Medienwissenschaftler der Universität Jena skizziert Debatte über Raumauffassungen in neuem Buch
Jena (10.09.07) Was ist Raum? Mit dieser Frage beschäftigen sich unterschiedliche Wissenschaften, angefangen von der Mathematik oder Physik bis hin zu Philosophie und Geographie, schon seit langem. Eine jetzt von Dr. Stephan Günzel, Medienwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena, herausgegebene Publikation beschäftigt sich mit dem aktuellen Stand der Debatte über den Raum in den Kultur- und Medienwissenschaften. Der Band "Topologie. Zur Raumbeschreibung in den Kultur- und Medienwissenschaften" legt den Fokus dabei auf die Beschreibung von Räumlichkeit.
Raum sei im 20. Jahrhundert auch Gegenstand des politischen Interesses geworden, konstatiert Günzel und verweist auf das in den 1920er Jahren aufgekommene und von den Nazis verwendete Schlagwort vom "Volk ohne Raum". Das nationalistische Raumverständnis habe die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema lange belastet. Gegen Ende der 1980er Jahre haben sich die Sozial- und Kulturwissenschaften dem Thema verstärkt zugewandt und die Frage nach einer Beschreibung von Räumlichkeit aufgeworfen sowie alte Konzepte kritisch befragt.
Eine Richtung der Debatte setzte Raum gleich mit Materialität, sagt Dr. Günzel. Eine andere Richtung verstand Raum als eine Repräsentation, wie sie etwa durch Landkarten oder mittels Massenmedien zum Ausdruck kommt. Mit der aus der Mathematik abgeleiteten Topologie sei nun der Versuch unternommen worden, beide Herangehensweisen zur Beschreibung von Räumlichkeit zusammenzuführen. "Entscheidend dabei sind Relationen", betont Günzel. Der Versuch, der räumlichen Struktur oder den Lagebeziehungen den Vorrang zu geben vor der Substanz oder der räumlichen Ausdehnung, habe sich als praktikabler Ansatz erwiesen, um sowohl die Konstruktion als auch die Disposition "Raum" in ihrem Zusammenhang analysieren zu können.
Der neue Sammelband skizziert in seinem ersten Abschnitt "Vom Raum zur Topologie" zunächst die in verschiedenen Disziplinen geführte Debatte über den Raumbegriff und die Kritik an bestehenden Raumkonzepten und Methoden der Raumbeschreibung. Der zweite Teil "Anfänge der Topologie" stellt die Entstehung der mathematischen Topologie vor.
Die Beiträge im Teil "Anwendungsgebiete der Topologie" schließlich wenden sich Bereichen zu, in denen sich bereits ein topologischer Ansatz etabliert hat. Einzelanalysen widmen sich der Anwendung der topologischen Raumauffassung in der Architektur, der Film- und Literaturwissenschaft, der Kunst, Psychologie und Soziologie. Als Beispiel nennt Günzel die Architektur und die Stadtplanung: Moderne Computersimulationen erlauben etwa, Ausgangsmodelle so zu variieren, dass neue Vorstellungen von Gebäuden oder Stadtlandschaften entwickelt werden können. Topologische Ansätze ermöglichen es auch im Film, von der aus dem Theater herkommenden Einheit von Ort, Zeit und Handlung abzuweichen und mit Sprüngen in Raum, Zeit und Handlung neue Perspektiven und Strukturen des Erzählens zu entwickeln.
Bibliographische Angaben:
Stephan Günzel: Topologie. Zur Raumbeschreibung in den Kultur- und Medienwissenschaften, transcript Verlag für Kommunikation, Kultur und soziale Praxis, Bielefeld 2007, 332 S., 29,80 Euro, ISBN: 978-3-89942-710-3.
Kontakt:
Dr. Stephan Günzel
Bereich Medienwissenschaft der Friedrich-Schiller Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641/944900
E-Mail: stephan.guenzel[at]uni-jena.de
Verlagsinformationen: http://www.transcript-verlag.de/ts710/ts710.htm
Dort können auch Rezensionsexemplare angefordert werden.
Dr. Stephan Günzel von der Universität Jena.
Foto: privat
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Criteria of this press release:
Media and communication sciences
regional
Scientific Publications
German
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