein. Er bündelt auch heute noch außeruniversitäre Forschungsinstitute im Land Bremen und sichert ihnen eine Grundfinanzierung. Damit hatte das BIAS eine Basis für seine Arbeit, und es entstand darüber hinaus eine enge Kooperation mit der jungen Universität. Die Berufung der beiden BIAS-Leiter Sepold und Jüptner zu Professoren im April 1989 unterstrich und verstärkte die Zusammenarbeit der zwei Institutionen in der Lehre und der Forschung.

    Ein zielstrebiger Querdenker und rühriger Ästhet

    Die Geschichte des BIAS ist eng verknüpft mit der Vita Gerd Sepolds, und der Erfolg des Institutes gründet mit auf seiner Beharrlichkeit. Als Querdenker sorgte Sepold immer wieder für Aufsehen. So propagierte er in den 80er Jahren entgegen der damaligen Lehrmeinung das Laserschweißen von Aluminium mit einem Zusatzdraht. "Vollkommen unnötig", hieß es damals unter den Experten, das ginge auch ohne Zusatzdraht. Aber Sepold hielt an seiner Idee fest. So wie er auch in wirtschaftlich schweren Zeiten konsequent seine Ziele verfolgte, erreichte er sie mit Unterstützung der Belegschaft auch in diesem Fall.

    Am Ende setzte sich das anfangs belächelte Verfahren durch, denn es verbesserte die Qualität der Schweißnähte erheblich und ermöglichte auch das Schweißen verschiedener Aluminiumlegierungen. Airbus übernahm das Verfahren. Die neue Technik war einer der Grundsteine zum Aufbau der Airbus-Fabrik in Nordenham. Heute werden dort die Rumpfschalen (Außenhaut) des A380 geschweißt.

    Der anwendungsorientierten Forschung verpflichtet und stets für ungewöhnliche Lösungen gut, etablierten Sepold und Jüptner das Institut. Doch nicht nur in der Fachwelt machte das BIAS Schlagzeilen. Es war den beiden BIAS-Gründern ein lange gehegter Wunsch, auch die ästhetische Schönheit ihrer Wissenschaftswelt einzufangen und zu präsentieren. Sie waren fasziniert von den Phänomenen, die sich bei ihrer Arbeit mit dem Laserlicht zeigten.

    Mit Einsatz der Lasertechnik ließen sich dreidimensionale Szenen derart darstellen, dass sie dem Betrachter im Raum erschienen und dort vermeintlich frei schwebten: Für die so genannten Hologramme konnte Sepold den Direktor des Focke-Museums, Prof. Jörn Christiansen, sowie zahlreiche Sponsoren aus der Wirtschaft begeistern und sie dafür gewinnen, die Dreidimensionalität zum Thema einer Sonderausstellung zu machen. "Das verführte Auge - Wege in die 3. Dimension" lief von Dezember 2001 bis Februar 2002 und wurde deutschlandweit beachtet. Kaum war der Katalog dazu erschienen, war er auch schon vergriffen. Er mutierte zum Sammlerstück, und das einzig verbliebene BIAS-Exemplar wird sorgsam gehütet.

    Sepold schätzte den Gedankenaustausch mit Experten aus Wirtschaft und Forschung in aller Welt. Anerkennung gab es von höchster Ebene - unter anderem von den Forschungsministern mehrerer Bundesregierungen, und auch der Physik-Nobelpreisträger und Laser-Experte Professor Alexander Prokhorov fand sich im BIAS ein. Sepold pflegte intensive Kontakte in die damalige Sowjetunion, baute bereits frühzeitig die Beziehungen nach China aus und wurde 1993 sogar von der "Polytechnic University" Peking zum Ehrenprofessor berufen. Rührig und visionär baute Sepold gemeinsam mit seinem Kollegen Jüptner das Institut auf und platzierte es als eines der ersten auf dem Weltmarkt.

    "Nach außen hin wirkte er eher autoritär, aber im persönlichen Umgang mit seinen Mitarbeitern zeichnete Sepold sich durch seine Feinfühligkeit aus", beschreibt Privatdozent Dr. Thomas Kreis seinen ehemaligen Chef." Kreis ist BIAS-Mitarbeiter der ersten Stunde. Von Anfang an habe er die interdisziplinäre und gute Zusammenarbeit im BIAS geschätzt. "Zudem hatte jeder alle Chancen, sich weiter zu entwickeln", sagt der Diplom-Mathematiker, der während seiner BIAS-Zeit zum Dr.-Ing. promovierte und in Physik habilitierte. Damit steht Kreis exemplarisch für zahlreiche BIAS-Karrieren. "Und diese Tradition wird unter der neuen Leitung weiter gepflegt", stellt er fest.

    Das BIAS heute

    Noch immer leistet das BIAS Pionierarbeit auf seinem Gebiet und genießt weltweit einen hervorragenden Ruf. Ende September 2002 ging Professor Gerd Sepold in den Ruhestand, und Anfang 2003 folgte Professor Dr.-Ing. Frank Vollertsen dem Ruf an die Universität Bremen auf den Lehrstuhl für Schweißtechnische und verwandte Verfahren. Seitdem leitet er auch das BIAS. "Ich kannte die Innovationskraft dieses Institutes schon lange und war begeistert von der Idee, dort wirken zu können", sagt Vollertsen. Wie in seinen Anfängen - es sei noch immer eine visionär ausgerichtete Technologietransfer-Einrichtung.

    Mit Jüptner ging 2006 auch der zweite BIAS-Gründer in den Ruhestand. In Frank Vollertsen haben Gert Sepold und Werner Jüptner einen würdigen und kompetenten Nachfolger gefunden. Seine Arbeit wurde bereits vielfach geehrt und ausgezeichnet - unter anderem mit dem "Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis", dem bedeutendsten deutschen Wissenschaftspreis. Er wolle die Geschicke des Institutes im Sinne der beiden Pioniere weiter lenken, sagt Vollertsen. Dass das keine bloße Absichtserklärung ist, hat der Wissenschaftler bereits bewiesen. Unter seiner Leitung schreibt das Institut seine Erfolgsgeschichte fort. So initiierte Vollertsen unter anderem den neuen Sonderforschungsbereich "Mikrokaltumformen" (SFB 747) der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Bremen und ist auch dessen Sprecher.

    Wie zuvor arbeitet das BIAS auf den Gebieten der lasergestützten Materialbearbeitung und entwickelt hoch präzise, optische Messtechniken. Aktiv ist es unter anderem auf den Feldern Fahrzeug- und Schiffbau sowie im Bereich der Luft- und Raumfahrt. Dabei zählt es die Großen in Deutschland zu seinen Partnern. Als Gesellschafter der TBB GmbH kümmert es sich auch verstärkt um die wirtschaftliche Verwertung seiner Entwicklungen. "Wir wollen echte Innovationen", sagt Vollertsen.

    Das BIAS forscht in Eigen- und Verbundprojekten sowie auf Auftragsbasis. Damit ist es gut und breitbandig aufgestellt. Zudem werden die vorhandenen Kontakte weiter intensiv gepflegt und ausgebaut - insbesondere zum aufstrebenden Wirtschaftsstandort Asien. Dort ist das BIAS-Knowhow weiterhin sehr gefragt. Während BIAS-Gründer Gerd Sepold schon vor 14 Jahren zum Ehrenprofessor der "Polytechnic University Beijing" (Peking) ernannt wurde, konnte Vollertsen sich jüngst über eine Ehrung der "Shanghai Jiao Tong University" freuen. Er wurde dort zum Gastprofessor berufen.

    "Hätte das Land Bremen nicht schon damals unbeirrt auf Pioniergeist gesetzt, auf die Ideen und die Schaffenskraft auch einzelner Visionäre, gäbe es das BIAS heute möglicherweise nicht oder nicht mehr", sagt Vollertsen. Dieses Vertrauen - so habe es sich eben auch mit dem BIAS gezeigt - zahle sich langfristig aus.

    (Sabine Nollmann)

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr.-Ing. Frank Vollertsen
    (Institutsleiter des BIAS)
    Telefon: 0421 218-50 04
    E-Mail: clages@bias.de


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    Für den Bereich Lasertechnik eine der ersten Adressen in Deutschland: das Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS)
    Für den Bereich Lasertechnik eine der ersten Adressen in Deutschland: das Bremer Institut für angewa ...
    Foto: Sabine Nollmann
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    Januar 1992: Physik-Nobelpreisträger und Laser-Experte Professor Alexander M. Prokhorov (Mitte) im Austausch mit BIAS-Gründern Professor Werner Jüptner (links) und Professor Gerd Sepold (rechts).
    Januar 1992: Physik-Nobelpreisträger und Laser-Experte Professor Alexander M. Prokhorov (Mitte) im A ...
    Foto: BIAS
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    Criteria of this press release:
    Materials sciences, Mathematics, Mechanical engineering, Physics / astronomy
    transregional, national
    Personnel announcements, Transfer of Science or Research
    German


     

    Für den Bereich Lasertechnik eine der ersten Adressen in Deutschland: das Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS)


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    Januar 1992: Physik-Nobelpreisträger und Laser-Experte Professor Alexander M. Prokhorov (Mitte) im Austausch mit BIAS-Gründern Professor Werner Jüptner (links) und Professor Gerd Sepold (rechts).


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