idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
12/13/2007 12:07

Dreidimensionale Ansichten des Blutflusses

Bernd Hegen Referat Öffentlichkeitsarbeit
Universität Koblenz-Landau

    Koblenzer Nachwuchswissenschaftlerin entwickelt neues Verfahren - Scientific Award 2007 der BMW Group für Esther-Sabrina Platzer

    Die Informatikerin Esther-Sabrina Platzer wurde mit dem 1. Preis des BMW Group Scientific Award 2007 für ihre Diplomarbeit ausgezeichnet. Platzer entwickelte am Institut für Computervisualistik in der Arbeitsgruppe Aktives Sehen und in Kooperation mit Siemens Medical Solutions ein neues Verfahren, mit dem sich der Blutfluss in einem Gefäßbaum erstmals dreidimensional Ader für Ader visualisieren lässt. Gefäßerkrankungen gelten heute als die häufigste Todesursache in der westlichen Welt. Ein besseres Verständnis des Gefäßverlaufs im Körper und davon, wie das Blut in ihnen strömt, kann Leben retten. Das von Platzer entwickelte neue Verfahren lässt nun erkennen, wie das Blut im 3-Dimensionalen durch die verzweigten Adern fließt.

    Für die ausgezeichnete Betreuung der Arbeit wurde Prof. Dr.-Ing. Dietrich Paulus geehrt. Paulus ist Leiter der Arbeitsgruppe Aktives Sehen an der Universität in Koblenz und Dekan des Fachbereichs Informatik. Insgesamt erhielten sechs Nachwuchswissenschaftler 2007 den Scientific Award der BMW Group im Rahmen eines Festaktes im Deutschen Museum. Die preisgekrönten drei Diplomarbeiten und drei Dissertationen setzten sich gegen insgesamt 241 Bewerbungen aus 25 Ländern und 22 verschiedenen Fachbereichen durch. Der Scientific Award der BMW Group gehört mit insgesamt 70 000 Euro Preisgeld zu den renommiertesten und höchst dotierten Preisen für Nachwuchswissenschaftler.

    Esther Platzer programmierte eine spezielle Software, mit der sich der Blutfluss anhand von zweidimensionalen Angiogrammen dennoch korrekt in 3-D visualisieren lässt. Bei dem Verfahren werden die Daten aus zwei- und dreidimensionalen Angiogrammen eines Patienten miteinander kombiniert. Mit diesem Verfahren gelang es Platzer, ein zentrales Problem zu beheben, welches bisher in der Angiographie bestand. Angiographie nennt sich die medizinische Technik, mit der Ärzte Bilder der Blut- und Lymphgefäße eines Körpers machen. Dabei geht es ihnen zum einen um die Frage, wo genau die Adern im Körper verlaufen, zum anderen darum, wie gut sie vom Blut durchflossen werden. Mit Hilfe moderner Röntgen- und Magnetresonanztomographen ist es heute möglich, dreidimensionale Angiogramme der weit verzweigten Gefäßsysteme zu erhalten. Dafür wird ein spezielles Kontrastmittel in die Blutbahn gespritzt.

    Das Problem bestand bisher darin, dass der Gefäßbaum vollständig mit Kontrastmittel gefüllt sein muss, damit 3-D-Aufnahmen gelingen. Wie das Blut dort fließt, lässt sich anhand dieser Bilder dann nicht mehr erkennen. Dies wiederum gelingt bislang nur mit Hilfe der zweidimensionalen Angiographie. Dabei wird ebenfalls ein Kontrastmittel in die Adern gespritzt. Eine Reihe von Röntgenaufnahmen in kurzen Zeitabständen zeigt, wie sich die Markersubstanz mit dem Blutstrom im Körper ausbreitet. Da diesen Bildern jedoch ein Teil der räumlichen Information fehlt, kann der Blutfluss nicht immer eindeutig bestimmten Gefäßen zugeordnet werden - zum Beispiel wenn zwei Adern in Blickrichtung der Röntgenkamera genau übereinander liegen. Das neue Verfahren der Informatikerin lässt nun erkennen, wie der Blutfluss im 3-Dimensionalen verläuft.

    Ein ausgefeilter Algorithmus berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich der im 2-D-Bild sichtbare Blutfluss zu jedem Zeitpunkt einem bestimmten Gefäßabschnitt im zugehörigen 3-D-Angiogramm zuordnen lässt. Zugleich liefert das Programm über ein Bewegungsmodell, das die Blutflusseigenschaften berücksichtigt, laufend Prognosen darüber, wohin und wie weit das Kontrastmittel in der Zeit bis zur nächsten Aufnahme wohl fließen wird. Diese Hypothesen überprüft die Software dann anhand der nächsten realen 2-D-Bilder und lernt dabei aus den eigenen Fehlern. Durch den wiederholten Abgleich der Flussprognosen mit den tatsächlich beobachteten Daten und den zugehörigen Wahrscheinlichkeitswerten kann die Software schließlich dreidimensional genau rekonstruieren, wo und wie das Blut durch die weit verzweigten Gefäße fließt.

    Die Kombination von zwei- und dreidimensionalen Angiogrammen bereitet in der klinischen Praxis freilich einige Schwierigkeiten, da die Aufnahmen aus technischen Gründen nicht gleichzeitig, sondern nur mit zeitlichem Abstand erfolgen. "Kein Patient kann so lange absolut still liegen. Schon kleinere Bewegungen könnten aber zu Fehlern bei der Rekonstruktion des Blutflusses führen", erklärt Platzer. Auch für dieses Problem fand die junge Forscherin eine Lösung: Die 3-D-Aufnahmen des rekonstruierten Blutflusses werden einfach in die realen 2-D-Angiogrammen projiziert und mit diesen verglichen. Sind die beiden Bilder nicht absolut deckungsgleich, erkennt die Software die Verschiebung und korrigiert sie automatisch.

    Siemens Medical Solutions ist dabei, die von Platzer entwickelten Methoden zur Produktreife zu bringen. Bald könnten sie die Angiographie in der klinischen Praxis noch leistungsfähiger machen. Dabei werden die Patienten mit Gefäßerkrankungen nicht nur von den neuen Analysemöglichkeiten profitieren: Dank des neuen Verfahrens müssen insgesamt weniger Röntgenaufnahmen gemacht werden, um ein genaues Bild des Gefäßzustands zu erhalten. Als willkommener Nebeneffekt sinkt die Strahlenbelastung, die mit so einer Untersuchung verbunden ist.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Dietrich Paulus
    Telefon: 0261/ 287-2750
    E-Mail: paulus@uni-koblenz.de

    Koblenz, den 12. Dezember 2007.


    Images

    Scientific Award 2007 der BMW Group, 1. Preis Diplomarbeiten, Esther-Sabrina Platzer, Thema: "Visualisierung von Blutfluss im 3-D aus 2-D-Angiogrammen"
    Scientific Award 2007 der BMW Group, 1. Preis Diplomarbeiten, Esther-Sabrina Platzer, Thema: "Visual ...
    BMW AG
    None


    Criteria of this press release:
    Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Scientific Award 2007 der BMW Group, 1. Preis Diplomarbeiten, Esther-Sabrina Platzer, Thema: "Visualisierung von Blutfluss im 3-D aus 2-D-Angiogrammen"


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).