Genetisch bedingte Erkrankungen werden durch das Zusammenspiel von Proteinen verursacht, welche ihre Funktionen im Organismus nicht korrekt erfüllen. Bislang waren jedoch erst wenige dieser Wechselwirkungen bekannt. Ein Team um Prof. Dr. Erich E. Wanker vom Max-Delbrück-Centrum in Berlin-Buch (MDC) hat nun erstmals ein großes Netzwerk der Protein-Protein-Wechselwirkungen im menschlichen Organismus ermittelt. Diese Arbeit hat die Helmholtz-Gemeinschaft nun mit dem Erwin-Schrödinger-Preis 2008 ausgezeichnet, der mit 50.000 Euro dotiert ist. Der Preis wird auf der Jahrestagung der Helmholtz-Gemeinschaft am 11. September 2008 verliehen.
Die Jury begründete ihre Entscheidung mit dem bedeutenden Erkenntnisfortschritt sowie der Interdisziplinarität des Forschungsprojekts. Molekularbiologen, Biotechnologen, Informatiker und Ingenieure aus verschiedenen Forschungseinrichtungen haben daran mit gearbeitet. Die Preisträger sind Prof. Dr. Erich E. Wanker (MDC), Dr. Ulrich Stelzl (Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik), Dipl.-Ing. Christian Hänig (MDC), M.Sc. Gautam Chaurasia (Humboldt-Universität) und Dr. Matthias Futschik (Humboldt-Universität).
Zum Hintergrund:
Alle Lebensprozesse werden durch Gene gesteuert, die bestimmte Proteine herstellen. Diese Proteine beeinflussen andere Proteine, verbinden sich mit ihnen und steuern gemeinsam die zellulären Funktionen. Die Wechselwirkungen zwischen Proteinen sind daher für das Verständnis von Krankheitsmechanismen und für die Entwicklung neuer Medikamente von großem Interesse. Außerdem können sie genutzt werden, um krankheitsrelevante Gene zu lokalisieren. Die Wissenschaftler hatten zunächst die so genannte "Hefe-2-Hybrid"-Technologie automatisiert, um mit hohem Durchsatz systematisch Protein-Protein-Wechselwirkungen nachzuweisen. Als erste Anwendung konzentrierten sie sich auf Wechselwirkungen, die mit der Entstehung der neurodegenerativen Erkrankung Chorea Huntington (Veitstanz) zusammenhängen. Dann übertrugen sie die Technologie auf die Erstellung eines Netzwerks, das sich über den gesamten menschlichen Proteinbestand erstreckt. Mit einer eigens eingerichteten Robotereinheit testeten sie über 25 Millionen Protein-Paare und konnten 3.200 Wechselwirkungen zwischen 1.700 Proteinen erfassen. Mit der so ermittelten "Interaktomkarte" konnten 195 krankheitsrelevante Proteine mit vormals unbekannten Partnern in Verbindung gebracht und 342 bisher nicht charakterisierte Proteine bekannten Signalwegen zugeordnet werden. Die Roboterstudie ergänzten die Wissenschaftler um ein groß angelegtes Datenbankprojekt, das einerseits die eigenen Ergebnisse den Forscherkollegen zur Nutzung zur Verfügung stellt, andererseits alle vorhandenen Interaktionsdatensätze zu einer einzigartigen Megadatenbank der Proteinwechselwirkungen integriert. Auf diese Informationen können alle Forscher/innen weltweit kostenlos zugreifen.
"Trotzdem, wir haben erst einen Bruchteil der Wechselwirkungen erfasst, sagt Prof. Dr. Erich Wanker. "Unsere Arbeit könnte der Ausgangspunkt für ein internationales Human-Interaktom-Projekt werden, das ähnlich wie das Human-Genom-Projekt, sämtliche Proteinkomplexe im menschlichen Organismus nachzeichnet." Er hofft auf ein beschleunigtes Verstehen von Signalwegen und Krankheitsmechanismen. "Da bleibt noch viel zu tun."
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Barbara Bachtler
Pressestelle MDC
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oder über Thomas Gazlig
Leiter Kommunikation und Medien
Büro Berlin
Tel/Fax: 030 206 329-57/60
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Criteria of this press release:
Biology, Information technology
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