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07/12/2000 10:30

Rettung vor dem spurlosen Verschwinden

Dr. Werner Boder Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    VolkswagenStiftung stellt für die Dokumentation bedrohter Sprachen 3,4 Millionen Mark zur Verfügung

    Nicht nur Pflanzen- und Tierarten verschwinden von der Erde oder sind vom Aussterben bedroht, auch eine Vielzahl von Sprachen ist in Gefahr. Dieser Prozess, den es immer schon gab, hat in Zeiten der "kulturellen Globalisierung" eine nie da gewesene Dynamik bekommen. Experten schätzen, dass von den weltweit rund 6500 gesprochenen Sprachen im
    21. Jahrhundert zwei Drittel sterben werden. Da jede Sprache Bestandteil und Ausdruck der eigenen Kultur ist, geht mit ihr weit mehr als das Kommunikationsmittel einer Gruppe von Menschen verloren. Mit ihrem Programm "Dokumentation bedrohter Sprachen" will die VolkswagenStiftung Wissenschaftler darin fördern, diese Kulturzeugnisse vor dem spurlosen Verschwinden zu retten. In Bild, Ton und Text sollen sie elektronisch ge-speichert, linguistisch bearbeitet, archiviert und über das Internet zugänglich gemacht werden. Für die ersten Vorhaben innerhalb des Programms wurden jetzt 3,4 Millionen Mark an Forscher aus dem In- und Ausland bewilligt.

    Zwei Millionen Mark davon gehen an das Max-Planck-Institut für Psycho-linguistik in Nijmegen (Prof. Dr. Stephen Levinson/Peter Wittenburg) für das Multimedia-Datenbankprojekt TIDEL ("Tools and Infrastructure for the Documentation of Endangered Languages"), das die technischen Grundlagen des Programms bereitstellen soll. Hier werden die Tools zur elektroni-schen Aufarbeitung der Video-, Audio- und Textdaten und Lösungen für eine dauerhafte Archivierung entwickelt. Die restlichen Mittel verteilen sich auf einjährige Dokumentationsprojekte für einzelne bedrohte Sprachen:

    - Tofa: Dr. K. David Harrison, Yale University/USA
    - Salar, Monguor: Prof. Dr. Lars Johanson, Universität Mainz
    - Ega: Prof. Dr. Dafydd Gibbon, Universität Bielefeld
    - Teop: Prof. Dr. Ulrike Mosel, Universität Kiel
    - Wichita: Prof. Dr. David Rood, University of Boulder/USA
    - brasilianische Indianersprachen: Kooperationsverbund dreier Projekte

    Das Tofa wird von 300 Menschen im südlichen Zentralsibirien gesprochen. Seitdem diese Bevölkerungsgruppe in den 30er Jahren unter Stalin zur Sesshaftigkeit gezwungen wurde, gingen Sprachverschiebungen, kultureller Verlust und Russifizierung Hand in Hand. Erfasst und erschlossen werden sollen auch das Salar und das Monguor aus dem "Sprachbund" des Amdo-Tibet-Gebietes. Beide Sprachen, obwohl rein zahlenmäßig noch von ein paar tausend Personen gesprochen, werden vom Chinesischen beziehungsweise Tibetanischen verdrängt, so dass sich echte Sprachkompetenz nur noch bei den älteren Frauen findet.

    Von den zahlreichen bedrohten Sprachen Afrikas soll in der Pilotphase des Programms das Ega dokumentiert werden. Gesprochen wird es von ein paar hundert Menschen an der Elfenbeinküste - und zwar in einer Art linguistischer Enklave. Denn das Ega gehört zu den so genannten Kwa-Sprachen inmitten eines Gebietes, in dem sonst nur Kru-Sprachen gesprochen werden. Die Bedrohung hat auch die Region Papua-Neuguineas erreicht, wo sich immer mehr Pidgin-Sprachen gegen die kleinen Sprachen durchsetzen. Zielsprache dieser Region wird im Programm das Teop sein, das auf der Insel Bougainville gesprochen wird - beziehungsweise: bald nur noch gesprochen wurde. Denn speziell in zweisprachigen Familien wird das Teop nicht mehr an die Kindergeneration weitergegeben.

    Eine besondere Herausforderung für die Forscher ist das Wichita in Nordamerika, das nur noch von zehn älteren Personen gesprochen wird; es liegen jedoch auswertbare Aufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten vor. Schließlich sollen auch drei brasilianische Indianersprachen dokumentiert werden, für die ein Kooperationsverbund geplant ist.

    Im Anschluss an die einjährige Pilotphase der jetzt bewilligten Projekte wird es dann eine Reihe mehrjähriger Vorhaben zur detaillierten Dokumentation bedrohter Sprachen geben. Ein virtuelles Archiv, das später der ganzen Welt offen stehen soll, ist im Entstehen.

    Kontakt: VolkswagenStiftung, Dr. Vera Szöllösi-Brenig,
    Tel.: 05 11 / 83 81 - 2 18, E-Mail: szoelloesi@volkswagenstiftung.de

    Weitere Informationen finden Sie im Internet unter:
    http://www.volkswagenstiftung.de/presse00/p120700.htm


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    Criteria of this press release:
    Social studies
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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