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04/09/2008 09:07

Die Zukunft liegt im Quartier

Ute Friedrich Pressestelle
Bertelsmann Stiftung

    Gütersloh, 9. April 2008. Der demografische Wandel ist radikal. Er erfordert neue Antworten und die Bündelung aller Kräfte vor Ort bei den Menschen. Die Hilfe und Versorgung älterer, hilfsbedürftiger Menschen muss in Zukunft lokal, also im Quartier, geregelt und koordiniert werden. So die Kernbotschaft des "Netzwerks: Soziales neu gestalten" (SONG) der Bertelsmann Stiftung in seinem jetzt erschienenen Positionspapier.

    Ausgangpunkt für die im Netzwerk erarbeiteten Positionen ist die folgende Prognose: Die Gruppe der "jungen Alten" wird im Jahr 2030 um rund fünf Millionen Menschen steigen. Die Zahl der über 80-Jährigen wird von heute drei Millionen auf fast acht Millionen im Jahr 2050 wachsen. Diese Entwicklung stellt eine große Herausforderung dar, denn mit stei­gendem Lebensalter steigt auch das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Gleichzeitig nimmt die Zahl der jüngeren Menschen kontinuierlich ab. Familienstrukturen, die heute noch die Pflege von Angehörigen sicherstellen, werden sich weiter verändern. Heute ist die Betreu­ung älterer Menschen ein unüberschaubares Gebilde aus verschiedenen Leistungsberei­chen, politischen Ideen, Planungen, Verwaltungsstrukturen und Budgets. Die einzelnen Angebote im Quartier (dabei kann es sich um ein Siedlungsgebiet, ein städtisches Wohn­gebiet oder ein Dorf handeln) sind weder koordiniert noch vernetzt.

    Vernetzter Sozialraum - das Quartier

    Wie könnte ein funktionierendes Quartier aussehen? Die ganze Palette der ambulanten Pflege mit teilstationären Angeboten, betreuten Pflegewohngruppen wie Wohngemein­schaften, aber auch stationären Einrichtungen sollte wohnortnah organisiert sein und zu­sammenarbeiten. Das kann nur gelingen, wenn nicht weiterhin große, mit dem Sozialraum nicht vernetzte Pflegeeinrichtungen gebaut werden. Zudem müssen die Bürger aktiv in die Stadtteilentwicklung eingebunden werden.

    Mit einer Netzwerkstrategie kann das Nebeneinander der verschiedenen Akteure koordi­niert und zusammengebracht werden. Kooperationen auf örtlicher Ebene wie etwa Pro­duktionsküchen für Kindertagesheime, Schulen sowie Alteneinrichtungen, Bürger- und Mehrgenerationenhäuser sowie Sport- und Familientreffs können wirtschaftliche Effizienz­vorteile bringen und das soziale Miteinander stärken. Die Wohnungen müssen baulich an­gepasst, Neubauten barrierefrei errichtet werden. In den Quartieren sollten zudem unter­schiedliche Wohnungsgrößen bereitgestellt werden.

    Für die Entwicklung neuer Wohnangebote ist eine enge Kooperation zwischen Wohl­fahrtspflege, Wohnungsunternehmen, Kommunen und lokalen Initiativen notwendig - und zwar so früh wie möglich. Die Angebote der Seniorenbetreuung, besonders zur sozialen Integration und gesundheitlichen Vorsorge und Pflege/Betreuung, sowie die absehbar notwendigen infrastrukturellen Investitionen in den anderen sozialen Aufgabenfeldern müssen auf Stadtteilebene besser vernetzt werden. Die Netzwerkpartner sehen in dieser Ausrichtung ein herausragendes Qualitätsmerkmal der Angebote der Freien Wohlfahrts­pflege.

    Vielfalt wichtig

    Selbstbestimmung und Teilhabe für die hilfebedürftigen Menschen werden vor allem dann realisierbar, wenn möglichst viel Wahlfreiheit unter den Hilfsangeboten und die Möglichkeit zur Mitgestaltung der individuellen Hilfearrangements besteht.

    Diese Anforderungen sind nur mit einer Pluralität des Dienstleistungsangebots erfüllbar, was eine ausreichende unternehmerische Handlungsfreiheit der Leistungserbringer erfor­dert.

    Damit diese Ansätze gelingen können, ist ein Paradigmenwechsel an mehreren Stellen erforderlich. Da sind zunächst die Träger der Wohlfahrtspflege. Sie müssen weg von ihrer Investoren- und Dienstleisterrolle und sich zu gemeinwesenorientierten Akteuren entwi­ckeln. Die Akteure vor Ort müssen lernen, dass sie nicht gegeneinander sondern im Netz­werk miteinander arbeiten. Das heißt konkret: Konkurrenzen abbauen und Kooperationen leben, den Hilfemix professionell moderieren und managen, neue Schulungskonzepte für die Mitarbeiter entwickeln, akzeptieren, dass die Quartiersbewohner die Dienstleistung bestimmen und an deren Erbringung mitwirken und auch die Freiwilligenarbeit anerken­nen.

    Kommunen gefragt

    Auch die Kommunen sind gefordert. Nur wenn das Zusammenspiel der Kommunen mit anderen Akteuren wie sozialen Dienstleistungsunternehmen, öffentlichen Leistungsträgern sowie den Bürgern klappt, hat das Altenhilfe-, Gesundheits- und Pflegesystem des Quar­tiers eine Zukunft. Mit folgenden Instrumenten sollten die Kommunen den Prozess bei­spielweise fördern: Sie sollten eine integrierte Sozialraumanalyse mit Indikatoren für ge­meinwesenorientiertes Handeln etablieren, ämter- und ressortübergreifende Kooperation ermöglichen, Entscheidungsbefugnisse der Akteure auf Quartiersebene gewährleisten, Gemeinschaftsräume und Gemeinwesenarbeit in Quartiersprojekten bereitstellen und fi­nanzieren, Initiativen bei der Standortsuche unterstützen, Kooperationen der Akteure vor Ort durch Investitionen fördern, Runde Tische zu "Wohnen und Betreuung" einrichten und einen überregionalen Austausch zwischen projekterfahrenen Kommunen organisieren.

    Gemeinwesenarbeit finanzieren

    Was den Bund und die Länder angeht, so sieht das Netzwerk SONG in drei Bereichen Veränderungsbedarf. Zum einen sollten neue soziale Netzwerke durch die Finanzierung einer Gemeinwesenarbeiterstelle unterstützt und das Quartiersmanagement gefördert werden. Weiterhin soll ein aktivierendes und flexibles Leistungsrecht geschaffen werden. Zum Beispiel indem Leistungsbereiche durchlässig gestaltet und Leistungen modularisiert werden. Eine Entkopplung von Wohnen und Hilfe einerseits sowie die Honorierung von Gemeinwesenorientierung und Kooperation durch das Pflegesatzsystem andererseits sind eine weitere Finanzierungsoption. Nicht zuletzt sollten Bund und Länder den ordnungs­rechtlichen Rahmen flexibel gestalten. Im Heimrecht könnten beispielweise Abgrenzungs­kriterien für neue Wohnformen festgelegt werden. Außerdem sollten die Kommunen fach­lich unterstützt werden. Auch Steuerungsmöglichkeiten über baurechtliche Genehmigung und Investitionsförderung könnten genutzt werden.

    Kontakt:

    Netzwerk:Soziales neu gestalten
    Bertelsmann Stiftung
    Aktion Demographischer Wandel
    Gerhard Krayss
    Carl-Bertelsmann-Str. 256
    33311 Gütersloh

    Telefon:05241-81-81336
    E-Mail: gerhard.krayss@bertelsmann.de

    Partner im Netzwerk SONG
    Bank für Sozialwirtschaft AG, Köln
    Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
    Bremer Heimstiftung, Bremen
    CBT - Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH, Köln
    Evangelisches Johanneswerk e.V., Bielefeld
    Stiftung Liebenau, Meckenbeuren-Liebenau


    More information:

    http://www.zukunft-quartier.de - Download des Positionspapiers und weitere Informationen zum Netzwerk SONG


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Law, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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