Pressemitteilung 1/1998 (Sperrfrist Freitag, 13.2.1998 17.00 Uhr)
Das Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht macht heute unter den Internet-Adressen "http://www.virtual-institute.de" und "http://www.mpiv-hd.mpg.de" das erste Teilprojekt des hier konzipierten "Virtuellen Instituts" für die externe Nutzung zugänglich. Damit werden die wissenschaftlichen Dienstleistungen des Instituts der interessierten Fachöffentlichkeit auch im Internet zur Verfügung gestellt.
Das "Virtuelle Institut" steht für ein umfassendes Gesamtkonzept mit Pilotcharakter im Bereich der Geisteswissenschaften. Sein Ziel ist es, einer interessierten Fachöffentlichkeit den schnellen und effizienten Zugriff auf umfassende Datensätze zu ermöglichen. Es umfaßt die Archivierung, Erschließung und Bereitstellung eigener sowie umfangreicher Dokumente und Informationen anderer Anbieter auf den Gebieten des Völkerrechts und ausländischen öffentlichen Rechts. Mittels eines weitgespannten internationalen Netzes von Kooperationen und "virtuellen Mitarbeitern" soll das "Virtuelle Institut" auf bisher einzigartige Weise technische Entwicklungsarbeit mit rechtswissenschaftlicher Forschung verbinden.
Als neuartige Institution soll das "Virtuelle Institut" am MPIV in zwei Schritten etabliert werden. In der ersten Phase ermöglicht eine neue Homepage den direkten Zugriff auf den Bibliothekskatalog des Institutes über das World Wide Web (WWW). Sein neuer OPAC (Online Public Access Catalogue) erschließt den außergewöhnlichen Literaturbestand der Bibliothek über herkömmliche Suchkriterien wie Autor und Titel. Er unterscheidet sich von den OPACs anderer Bibliotheken durch die einzigartige thematische Suchmöglichkeit sowie die integrierte umfangreiche Zeitschriftenbibliographie. Diese ermöglicht die Literaturrecherche nach der Systematik der renommierten, vom MPIV herausgegebenen bibliographischen Zeitschrift "Public International Law" (PIL), ergänzt durch die Aufbereitung von Literatur zu nationalen Rechten und Rechtsvergleichung sowie der Allgemeinen Abteilung der Institutsbibliothek, sowie den elektronischen Zugriff auf den "World Court Digest", der ebenfalls am MPIV erscheint. Eine einzige Suchmaske ermöglicht die Recherche in der Gesamtdatenbank sowie ihren sämtlichen Teilbereichen und gewährleistet ein optimales Suchergebnis. Darüber hinaus eröffnet die neue Homepage über systematisch erschlossene Links gezielte Recherchemöglichkeiten in juristisch relevanten Datenbeständen im WWW.
Das Internet ist ein schnellebiges Medium, in dem Nachrichten oft ergänzt, verändert oder entfernt werden. Eine Quellenangabe, die sich auf das Internet stützt, läuft Gefahr, in kurzer Zeit nicht mehr verfügbar zu sein. Hinzu kommt, daß viele rechtswissenschaftliche Fragestellungen z.B. der internationalen Rechtsvergleichung, längere Beobachtungszeiträume erfordern. Der Verlust des Quellenmaterials in relativ kurzen Abständen ist ein bedeutendes Hindernis für die wissenschaftliche Nutzung des WWW. Gleichzeitig aber wächst die Menge ausschließlich im WWW publizierter Informationen exponentiell an.
Darum werden im zweiten Schritt die Leistungen des "Virtuellen Institutes" durch die Langzeitarchivierung des Datenmaterials auf dem Institutsserver und den Einsatz einer Volltextdatenbank ergänzt. Sie gestattet eine Volltextrecherche in allen erfaßten Dokumenten, die die Kapazität herkömmlicher Suchmaschinen weit übersteigt. Allgemein orientierte Suchmaschinen beschränken ihre Indizierung in der Regel auf die ersten Zeilen eines Dokumentes. Das MPIV plant dagegen die Erfassung und Indizierung des Gesamttextes der erfaßten Datensätze. Ein multilingualer Thesaurus soll das Angebot des Institutes vervollständigen, damit die Suche nach wissenschaftlich relevantem Material nicht an den Hindernissen einer fremden Orthographie scheitert. Für den Nutzer bedeutet das eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit bei hohem Differenzierungsgrad und weitgehender Einschränkung von Zufallstreffern. Außerdem wird die Spiegelung internationaler Server in das lokale System des MPIV angestrebt, um Recherche- und Zugriffsmöglichkeiten zu erweitern.
Es liegt im Interesse der wissenschaftlichen Fachöffentlichkeit, eine möglichst große Anzahl von Dokumenten in zuverlässiger Form schnell und sicher verfügbar zu machen. Daten, die in international anerkannten Gutachten und Gerichtsverfahren zitiert werden, müssen originär sein und vor dem Zugriff Unbefugter und gezielter Manipulation wirksam geschützt werden. Urheberrechte müssen gewahrt bleiben. Darum beabsichtigt das MPIV, die von ihm aufbereiteten und indizierten Quellen durch entsprechende Verfahren zu sichern und so deren Originalität zu garantieren.
Bei der Informationsbeschaffung setzt das MPIV auf ein Konzept der "virtuellen Mitarbeiter". Es umschreibt ein Kooperationssystem, für das weltweit Mitarbeiter gewonnen werden sollen, die, ohne direkt am MPIV angestellt zu sein, das Institut mit Datenmaterial versorgen. Mit ihrer Hilfe sollen laufend neue Ressourcen erschlossen, kopiert, bearbeitet und auf dem Institutsserver zur Verfügung gestellt werden. Ihre Kooperation erfolgt auf freiwilliger Basis mit dem Anreiz privilegierter Zugangsrechte zu Informationen aus Datenbanken und CD-Roms des Institutes. "Virtuell" sind sie nur als Mitarbeiter des MPIV in Heidelberg, von dem sie räumlich und institutionell getrennt arbeiten.
Die beiden klassischen Säulen des MPIV, wissenschaftliche Forschung und seine traditionsreiche Bibliothek, werden mit dem EDV-Bereich um eine dritte ergänzt, die das Institut in der Fachwelt noch attraktiver machen wird. Das MPIV in Heidelberg ist eine erste Adresse auf seinem Gebiet und aufgrund optimaler Bedingungen im Haus begehrter Arbeitsplatz für Gastwissenschaftler aus aller Welt. Als "virtuelle Mitarbeiter" erhalten diese nun die Möglichkeit, sich über ihren Aufenthalt in Heidelberg hinaus aktiv an der Forschungsarbeit des Institutes zu beteiligen und seine Ressourcen zu nutzen. In Verbindung mit "virtuellen" Expertenforen und mailing lists sollen so neue Formen wissenschaftlichen Austausches entstehen.
Die enge Zusammenarbeit mit anderen Forschungsreinrichtungen innerhalb und außerhalb der Max-Planck-Gesellschaft, mit Universitätseinrichtungen, juristischen Institutionen weltweit, aber auch der Industrie, insbesondere auf dem Gebiet der Softwareentwicklung und -betreuung, soll inhaltlich die möglichst vollständige Erfassung relevanter Daten und technisch die optimale Umsetzung der wissenschaftlichen Ansprüche sichern. Weitreichende Kooperationen tragen außerdem dazu bei, Reibungsverluste durch Entwicklungswettläufe und unkoordinierte Überschneidungen zu vermeiden, um von vielfältigen Synergieeffekten zu profitieren.
Das exponentielle Wachstum publizierter Informationen in traditionellen Printmedien und zunehmend in elektronischer Form macht auch im Bereich der Rechtswissenschaften den Einsatz von EDV unverzichtbar. Das "Virtuelle Institut" vermittelt nicht nur Dokumente, die mit entsprechender Zeitverzögerung auch auf konventionellem Weg erreichbar wären, sondern vor allem auch Daten, die ausschließlich im Internet angeboten werden.
Die besondere Leistung des MPIV liegt in der systematischen Erschließung eines ausgesprochen heterogenen Datenmaterials und seiner wissenschaftlichen Aufbereitung. Es leistet Aufbauarbeit und Grundlagenforschung in dreierlei Hinsicht. Zum ersten im Bereich der technischen Umsetzung, der Entwicklung und Implementierung technischer Lösungen für völlig neuartige Probleme. Zweitens werden auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes neue Modelle interner Schulungen, der Mitarbeitermotivation und internationaler Kooperation gefunden und erprobt. Aus wissenschaftlicher Perspektive erschließen sie drittens bisher beispiellose Mengen juristischer Quellen und Literatur, führen sie der Forschung zu und schaffen damit die Voraussetzungen zur Bearbeitung neuer Themen und Sachgebiete.
D - 69120 Heidelberg Im Neuenheimer Feld 535 Telefon 06221 482-1 E-mail: Information@mpiv-hd.mpg.de
Für Rückfragen und ergänzende Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
D. Bussmann
Criteria of this press release:
Information technology, Social studies
transregional, national
Research projects
German
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