Osnabrueck, 5. Maerz 1996 / Nr. 31/96
Informationsmanagement: Ooosim bildet die Realität am Computer nach
Osnabruecker Wissenschaftler praesentieren Forschungsergebnisse auf der CeBIT 1996
Das Simulationswerkzeug Ooosim, mit dem zentrale Entscheidungen von Wirtschaftsunternehmen ohne reale Probelaeufe mit dem Computer durchgespielt und getestet werden koennen, ist eines der Projekte, die Wissenschaftler der Universitaet Osnabrueck auf der diesjaehrigen Messe für Buero-, Informations- und Telekommunikationstechnik (CeBIT) vom 14. bis 20. Maerz 1996 in Hannover praesentieren werden. Prof. Dr. Thomas Witte vom Institut für Informationsmanagement und Unternehmensfuehrung, in dem Ooosim entwickelt wurde: "Die Simulation komplexer Prozesse am Rechner ist inzwischen zu einem unverzichtbaren Planungsinstrument in vielen Bereichen der Wirtschaft geworden. Wir werden daher die Messe nutzen, um Ooosim einer breiten Fachoeffentlichkeit vorzustellen." Auf der CeBIT werden ausserdem die Arbeitsgruppen Praktische Informatik und Theoretische Informatik sowie das Fachgebiet Angewandte Mathematik der Universitaet Osnabrueck ihre Forschungsergebnisse vorstellen. Auch sie demonstrieren den Einsatz des Computers zur Vereinfachung von Arbeitsablaeufen und Entscheidungsprozessen.
Intelligente OCR mit Assoziativspeicher: Verbesserte Leistung von Beleglesern
Im Fachgebiet Angewandte Mathematik hat die Arbeitsgruppe Assoziativspeicher unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Roland Zielke das Erkennungs- und Zuordnungsverfahren von gescannten Schriften (ZAMSCAN) entwickelt, das sich insbesondere durch die Erfassung von groesseren Einheiten, etwa ganzen Woertern, auszeichnet und darüber hinaus lernfaehig ist. Wie Prof. Zielke erlaeutert, kann das sogenannte Optical Character Reading (OCR) einzelne Zeichen von Maschinenschriften oder handgefertigter Blockschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig lesen. Bei Woertern oder Saetzen steige jedoch die Fehlerquote deutlich, so daß es bei einer Speicherung in Datenbanken, beispielsweise von Adressen, zu mehrfachen oder fehlerhaften Eintragungen komme. Der Osnabruecker Wissenschaftler: "Unser Verfahren liest nicht nur die Einzelzeichen, sondern erkennt aus ihrer Art, ihrer Reihenfolge und ihrer Anzahl auch groessere Abschnitte. Mit Hilfe sogenannter Assoziativspeicher koennen dann fehlerhafte Worte auch in großen Datenbeständen korrekt zugeordnet werden." Wie Prof. Zielke erlaeutert, gelingt dies mit der Software ASSOZAM, die die erfassten Einheiten "unscharf" mit richtig gespeicherten (gelernten) Begriffen vergleicht. ASSOZAM kann nach Angaben seiner Erfinder als Hintergrundprozess für alle ueblichen Datenbanken eingesetzt werden und ist bei allen gängigen Betriebssystemen lauffaehig.
Anwendungen Neuronaler Netze: Objekterkennung in Bildsignalen unter Verwendung automatisierter Merkmalsauswahlverfahren
Die Arbeitsgruppe Theoretische Informatik unter der Leitung von Prof. Dr. Volker Sperschneider praesentiert ein System zur Interpretation digitaler Bildsignale, das im Rahmen eines Dissertationsvorhabens von Ute Matecki entwickelt und von der Firma Daimler Benz/Dornier gefoerdert wurde. Die Anwendung der Forschungsergebnisse zielt bisher auf die Erkennung von Objekten wie landwirtschaftliche Nutzflaechen, Gewaesser, Gebaeude oder Strassen auf Luftaufnahmen. Wie Prof. Sperschneider erlaeutert, ist das Projekt aber so allgemein ausgelegt, dass es zum Beispiel auch zur Interpretation medizinischen Bildmaterials, der Werkstueckerkennung oder in der Muellsortierung eingesetzt werden kann. Der Osnabruecker Wissenschaftler weiter: "Unser Modell basiert auf der Verwendung Neuronaler Netze, die sich durch ihre Lernfaehigkeit auszeichnen. Diese Netze - sie werden nicht programmiert, sondern trainiert - haben sich als geeignetes Werkzeug für solche Problemloesungen erwiesen, die sich nicht vollstaendig analytisch erfassen lassen. Konventionell programmierte Systeme greifen hier zu kurz." Nach Angaben von Prof. Sperschneider beruht der Lernerfolg eines Neuronalen Netzes auf der Auswahl der passenden Netzstruktur und einer geeigneten Reprasentation des zu verarbeitenden Datenmaterials. "In diesem Punkt erfordern bisherige Systeme eine Menge Feingefuehl und Handarbeit menschlicher Experten, die sich bei der Vielzahl unterschiedlichen Bildmaterials immer wieder neu in einer aufwendigen Experimentierphase in die Charakteristika der jeweiligen Vorlage hineindenken muessen", erlaeutert der Wissenschafter. So enthaelt das in der Arbeitsgruppe Theoretische Informatik entwickelte System Komponenten, die die zeitaufwendige Strukturierungsphase durch automatische Verfahren moeglichst weitgehend ersetzen sollen. Eingesetzt werden statistische, heuristische und genetische Methoden, die die jeweils wichtigsten Bildmerkmale einer bestimmten Art herausfinden. Prof. Sperschneider: "Herauszufinden, was die relevanten Merkmale eines Datensatzes sind, stellt die eigentliche Huerde dar, die der Anwender zu nehmen hat, wenn er ein Neuronales Netz für Problemloesungen trainieren will. Dazu muß er vielfaeltiges und schnell variierendes Datenmaterial, an das sich ein System stets aufs Neue anzupassen hat, bearbeiten."
Anwendungen Neuronaler Netze: Prognose von Abverkaufszahlen in einer Supermarktkette
Die Arbeitsgruppe Praktische Informatik unter der Leitung von Prof. Dr. Oliver Vornberger stellt auf der CeBIT eine Software-Entwicklung vor, mit der sich Prognosen über den Verkauf von Artikeln einer Supermarktkette vornehmen lassen. Prof. Vornberger: "Unsere Applikation setzt dabei nicht auf die bisher ueblichen statistischen Verfahren, sondern beruht auf dem Einsatz Neuronaler Netze, die die Gesetzmaessigkeiten des gerade bei Konsum- und Verbrauchsguetern scheinbar zufaelligen Kaeuferverhaltens erlernen koennen." Dazu werden dem Netz, so Prof. Vornberger, die bekannten Verkaufsdaten aus der Vergangenheit praesentiert und durch Zusatzinformationen wie zum Beispiel Preisveraenderungen, Werbeaktionen, Feiertage oder Ferien, die den Verkauf beeinflussen, ergaenzt. Der Wissenschaftler: "Das Neuronale Netz erlernt in der Trainingsphase die versteckten Gesetzmaessigkeiten zwischen den verschiedenen Einflußgroessen und kann dadurch auf das zukuenftige Verhalten schliessen." Die Arbeitsgruppe Praktische Informatik praesentiert dabei in Hannover exemplarisch einen Prototyp, der die Absatzvorhersage von 50 Artikeln aus der Gruppe der Getreideprodukte beschreibt. Die realen Daten für die Prognose stammen nach Angaben von Prof. Vornberger aus den Scannerkassen eines Supermarktes. Prof. Vornberger: "Zuverlaessige Prognosen sind unter betriebswirtschaftlichen Aspekten nicht zuletzt deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie beispielsweise dazu betragen koennen, Lagerhaltungskosten zu reduzieren."
Ganzheitliche Problemloesungen im Bereich des Informationsmanagements und Unternehmensfuehrung: Das Simulationswerkzeug Ooosim
Computergestuetzte Loesungen zur Optimierung von Unternehmensentscheidungen zu entwickeln, ist auch das zentrale Anliegen des Instituts für Informationsmanagement und Unternehmensfuehrung am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universitaet Osnabrueck. Prof. Witte: "Die Situation eines modernen Industrieunternehmens am Markt haengt entscheidend von der Qualitaet der Produktionssteuerung ab, die vor allem umfangreiche Planungsaufgaben erfordert. Der Versuch, die unterschiedlichen Planungsbereiche simultan in einem einzigen Schritt zu loesen, ist in der Praxis bisher an der Komplexitaet des Problems gescheitert. Der neuere Ansatz der Simulation, den wir über Ooosim realisiert haben, hat jedoch gute Ergebnisse geliefert." Oossim bildet, so Prof. Witte, einen Problembereich realitaetsnah nach. Dabei kombiniert Ooosim die notwendigen Informationen aus entsprechenden Datenbanken mit einer Methodenbank, die definiert, wie sich Daten im Zeitablauf andern. Zweiter Bestandteil des Simulationswerkzeugs ist die Objektorientierung. So koennen nach Angaben des Wirtschaftswissenschaftlers Programmzeilen, die für die Bearbeitung jeweils spezifischer Fragestellungen entwickelt wurden, auch bei anderen Simulationsobjekten eingesetzt werden.
Ganzheitliche Loesungen im Bereich des Informationsmangements und der Unternehmensfuehrung: Das Multimediale Orientierungs- und Informationssystem (Oris) und der Datenkonvertierungspool MIGROS
Das Institut für Unternehmensführung und Informationsmanagement wird auf der CeBIT ausserdem zwei weitere Projekte vorstellen: Oris steht als Abkuerzung für ein Mulitmediales Orientierungs- und Informationssystem, das an der Universitaet Osnabrueck die Suche nach Uni-Angehoerigen, Raeumen, Institutionen, Gebaeuden und Organisationseinheiten per Computer ermoeglicht. Institutsdirektor und Projektleiter Prof. Dr. Peter Stahlknecht: "Der Benutzter kann dabei nicht nur auf Text, sondern auch auf Bilder, Grafiken, Video und Sound zurueckgreifen. Die Eingabe erfolgt ueber einen Touchscreen, so daß keine Computerkenntnisse notwendig sind."
Das Projekt MIGROS, das unter der Leitung von Prof. Dr. Bodo Rieger entstanden ist, vereinfacht die Verwaltung von Daten. Ein Datenkonvertierungspool bietet, so der Wissenschafter, nicht nur die Moeglichkeit, herkoemmliche Dateiformate kurzfristig an die jeweilige Software anzupassen, sondern langfristig auch ohne Programmieraufwand unter einer Windowsoberfläche in relationalen, d.h. untereinander verknüpften, Strukturen abzuspeichern.
Die Wissenschaftler der Universitaet Osnabrueck stellen ihre Projekte bei der CeBIT 1996 in Hannover auf dem Gemeinschaftsstand der Niedersaechsischen Hochschulen vor. Er befindet sich in Halle 22 (Stand B 34).
Kontaktadressen an der Universitaet Osnabrueck:
Prof. Dr. Thomas Witte, Fachbereich Wirtschaftswissenschaften, Institut für Unternehmensfuehrung und Informationsmanagement, Katharinenstrasse 3, 49069 Osnabrueck, Telefon (0541) 969-4810, Fax (0541) 969-4840
Prof. Dr. Dr. Roland Zielke, Fachbereich Mathematik/Informatik (Angewandte Informatik), Arbeitsgruppe Assoziativspeicher, Albrechtsrasse 16, 49069 Osnabrueck, Telefon (0541) 969-2539, Fax (0541) 969-2770
Prof. Dr. Volker Sperschneider, Fachbereich Mathematik/Informatik, Arbeitsgruppe Theoretische Informatik, Albrechtsrasse 28, 49069 Osnabrueck, Telefon (0541) 969-2478, Fax (0541) 969-2770
Prof. Dr. Oliver Vornberger, Fachbereich Mathematik/Informatik, Arbeitsgruppe Praktische Informatik, Albrechtsrasse 28, 49069 Osnabrueck, Telefon (0541) 969-2481, Fax (0541) 969-2770
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Information technology, Mathematics, Physics / astronomy
transregional, national
Research projects
German
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