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12/08/2000 14:17

Probleme der Städte in Ost und West grundsätzlich ähnlich

Jürgen Abel M. A. Pressestelle
Universität Bayreuth

    Die Probleme der Städte in den Transformationsstaaten Mittel- und Osteuropas und in den westeuropäischen Städten sind trotz aller Unterschiede in den Rahmenbedingungen im Grundsatz ähnlich. Und: die Entwicklung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich laufen in den Staaten Mittel- und Osteuropas quasi im "Zeitraffer" ab. Dies sind die grundlegenden Erkenntnisse aus dem Treffen des sog. Forschungsfünfecks, einem transnationalen Zusammenschluß von Forschern der Geographie und Raumplanern der Universitäten Bayreuth, Bratislava (Slowakische Republik), Maribor (Slowenien), Pécs (Ungarn) und Pilsen (Tschechische Republik), das kürzlich in Bayreuth statt fand.

    Tagung des Geographie-Forschungsfünfecks Bratislava, Pilsen, Bayreuth, Maribor, Pécs
    Probleme der Städte in Ost und
    West sind grundsätzlich ähnlich
    Themen: Einzelhandels-Großobjekte und Stadtmarketing als Entwicklungsstragie

    Bayreuth (UBT). Die Probleme der Städte in den Transformationsstaaten Mittel- und Osteuropas und in den westeuropäischen Städten sind trotz aller Unterschiede in den Rahmenbedingungen im Grundsatz ähnlich. Und: die Entwicklung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich laufen in den Staaten Mittel- und Osteuropas quasi im "Zeitraffer" ab. Dies sind die grundlegenden Erkenntnisse aus dem Treffen des sog. Forschungsfünfecks, einem transnationalen Zusammenschluß von Forschern der Geographie und Raumplanern der Universitäten Bayreuth, Bratislava (Slowakische Republik), Maribor (Slowenien), Pécs (Ungarn) und Pilsen (Tschechische Republik), das kürzlich in Bayreuth statt fand.
    Am ersten Tag wurden Einzelhandelsprojekte behandelt, die in allen beteiligten Ländern zum Teil schwerwiegende Probleme in verschiedenen Bereichen aufwerfen, wie etwa die Entleerung der gewachsenen Innenstädte oder starker Konkurrenz für den sich gerade erst entwickelnden privaten Einzelhandel in Osteuropa. Zentraler Punkt des zweiten Tages war die Vorstellung des Abschlußberichtes des Projektes "Stadtmarketing als innovative Strategie der Stadtentwicklung in Mittel- und Osteuropa - Modellfall für lernende Institutionen und Regionen".
    Bei dem Themenkomplex über Einzelhandels-Großprojekte skizzierte Bayreuths Wirtschaftsreferent Ulrich Pfeifer die Eckpunkte der Politik der Gastgeberstadt: Keine Ausweisung für Flächen von Großprojekte in der Peripherie der Stadt und Stärkung der Innenstadt. Die verschiedenen Anfragen zur Errichtung eines Factory-Outlet-Centers in Stadtrandlagen Bayreuths wurden bislang stets abgelehnt, da derartige Einrichtungen die Bemühungen zur Aufwertung der Innenstadt bis hin zum Zentrale-Orte-Prinzip der Landesplanung konterkarieren.
    In einem Grundsatzreferat gab Prof. Dr. Drs. h. c. Jörg Maier, Inhaber des Bayreuther Lehrstuhls Wirtschaftsgeographie und Regionalplanung, bei dem die Federführung des Forschungsfünfecks liegt, eine Übersicht über aktuelle Tendenzen im Bereich des Handels, die geprägt seien durch Veränderungen des Konsumentenverhaltens bis hin zu einer zunehmenden Unberechenbarkeit der Verbraucher. Dazu kommen massive Konzentration bei den Betriebsformen und eine weitere Filialisierung. Die Folgen dieser Trends sei die zunehmende Austauschbarkeit der Städte, sagte Prof. Maier.
    Die Erarbeitung neuer Formen der Konfliktbewältigung zwischen Verwaltung, Bürgern und Investoren sind nach Ansicht von Dipl.-Geograph/Dipl.-Kaufmann D. Jarosch notwendig, der dies am Beispiel eines letztlich gescheiterten, großflächigen Einzelhandels-Entwicklungsprojekts "Auf der grünen Wiese" in Coburg darlegte. Die klassischen Instrumente der Landesplanung und des Baurechts hätten sich als unzureichend erwiesen.
    Die äußerst dynamische Veränderung durch international operierende Handelsketten beleuchtete J. Dokoupil an Hand der Situation in Pilsen. Innerhalb von elf Jahren habe sich die Verkaufsfläche bis zu diesem Jahre auf 143 000 qm mehr als verdoppelt. Es bestünden durch die mittlerweile gute Ausstattung zwar gute Chancen, das Handelszentrum für Westböhmen zu werden, doch seien durch vorwiegend großflächige Formen wie Einkaufszentren und Fachmärkte eine Verschlechterung der Versorgung in der Fläche sowie Verkehrs-probleme absehbar. Im Gegensatz zur Bundesrepublik spiele in Tschechien der "Erlebniskauf" noch keine Rolle, günstige Preise und große Auswahl seien entscheidend.
    Am Beispiel Maribors wies V. Drozg darauf hin, dass in Slowenien bislang kaum rechtliche oder fachliche Grundlagen für die Planung von Einzelhandels-Großprojekte existieren. Man könne nicht alles ungesteuert dem Markt überlassen. Derzeit gebe es 88 Einkaufszentren in Slowenien, davon 52 größer als 3 000 qm und eines sogar mit mehr als 50 000 qm (zum Vergleich: das Rotmain-Center in Bayreuth verfügt über ca. 19 000 qm). Vielfach habe in kurzer Zeit eine Verdreifachung der Zahl der Geschäfte wie auch der Verkaufsfläche stattgefunden, zumeist jedoch in Stadtrandlagen.
    Auch im südungarischen Pécs sind nach Aussage von G. Aubert und A. Trócsanyi die globalen Veränderungen deutlich spürbar. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus wurde der Einzelhandel in Ungarn verhältnismäßig früh liberalisiert. In Pécs konkurrieren ehemals staatliche Handelseinrichtungen mit neuen Formen internationaler Unternehmen. Daneben existiert aber auch ein umfangreicher "Wochenmarkt" unter freiem Himmel. Die Steigerung der lokalen Kaufkraft, die Verringerung des Verkehrs im historischen Stadtkern, die Entwicklung attraktiver Angebote im öffentlichen Personen-Nahverkehr und die Bewältigung der Umweltprobleme nannten die beiden ungarischen Wissenschaftler als nächste Aufgaben.
    Beim Thema des zweiten Tages, dem Stadtmarketing, bezeichnete Prof. Maier die intensive und rasche Reaktion der Beteiligten osteuropäischen Städte als sehr positiv. Das Thema sei seit den 80er Jahren in der Diskussion, stärkeres Interesse sei jedoch erst seit Mitte der 90er Jahre festzustellen wie auch eine Stagnation seit 1998, was offenbar auf Umsetzungsprobleme zurückzuführen sei. Hinsichtlich Bayreuth griff Prof. Maier einige Punkte aus dem Maßnahmenteil heraus, da Stadtmarketing in Bayreuth bereits seit 1993 betrieben wird. Die wichtigsten Themen seien "Gesundheit" sowie "Forschung und Bildung", die mit den Leitprojekten "Science Park", "Wirtschaftsstadt" sowie "Kompetenzzentrum Neue Werkstoffe" konkret umgesetzt werden sollen. Die Ergebnisse wurden in Form mehrerer Poster auch auf der Fachmesse EUREGIA präsentiert.
    Für das böhmische Pilsen stellte J. Dokoupil fest, dass man am Anfang der Umsetzung der bisher erarbeiteten Konzeption sei. Die Idee des Stadtmarketings werde in Pilsen gut aufgenommen und es existiere mittlerweile dort eine Abteilung für Stadt-entwicklung und Marketing. Die Professionalisierung sowie eine institutionelle Verankerung innerhalb der Stadtverwaltung nannte er als die wichtigsten Zukunftsziele. Themenfelder seien dabei Tourismus, Medieninformation und den Aufbau eines Stadtinformationssystems.
    Wenig Erfolge sind bisher in Bratislava zu verzeichnen, wie Dipl.-Ing. T. Satura berichtete und dies auf eine sehr komplizierte städtische Verwaltungsstruktur zurückführte. Die notwendige Koordinierung der Ideen der Stadt mit den übergeordneten Behörden werde zudem durch eine strenge Teilung der Kompetenzen in der Raumplanung erschwert.
    Pécs steht insbesondere vor den wirtschaftlichen Folgeproblemen der Transformation sowie vor städtebaulichen Schwierigkeiten. Ungünstige politische Machtverhältnisse und eine Finanzkrise hätten Erfolg im großen Stil bislang weitgehend verhindert.
    Ähnliches wurde auch aus Maribor berichtet. Auch hier handele die Verwaltung noch nicht dienstleistungsorientiert. Zudem stelle sich die Frage der "kritischen Masse", da der Prozeß nur durch einzelne Engagierte mit fachlichem Hintergrund getragen werde. Geduld sei notwendig, doch erste ermutigende Resultate lägen bereits in Form einer Agentur für Regionalentwicklung und der Mitarbeit an Plänen hinsichtlich Wohnen oder Tourismus vor. Die Resonanz der Politik sowie der Personalmangel sei jedoch sehr unbefriedigend. Auch in Maribor stünden alltägliche praktische Probleme im Vordergrund.


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    Criteria of this press release:
    Geosciences
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
    German


     

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