88/97- 25. August 1997
Ministerpräsident Eichel auf "Sommerreise" durch innovative Betriebe Nordhessens In Forschungskooperation GhK - Wirtschaft entstanden: Neuro-Regler zur Prozeßsteuerung
Infos zum Thema:Prof. Dr.-Ing. Heinz Theuerkauf,T: (0561) 804-6349 Kassel.
Ein Beispiel gelungener Kooperation zwischen Universität und Unternehmen besuchte Hessens Ministerpräsident Hans Eichel am 2. September auf seiner sogenannten "Sommerreise", die er zu innovativen Unternehmen des Landes unternimmt. Prof. Dr.-Ing. Heinz Theuerkauf, Universität Gesamthochschule Kassel (GhK), und H. G. Rühl, Geschäftsführer der Firma Resotek, Realtime Software Technik, präsentierten gemeinsam in den Räumen des Baunataler Unternehmens das Ergebnis ihrer Kooperation - eine in ein marktfähiges Produkt umgesetzte Forschungsleistung. Vorgestellt wurde ein im Institut von Theuerkauf entwickelter Neuro-Regler, integriert in ein von der Firma Resotek hergestelltes Prozeßsteuerungssystem. Der Neuro-Regier basiert auf Erkenntnissen aus den Verfahren der künstlichen neuronalen Netze und der Regelungstechnik. Er zeichnet sich durch Lernfähigkeit und Fehlertoleranz aus. Auch bei schwer faßbaren Prozessen der Verfahrenstechnik sind die miteinander verschalteten künstlichen Neuronen in der Lage, den Prozeß optimal zu steuern. Schwankungen von Qualität, Temperatur oder Zusammensetzung des im Produktionsprozeß zu verarbeitenden Materials werden erfaßt und berücksichtigt. Der Neuro-Regler paßt sich innerhalb kürzester Zeit dem Prozeßverhalten selbsttätig an. Damit lassen sich Inbetriebnahmezeiten verkürzen und die Produktivität gegenüber klassischen Verfahren deutlich erhöhen. Die in Theuerkaufs Institut für Elektrische Energietechnik/Antriebstechnik (IEE-AT) entwickelten Neuro-Regler können zur Regelung elektrischer Antriebe, aber auch bei Antriebsaggregaten im Auto sowie bei industriellen Prozessen aus dem Bereich der Verfahrenstechnik eingesetzt werden. Für Theuerkauf ein Beleg praxisnaher Forschung an der Universität. So wurden zunächst im Rahmen von Doktorarbeiten die theoretischen Grundlagen zur Regelung technischer Systeme mittels dynamischer neuronaler Netze entwickelt und diese dann in einem Industriebetrieb versuchsweise zur Prozeßsteuerung eingesetzt. Die weitere Entwicklung bis hin zum industrietauglichen Regelgerät wurde in der GhK in Abstimmung mit Resotek durchgeführt.
,Mir reicht die Herstellung von Prototypen nicht aus", so Theuerkauf. ,Das führt zu keiner wirklichen Entlastung der Unternehmen, die dann die industrielle Vorentwicklung fortführen und baubar machen müssen." Allerdings müsse die Organisationsstruktur der Hochschule diese Arbeitsweise besser als bisher unterstützen und zu einer engen Kooperation zwischen Grundlagenforschung, Anwendungsforschung und industrieller Entwicklung beitragen. ,Damit könnten Hochschulen noch verläßlichere Entwicklungspartner der Wirtschaft sein," so Theuerkauf weiter. Daß sich dies lohnt, belegten nicht nur Ergebnisse wie der Neuro-Regier; auch wegen besserer Berufschancen der Absolventen und des Arbeitsplatzeffekts, allein in der Forschung, sei dies unabdingbar. Von den fünf Wissenschaftlichen Mitarbeitern im IEE-AT sind drei, von den acht technischen Angestellten sieben aus Drittmitteln finanziert. ,Beispiele gelungener Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft, in denen aus Forschungsergebnissen oder Entwicklungsarbeiten von Nachwuchswissenschaftlern marktreife Produkte entstehen und realisiert werden, sind ein wichtiger Impuls für beide Seiten", unterstrich auch Hochschulpräsident Prof. Dr. Hans Brinckmann. ,Allerdings bestehen oft zahlreiche Blockaden auf diesem Weg, die von beiden Seiten abgebaut werden müssen", so der Hochschulpräsident weiter.
Beiden Seiten fehle mitunter das Verständnis für die Arbeitsweise und Bedingungen des jeweils anderen, die in den Hochschulen entwickelten Produkt- oder Verfahrensideen würden zu selten von der Wirtschaft als zukunftsweisend wahrgenommen und zur Marktreife geführt. Die GhK erarbeite daher gegenwärtig einen Leitfaden für die auftragsbezogene Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Wirtschaft, um für diese Fälle Klarheit im Umgang miteinander zu schaffen, etwa beim Urheberschutz, Haftungsfragen oder Vertragsgestaltungen,. führte Brinckmann weiter aus.
,Die Hochschule und ihre Fachgebiete werden sich zunehmend über Drittmittel finanzieren müssen" unterstrich Brinckmann. Dazu gehöre auch, die eigene Forschungsinfrastruktur offensiver den Unternehmen anzubieten, noch mehr Forschungsaufträge als bisher umzusetzen und so Einnahmen für die Ausstattung der Fachgebiete zu akquirieren.". Mit über 32 Millionen Mark hätten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der GhK im Jahr 1996 den laufenden Haushalt der Hochschule von rund 200 Millionen Mark durch zusätzliche Einnahmen aufgebessert. Von diesen Einnahmen stammten aber lediglich 8,5 Millionen aus Industrie und Verbänden bundesweit, also nur geringfügig aus der regionalen Wirtschaft, merkte der GhK-Präsident kritisch an.
Den Transfer zu intensivieren und Ansprechpartner für die Region zu sein, sei die Aufgabe junger technologie- und wissensorientierter Unternehmen, die dabei durch Bereitstellung von Risikokapital und Wissen unterstützt werden müßten.
Die Absolvent(inn)en und wissenschaftlichen Mitarbeiter(innen) frühzeitig zu motivieren, ist Ziel eines Programms, das die Universität Gesamthochschule Kassel entwickelt hat. Es basiert auf dem Grundgedanken, das Gründungspotential von Hochschulabgängern bereits zum Ende der Studienzeit hin anzuregen, mit vorzubereitenden Veranstaltungen Kenntnisse über Märkte, Umsetzungsstrategien, Personalführung, Finanzierung und Marketing zu vermitteln und so Hemmungen abzubauen. Untersuchungen haben gezeigt, daß Hochschulabsolventen etwa fünf Jahre nach ihrem Abschluß und zu 50 Prozent im Umfeld ihrer Hochschule eine Existenz gründen. Diesen Zeitraum zu verkür-zen und damit mehr potentielle Gründer in der Region zu halten, ist Ziel der seit Ende 1996 laufenden zweijährigen Veranstaltungsreihe.
Diese erste vorbereitende Gründungsphase, die von der Idee über die Konzeptphase bis zur Startphase reicht wird über die Veranstaltungsangebote in der Hochschule hinaus von der GhK unterstützt: In der Phase der tatsächlichen Gründungsvorbereitung können Absolvent(inn)en der GhK hochschuleigene Räume, Telefon und andere Infrastruktur nutzen, bevor sie dann im Technologie- und Gründerzentrum Kassel, an dem die Kasseler Hochschule beteiligt ist, ihr Unternehmen starten. Gegenwärtig werden Handreichungen für technologie- und wissensorientierte Gründer erarbeitet, das ihnen den Zugang zu und Umgang mit Finanzierungen und Risikokapitalien erleichtern soll.
Diese Initiativen, die von der Technologie-und Innovationsberatung und der Kontaktstelle für Wissenschaftliche Weiterbildung der GhK betreut wird, soll nach der ersten derzeitigen Modellphase in ein Regelangebot überführt werden.
Kontakt und weitere Information: Prof. Dr.-Ing. Heinz Theuerkauf, Fachbereich Elektrotechnik, Tel. (0561) 804-6349 und Klaus Lekies, Technologie- und Innovationsberatung, Tel. (0561) 804-2489 /-2497
Criteria of this press release:
Electrical engineering, Energy
transregional, national
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German
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