Historiker der Universität Jena untersuchen die Rolle der deutschen Zollbeamten im 19. Jahrhundert
Jena (23.10.07) Bei den Begriffen "Wegbereiter" und "Modernisierer" werden heute wohl die wenigsten spontan an die Gruppe der Beamten denken. Schon eher fallen einem Vorurteile und Klischees ein, etwa die der "Besitzstandswahrer" und "Bürokraten". In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwies sich in Deutschland jedoch gerade die Beamtenschaft als wichtiger Motor wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Veränderungen. Dies belege etwa das Beispiel des Deutschen Zollvereins, wie Prof. Dr. Hans-Werner Hahn von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sagt. "Ziel dieses 1833 unter Führung Preußens gegründeten Vereins war es, durch die Aufhebung der Binnenzölle und eine gemeinsame Handelspolitik nach außen die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsstaaten zu fördern", erläutert der Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. "Die Wirkungen des Zollvereins blieben aber", so Prof. Hahn, "nicht auf die wirtschaftlichen und finanziellen Folgen beschränkt." Indem der Verein die Handelsbeziehungen zwischen diesen Ländern vereinfachte, förderte er auch deren politische Kooperation und begünstigte langfristig die politische Einigung Deutschlands unter Führung Preußens.
Obwohl es zum Zollverein eine reichhaltige Literatur gibt, ist die Funktionsweise des Vereins bisher nur unzureichend untersucht. Sie steht nun im Mittelpunkt eines von der Fritz-Thyssen-Stiftung geförderten Forschungsprojekts von Prof. Hahn und seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Marko Kreutzmann am Historischen Institut der Jenaer Universität. Darin geht es um die höheren Beamten des Deutschen Zollvereins, die als einzelstaatliche Beamte einen Integrationsprozess steuerten, der im Laufe der Industrialisierung für ganz Deutschland immer wichtiger wurde. "Uns interessiert dabei vor allem die besondere Identität, die die Beamten durch ihre gemeinsame Arbeit für eine überstaatliche Organisation entwickelten", erläutert Projektleiter Hahn.
So arbeiteten die Zollbeamten aus den beteiligten Einzelstaaten eng zusammen und mussten auch häufig ihren Einsatzort - über die Landesgrenzen hinweg - wechseln. Dabei blieben sie zwar in ihren jeweiligen Herkunftsstaat eingebunden, doch der Austausch beförderte das gegenseitige Verständnis und baute auch politische Hürden ab, wie sie etwa zwischen Preußen und Bayern bestanden. "Auf diese Weise entwickelte sich die Gruppe der höheren Zollbeamten zu einer wichtigen Funktionselite innerhalb Deutschlands." Was diese Funktionselite im Detail ausmachte, das wollen die Historiker in den kommenden zwei Jahren zusammentragen. Davon erhoffen sie sich nicht nur neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Beamtenelite selbst. Vielmehr erwarten sie mit Blick auf den gegenwärtigen europäischen Vereinigungsprozess neue Einsichten zur Wechselwirkung wirtschaftlicher, kultureller und zwischenstaatlicher Integrationsprozesse.
Kontakt:
Prof. Dr. Hans-Werner Hahn
Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 13, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944440
E-Mail: hawe.hahn[at]uni-jena.de
Criteria of this press release:
History / archaeology
regional
Research projects
German
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