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04/11/2008 16:38

Trennung von Nervenfasern wichtig für Muskelsteuerung

Stefan Weller Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

    Forscher am European Neuroscience Institute Göttingen finden Details zur Spezialisierung von Nervenfasern, die Bewegungsabläufe koordinieren. Die Ergebnisse erscheinen am 11. April 2008 in der Printausgabe der Zeitschrift "Science".

    (umg) Gehen, Schwimmen oder Klavierspielen - jede Art von Bewegungsablauf ist nur möglich, wenn die Muskeln die richtigen Impulse ('motorische' Befehle) bekom-men. Hoch spezialisierte Nervenbahnen steuern die Bewegung, indem sie die Musku-latur direkt mit dem Nervensystem verbinden. Damit eine Bewegung wie "Laufen" koordiniert gesteuert ablaufen kann, müssen motorische "Befehle" und sensorische "Eindrücke" (Rückmeldung, in welchem Zustand der Muskel sich befindet) innerhalb der Nervenbahnen streng getrennt erfolgen. Die Göttinger DFG Emmy Noether For-schergruppe um Dr. Till Marquardt, Leiter der Forschungsgruppe Entwicklungsneuro-biologie am European Neuroscience Institute (ENI-G) Göttingen hat jetzt herausge-funden, wie es zu der getrennten Ausbildung von motorischen und sensorischen Ner-venfasern kommt. Die Arbeiten erfolgten in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Prof. Sam Pfaff und Prof. Greg Lemke am Salk Institute, San Diego (USA). Die Ergebnisse wurden am 11. April 2008 in der Print-Ausgabe des renommierten Wis-senschaftsmagazins "Science" veröffentlicht.

    Originalveröffentlichung: Gallarda, B., Bonanomi, D., Müller, D., Brown, A., Alaynick, W.A., Lemke, G., Pfaff, S.L. and Marquardt, T. Segregation of axial sensory and motor pathways through heterotypic trans-axonal signaling. Science 321 (April 11) 2008.

    Die neuen Kenntnisse aus der Grundlagenforschung über die Signalmechanismen zwischen motorischen und sensorischen Nervenfasern könnten für die Entwicklung von Therapien bei Verletzungen von Nervenbahnen von Bedeutung sein. So genannte "Motorfasern" leiten die Nervenimpulse an die Muskulatur. "Sensorische Fasern" sind dafür zuständig, Sinnesinformationen wie Schmerz oder Temperatur von Muskulatur, Bindegewebe und Haut an das zentrale Nervensystem zu leiten. Wie wichtig dieses ausgeklügeltes Zusammenspiel ist, zeigt sich, wenn eine Verletzung die Nervenbah-nen vermischt. Die Folgen sind chronische Schmerzen und auch die Fähigkeit sich zu bewegen ist schwer eingeschränkt.

    Motorische und sensorische Fasern wachsen während der Embryonalentwicklung zunächst gemeinsam aus. Wie kommt es dann zur Trennung der verschiedenen Ner-venfasertypen und der so wichtigen Spezialisierung? "Wir haben zunächst das Wachs¬ tum von Nerven in der Kulturschale untersucht", sagt Dr. Till Marquardt. Ein neu ent-wickeltes Verfahren ermöglichte es den Forschern, motorische und sensorische Fa-sern voneinander zu unterscheiden und ihr Wachstum unter dem Mikroskop zu verfol-gen. Dabei konnten die Forscher beobachten, wie sich die isolierten Nervenfasern spontan in streng getrennte Nervenbahnen verschiedener Typen aufteilten. Dieses Verhalten hatten sie vorher genau so in Versuchstieren beobachtet (siehe Abbildung).

    "Die Trennung in sensorische und in motorische Fasertypen beruht auf einer gegenseitigen Abstoßung", sagt Till Marquardt. Vermittelt wird die gegenseitige Ab-stoßung durch das Zusammenspiel zweier Eiweißmoleküle, die jeweils auf der Ober-fläche der motorischen und sensorischen Fasern liegen. Das Eiweißmolekül auf den sensorischen Fasern (ephrin-A) funktioniert dabei als Abstoßungs-Signal. Es wirkt wiederum direkt auf spezifische Eiweißmoleküle (EphA-Rezeptoren) auf den motori-schen Fasern.

    Der Gegentest brachte den Forschern weitere Erkenntnisse: Das gezielte Entfernen der EphA-Rezeptoren führte zu einem 'Kurzschluss' im Nervenschaltkreis: Motorfa-sern wuchsen nicht wie normalerweise zur Muskulatur. Stattdessen wuchsen sie in die sensorischen Bahnen und sendeten ihre Nervenimpulse somit an die falsche Stelle. "Die aktive gegenseitige Abstoßung von motorischen und sensorischen Nervenfasern während ihres Wachstums zur Muskulatur ist also von essenzieller Bedeutung für den Aufbau der Nervenschaltkreise, die Bewegungsabläufe steuern", sagt Till Marquardt.

    ENI Arbeitsgruppe Entwicklungsneurobiologie. Koordinierte Bewegungen erfor-dern die präzise Verschaltung von Motoneuronen und sensorischen Neuronen mit der Skelettmuskulatur. Ziel der Forschungsgruppe ist es, zu verstehen, wie die Verbin-dungen zwischen motorischen und sensorischen Neuronen im Verlauf der Embryo-nalentwicklung ausgebildet und schließlich zu funktionsfähigen Schaltkreisen ver-knüpft werden. Die Arbeiten der Forschergruppe werden von der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Emmy Noether Programms gefördert.

    Das European Neurosciences Institute Göttingen (ENI-G) besteht seit Juni 2003 und beherbergt derzeit sechs Forschungsgruppen. Sie werden durch die Universi-tätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität, und die Max-Planck-Gesellschaft gefördert. Ziel ist die Förderung talentierter Nachwuchswissenchaftler auf ihrem Weg zu eigenständiger Forschung.

    WEITERE INFORMATIONEN:
    European Neuroscience Institute Göttingen (ENI-G), Grisebachstr. 5, 37077 Göttingen
    Dr. Till Marquardt, Leiter der Arbeitsgruppe Entwicklungsneurobiologie,
    Telefon: 0551 39-13400, tmarqua@gwdg.de, wwwuser.gwdg.de/~tmarqua/


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    Gegenseitige Abstoßung von moto-rischen (grün) und sensorischen Fasern (rot) im Mausembryo (links) und in der Kulturschale (rechts).
    Gegenseitige Abstoßung von moto-rischen (grün) und sensorischen Fasern (rot) im Mausembryo (links) u ...
    Foto: ENI Göttingen
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    Dr. Till Marquardt, Leiter der Forschungsgruppe Entwick-lungsneurobiologie am Euro-pean Neuroscience Institute (ENI) Göttingen, mit Mitarbeiter Daniel Müller.
    Dr. Till Marquardt, Leiter der Forschungsgruppe Entwick-lungsneurobiologie am Euro-pean Neuroscience ...
    Foto: ENI Göttingen
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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Sport science
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Gegenseitige Abstoßung von moto-rischen (grün) und sensorischen Fasern (rot) im Mausembryo (links) und in der Kulturschale (rechts).


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    Dr. Till Marquardt, Leiter der Forschungsgruppe Entwick-lungsneurobiologie am Euro-pean Neuroscience Institute (ENI) Göttingen, mit Mitarbeiter Daniel Müller.


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