Eine international besetzte Expertenjury hat aus 88 Bewerbern die Sieger des Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ausgewählt. Unter den zwölf Preisträgern sind Dr.-Ing. Jens Strackeljan und Professor Dr. rer. nat. Dietrich Behr vom Institut für Technische Mechanik der TU Clausthal. Gemeinsam mit Professor Dr. med. dent. Thomas Kocher, Universität Greifswald, gewannen sie ein Preisgeld von 300.000 Mark, mit dem sie ein Schlüsselexperiment durchführen werden. Ihr Projekt: Ein Ultraschallgerät, mit dem sie gründlicher und schonender als bisher möglich Bakterien und dem Zahnstein "an den Kragen gehen" können. Die Preise werden heute in Düsseldorf verliehen.
Sperrfrist: 10.00 Uhr
Den Zähnen fehlt im Gegensatz zu den Schleimhäuten im Mund die Fähigkeit, ihre Oberfläche abzuschuppen und auf diese Weise die dort lebenden Mikroorganismen loszuwerden. Als Konsequenz daraus etablieren sich auf den Zähnen dauerhaft bakterielle Lebensgemeinschaften, die gegenüber den Abwehrmechanismen des Körpers wesentlich widerstandsfähiger sind als jeder einzelne der in diesen so genannten Biofilmen enthaltenen Keime.
Hinzu kommt, dass der den Zahnhals umgebende Zahnfleischsaum eine im ganzen Körper einzigartige Schwachstelle ist, an der Mikroorganismen verhältnismäßig leicht eindringen können. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass dies nicht nur zu Entzündungen (Parodontitis) und damit zur fortschreitenden Zerstörung des Zahnhalteapparates führt. Vielmehr belegen mittlerweile verschiedene Studien, dass eine Parodontitis massiven Einfluss auf den allgemeinen Gesundheitszustand nehmen kann und beispielsweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen eindeutig erhöht.
Bei den bisher verfügbaren Geräten kommt es vor allem im nicht einsehbaren Bereich der Zahnfleischtaschen zum Verbleib von Bakterien, Zahnstein und sogar - durch zu lange Bearbeitung an einer Stelle - zu Schäden am intakten Wurzelzement. Daher planen die Wissenschaftler - gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung - ein neuartiges ultraschallgetriebenes Gerät zur Zahnsteinentfernung. Dieses wird während des Arbeitsprozesses in der Lage sein, die gerade berührte Oberfläche selbständig zu erkennen. So soll es den lästigen Zahnstein optimal abtragen, ohne jedoch die Zahnoberfläche zu schädigen. Eine intelligente Kombination von vorhandenen Piezokeramiken als Sensorelemente und einer pfiffigen Messwerteverarbeitung mit "Fuzzy-Logic" wird dabei helfen, die Zähne zu erhalten.
Das neue Zahnsteinentfernungsgerät arbeitet gerade dort schonend und effizient, wo das Auge und der Tastsinn des Zahnarztes nicht mehr hinreicht: in den Tiefen der Zahnfleischtaschen. Geplant ist, dass die gerade berührte Oberfläche vom Gerät erkannt und seine Leistung entsprechend gesteuert wird. So können sowohl zahnschonend als auch äußerst gründlich alle Ablagerungen bis in den letzten Winkel entfernt werden.
Um das Projekt zügig zu verwirklichen, greifen die Forscher auf vorhandenes Know-how im Bereich der Piezokeramiken zurück. Diese dienen auch heute schon als Anregungsquelle in Ultraschallgeräten. Neu ist die Idee, diese Keramiken gleichzeitig als Sensoren einzusetzen. Die Zahnoberfläche wird bei diesem Verfahren aufgrund seines Schwingungsverhaltens klassifiziert. Dazu wird die Spitze des Gerätes, das mit einem piezokeramischen Schwingungserreger betrieben wird, auf die zu erkennende Oberfläche aufgesetzt und das Gesamtsystem zu Schwingungen angeregt. Unterschiedliche Zahnoberflächen reagieren darauf mit jeweils charakteristischen Schwingungsbewegungen, die von der Topographie, Dichte, Elastizität und Kristallstruktur der Oberfläche abhängen. Zahnstein schwingt also anders als Zahnzement. Der neue Sensor soll diese Unterschiede erkennen und das Instrument dann entsprechend ansteuern. Bevor es aber soweit ist, gilt für das neue Zahnstein-Instrument: "lernen, lernen, lernen". Nicht jeder Mund und jeder Zahnarzt ist wie der andere. Es gibt eine Fülle von Unterschieden. Diese fangen bei der Zahnbeschaffenheit und Mundfeuchte an und gehen bis zum individuellen Druck, mit dem der Zahnarzt die Nadel an den Zahn presst. Eine sogenannte "Fuzzy-Logic" soll dabei helfen, die aktuell gemessenen Oberflächenwerte mit zuvor erlernten Situationen zu vergleichen, um dann die jeweils beste Entscheidung zu treffen, wie mit dieser Stelle zu verfahren ist: "hart oder herzlich".
Die Vorteile des neuen Systems für die Patienten sind unübersehbar: Der Zahnzement wird geschont - und damit auch die Zahnhälse -, die Methode ist weniger schmerzhaft, dafür aber sowohl in tiefen als auch weniger tiefen Zahnfleisch-Taschen weitaus effektiver bei der restlosen Entfernung des Zahnsteins als bisherige Geräte.
Ansprechpartner zu systemischen Erkrankungen im Zusammenhang mit Parodontitis ist Professor Dr. Ulrich Schlangenhauf von der Universität Würzburg:
http://idw.tu-clausthal.de/public/zeige_pm.html?pmid=26977
Ansprechpartner:
Zahnheilkunde
Prof. Dr. med.dent. Thomas Kocher
Abteilung Parodontologie in der Poliklinik
für Zahnerhaltung, Parodontologie und Kinderzahnheilkunde,
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universität Greifswald
Tel.: (03834) 867 172
Fax: (03834) 867 171
kocher@mail.uni-greifswald.de
Fuzzy-Logic, Steuerungstechnik
Dr.-Ing. Jens Strackeljan, Prof. Dr. rer. nat. Dietrich Behr
TU Clausthal, Institut für Technische Mechanik
Tel.: (05323) 722 057
Fax: (05323) 722 337
EMail: jens.strackeljan@tu-clausthal.de
Dr.-Ing. J. Strackeljan (r.) und Prof. Dr. rer.nat. D. Behr setzen Methoden der Schwingungsdiagnosti ...
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Elektronenmikroskopisches Bild von Schäden am Zahnzement durch einen herkömmlichen Airscaler zur Zah ...
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Criteria of this press release:
Information technology, Mathematics, Mechanical engineering, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Physics / astronomy
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Research projects
German
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