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11/09/2000 14:50

Arzt und Patient in der Flut von Gesundheitsinformation

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Am 14. November und an den fünf darauf folgenden Dienstagen wird an der Universität Augsburg einmal mehr "Gesundheit kontrovers" diskutiert. In dieser von Augsburger Medizinern, Psychologen, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftlern gemeinsam getragenen Veranstaltungsreihe geht es diesmal unter dem Titel "Der informierte Patient? Der informierte Arzt?" um die Vielzahl neuer Fragen und um die beiderseitigen Verunsicherungen im Verhältnis Arzt-Patient, die durch ein komplexer gewordenes Gesundheitsverständnis ebenso aufgeworfen und forciert werden wie durch einen über die Medien ausufernden "Markt" an medizinischer Kenntnis, Beratung und Information.

    Die sechsteilige Vortragsreihe bietet, so der Sprecher der Veranstalter, Prof. Dr. Wolfgang Michaelis, "sowohl Ärzten als auch Patienten einen Blick in die neue Hexenküche der Gesundheit". Neu insofern als früher klar war, was man vom Arzt wollte: gesund werden und gesund bleiben. Im Zeitalter der Informationsfluten ist die Zielsetzung komplexer geworden, sie verlangt beim Patienten wie beim Arzt selbst eine Reihe zusätzlicher Entscheidungen zu Fragen, in denen enorme Sprengkraft steckt:

    Welche Art von Gesundheit soll es denn sein? Eine "Runderneuerung" oder eine bloße "Reparatur'" zum Überleben? Soll man sich auf alles einlassen, was technisch machbar und enorm kostenträchtig ist und oft entsetzliche Qualen bedeutet? Muss man sich Gesundheit überhaupt noch beim Arzt verschaffen? Oder ist die Internet-Sprechstunde nicht nur billiger, sondern sogar besser? Ist der Patient für eine "richtige" Entscheidung allein verantwortlich? Muss ihn der Arzt lenken? Darf er das? Wann und in welchem Maß haftet er, wenn aus der Angebotspalette nicht das Richtige gewählt wird? Beim Arzt ist die Verunsicherung nicht geringer: Kann er in seinem Fachwissen überhaupt noch up-to-date sein bei den täglich auf den Markt flutenden Neuerungen im technischen und Medikamentenbereich? Steht er womöglich immer schon mit einem Fuß im Gefängnis? Woher soll er die Zeit für eine ständige Fortbildung nehmen, wenn die Honorarsätze immer mehr sinken und er möglichst viele Patienten "abfertigen" muss, um wirtschaftlich überleben zu können? Wird er vielleicht selbst zum besten Kunden der Gesundheitsratschläge aus dem Internet? Wird es ihm eines Tages so gehen wie dem Apotheker, der die ständig eintreffende (Informations-)Ware nur noch weiterreicht?

    DER ARZT ALS LOTSE IN DER INFORMATIONSFLUT

    Im "Zustimmung nach gehöriger Belehrung" betitelten Eröffnungsvortrag am 14. November betrachtet Prof. Dr. Elmar Doppelfeld, Leiter der Medizinisch-Wissenschaftlichen Redaktion des Deutschen Ärzteblattes, Köln, den Wandel in der Rolle des Arztes als des Beraters eines Patienten, dem teils dieselben Informationsquellen verfügbar sind wie ihm selbst: Über höchstpersönliche Fragen, insbesondere zu Gesundheit und Krankheit, hat ausschließlich der betroffene Bürger oder, wenn er nicht einwilligungsfähig ist, sein gesetzlicher Vertreter zu entscheiden. Diese Entscheidung kann sich auf ein sehr reichhaltiges, nach Quelle und Qualität durchaus unterschiedliches Informationsmaterial stützen. Es ist für den Betroffenen oft sehr schwer, den Wert dieses Materials abzuschätzen und seine Bedeutung für ihn selbst einzuordnen. Hier kommt dem beratenden Arzt im Gespräch mit dem oft vorinformierten Patienten eine besondere Verantwortung als Führer durch die Vielfalt möglicher Informationen und als Berater des Patienten für die Entscheidung im Einzelfalle zu.

    GESUNDHEITSRISIKEN AUS DEM INTERNET

    Die Gefahren unqualifizierter Gesundheitsberatungsangebote aus dem Internet stehen im Mittelpunkt des zweiten Vortrags, der am 21. November stattfindet. Referent ist Dr. Jens Härtel. Der Kölner Experte für neue Gesundheitsmedien, sieht eine buchstäbliche Inflation der Gesundheitsthematik und entsprechender Angebote im Internet, die im wesentlichen die Bereiche E-Commerce und Information umfassen. Als Zielgruppen angesprochen werden dabei sowohl Laien als auch Profis. Risiken ergeben sich aus unseriösen und fachlich nicht fundierten Websites, die Härtel derzeit in der Überzahl sieht. Gefragt sind deshalb professionelle Initiativen von Ärzten, Apothekern, Verbänden und Versicherungen, die miteinander vernetzt werden sollten. Solche Netzwerke fehlen noch ganz oder werden nur unzureichend umgesetzt, da oftmals keine globale Konzepte verfolgt werden. Die Identifikation und Auseinandersetzung mit den neuen Medien hält Härtel jedoch für zwingend geboten, da sich daraus Einsparpotentiale und eine bessere Gesundheitsvorsorge ergeben.

    DAS PROGRAMM

    Dienstag, 14. November 2000
    "Zustimmung nach gehöriger Belehrung"
    Prof. Dr. Elmar Doppelfeld, Leiter der Medizinisch-Wissenschaftlichen Redaktion des Deutschen Ärzteblattes, Köln

    Dienstag, 21. November 2000
    Chancen und Risiken der neuen Medien in der Gesundheitsversorgung
    Dr. Jens Härtel, Experte für neue Gesundheitsmedien, Köln

    Dienstag, 28. November 2000
    Patientenrechte und deren Durchsetzung in Österreich und Europa
    Dr. Dr. Doris Lakomy, Patientenanwältin i.R., Klagenfurt

    Dienstag, 5. Dezember 2000
    Umsetzung von Qualitätsmanagement in der ambulanten Praxis: Chancen und Risiken
    Dr. Michael Barczok, Pneumologe, Ulm

    Dienstag, 12. Dezember 2000
    Kenntnis und Erfahrungen niedergelassener Ärzte zur beginnenden Demenz
    Prof. Dr. Michael Habs, Arzneimittel Dr. Willmar Schwabe, Karlsruhe

    Dienstag, 19. Dezember 2000
    Fort- und Weiterbildung von Ärzten
    Dr. Enzo Amarotico, Bayerische Landesärztekammer, München

    Die Vorträge beginnen jeweils um 19.00 Uhr im Hörsaal 2106 des Gebäudes der Philosophischen Fakultäten, Universitätsstraße 10. Der Eintritt ist frei.

    Zusammen mit weiteren Beiträgen werden die Vorträge dieser "Gesundheit kontrovers"-Serie als Buch publiziert werden.

    KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:

    Prof. Dr. Wolfgang Michaelis, Universität Augsburg, Philosophische Fakultät I, 86135 Augsburg, Telefon 0821/598-5595, Telefax 0821/598-5659, e-mail: wolfgang.michaelis@phil.uni-augsburg.de


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    Criteria of this press release:
    Media and communication sciences, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

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