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10/19/2000 18:41

"Nächtliche Wanderung" - ein Geschenk Heidelberger Sinologen an Nobelpreisträger Gao

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Das Sinologische Seminar der Universität Heidelberg machte dem Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2000 ein Geschenk - Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik überreichte dem chinesischen Schriftsteller Gao Xingjian das Buch "Nächtliche Wanderung" mit Reflektionen Gaos zum Theater - Eine Gruppe Heidelberger Sinologen hatte das Werk in den vergangenen Tagen übersetzt

    Das Sinologische Seminar der Universität Heidelberg machte dem Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2000, Gao Xingjian, ein Geschenk: Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik überreichte dem chinesischen Schriftsteller das neue Buch "Nächtliche Wanderung", das eine Gruppe Heidelberger Sinologen in den vergangenen Tagen übersetzt hatte. Auf der Pressekonferenz der Frankfurter Messegesellschaft am 18.10.2000 trafen Übersetzer und Verleger des Buchs mit Gao Xingjian zusammen. Prof. Weigelin-Schwiedrzik betonte im Gespräch mit Gao Xingjian, dass es angesichts fehlender Informationen und der eher zurückhaltenden Reaktionen in der deutschen Presse unbedingt nötig sei, die Diskussion über sein Werk zu fördern, indem der deutschen Öffentlichkeit lesbare Texte zugänglich gemacht werden. Gao Xingjian bedankte sich bei den anwesenden Übersetzern für die Initiative und lobte die seiner Meinung nach gelungene Auswahl der Texte.

    Hektische Tage in Heidelberg

    Seitdem am Donnerstag, 12. Oktober 2000, in Stockholm mitgeteilt wurde, dass der chinesische Schriftsteller Gao Xingjian den diesjährigen Nobelpreis für Literatur erhält, stehen im Sinologischen Seminar der Universität Heidelberg die Telefone nicht mehr still. Endlich hat ein chinesischer Schriftsteller den Nobelpreis bekommen, und das, obwohl ihn keiner kennt. Jetzt mussten die Sinologen sich an die Arbeit machen und die Öffentlichkeit über diesen zurückgezogen in Paris lebenden Autor informieren. Auf den Gängen des Seminars herrschte ein reges Treiben, in der Bibliothek filmte ein Team des Hessischen Rundfunks ein Interview mit Prof. Rudolf G. Wagner, im vierten Stock wurde bis tief in die Nacht gearbeitet.

    Die Professorin für Moderne Sinologie, Prorektorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik, übersetzte mit einer Gruppe von Sinologinnen und Sinologen Essays von Gao Xingjian und fand mit der Edition Mnemosyne einen Verlag, der garantierte, das Buch bis zu Gaos Besuch auf der Buchmesse in Frankfurt herauszubringen. Am Dienstagmorgen war es so weit, alle Übersetzungen lagen vor, das Layout war fertig. Über Telefon wurden die Dateien an den Drucker nach Bamberg geschickt, und schon wenige Stunden später waren dank digitalem Druckverfahren die ersten 30 Exemplare gedruckt.

    Gao Xingjian: vor allem als Dramatiker hervorgetreten

    Gao Xingjian (geb. 1940) hat mehrere große autobiografische Romane vorgelegt, die zwar ins Französische und Englische übersetzt wurden, aber bisher nicht ins Deutsche. Vor allem ist er aber als Dramatiker hervorgetreten, der die traumatischen Erfahrungen seiner Generation mit den Mitteln absurden Theaters zum Ausdruck bringt. Dabei greift er auf das Arsenal traditioneller chinesischer Theaterkunst zurück, setzt sich aber auch mit verschiedenen Autoren der westlichen Moderne (Beckett, Brecht, dem nouveau roman) auseinander.

    Von seinen frühen Theaterstücken wurden in Deutschland in den achtziger Jahren einige inzwischen vergriffene Übersetzungen vorgelegt. Um dem deutschen Publikum einen angemesseneren und substanzielleren Eindruck vom Werk Gao Xingjians zu verschaffen, übersetzten Martin Gieselmann, Andrea Janku, Andrea Riemenschnitter, Irmy Schweiger und Susanne Weigelin-Schwiedrzik vier bisher unübersetzte Texte Gaos zur Frage des Theaters sowie einen in der Volksrepublik China veröffentlichten Text über ihn jetzt rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse.

    Dabei handelt es sich um Reflektionen über das Theater, die Gao Xingjian als Kenner der europäischen Theaterszene und der chinesischen Tradition ausweisen. Auf der Suche nach einer der Moderne entsprechenden Form des Theaters setzt er sich mit der Rolle des Schauspielers, des Regisseurs und des Autors auseinander. Der einzige seit 1989 in der Volksrepublik China veröffentlichte Text über Gaos Theorien von Zhao Yiheng, der ihn im Kontext des Zen-Buddhismus darstellt, bildet zusammen mit einem informativen Nachwort von Natascha Vittinghoff den Abschluss des Bandes.

    Langjährige Verbundenheit der Heidelberger Sinologen zu Gao Xingjian

    Mit der Buchveröffentlichung unterstreicht das Sinologische Seminar die seit vielen Jahren bestehende Verbundenheit zu Gao Xingjian. 1988 hatten Studierende des Seminars die Uraufführung des Theaterstücks "Das andere Ufer" von Gao auf die Bühne gebracht, Gao hat an mehreren von Prof. Dr. Rudolf G. Wagner organisierten Konferenzen zur modernen chinesischen Literatur in Heidelberg teilgenommen und war zuletzt im März 2000 der Einladung von Dr. Andrea Riemenschnitter zu einem Workshop über modernes chinesisches Theater am Sinologischen Seminar gefolgt. Dass der gern gesehene Gast eines Tages den Nobelpreis erhalten würde, hat jedoch keiner am Sinologischen Seminar erwartet. So betonte auch Gao auf der Pressekonferenz, er selbst sei von der Entscheidung völlig überrascht gewesen und hätte erst vor wenigen Tagen erfahren, dass die Stockholmer Juroren bereits seit zehn Jahren seine literarische Entwicklung verfolgen. Im Gegensatz zu den vielen anderen Namen, die seit Jahren gehandelt werden - darunter auch der chinesische Lyriker Bei Dao -, war Gaos Name bis zum 12.10.2000 wohl nicht in die Öffentlichkeit gelangt. Bleibt zu hoffen, dass der Nobelpreis ihn nun nicht nur für einige Stunden ins Rampenlicht stellt, sondern seine Werke auch über die Buchmesse hinaus eine größere Aufmerksamkeit erfahren.

    Gao Xingjian: Nächtliche Wanderung, übersetzt von Martin Gieselmann, Andrea Janku, Andrea Riemenschnitter, Irmy Schweiger und Susanne Weigelin-Schwiedrzik. Mit einem Nachwort von Natascha Vittinghoff, ca. 144 Seiten, brosch., mit einer Grafik von Gao Xingjian. GS 3 B, ISBN 3-934012-08-6, 28 DM

    Ab dem 25.10.2000 im Buchhandel erhältlich

    Rückfragen bitte an:
    Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik,
    Martin Gieselmann u.a.,
    Tel. 06221 547638 oder 547487
    Fax 06221 547639
    sws@gw.sino.uni-heidelberg.de

    oder:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Criteria of this press release:
    Art / design, Language / literature, Music / theatre, Social studies
    transregional, national
    Personnel announcements, Scientific Publications
    German


     

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