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12/15/2000 15:33

"Polarstern" erzeugt mit Eisendüngung Planktonblüte im Südlichen Ozean

Dipl.-Ing. Margarete Pauls Kommunikation und Medien
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung

    Das von dem deutschen Forschungsschiff "Polarstern" vor kurzem abgeschlossene Experiment EISENEX hat bestätigt, dass Eisenzufuhr in den Südlichen Ozean ein steuernder Faktor im globalen, klimabestimmenden Austausch zwischen dem Meer und der Atmosphäre darstellt.

    Das von dem deutschen Forschungsschiff "Polarstern" vor kurzem abgeschlossene Experiment EISENEX hat den Beweis für eine lang umstrittene These erbracht: Die Fruchtbarkeit der Meere wird durch die Zufuhr von windgetragenem, eisenhaltigen Staub aus den Kontinenten geregelt. Die nun gesicherte Erkenntnis zieht weitreichende Konsequenzen nach sich: Sie stützt die Vorstellung, dass unser Planet Erde als zusammenhängendes System funktioniert und gibt zugleich der Menschheit ein neues Werkzeug in die Hand, in dieses System einzugreifen.
    EISENEX hat mit der Erzeugung einer Planktonblüte in den stürmischen Gewässern des Ringstroms um die Antarktis - 1500 Kilometer südlich von Afrika - vorgeführt, dass allein Eisenmangel die Vermehrung des dortigen Planktons begrenzt. Mathematische Modelle zeigen, dass dieser 1000 Kilometer breite, nach Osten strömende Wassergürtel im globalen Kohlendioxidhaushalt eine entscheidende Rolle spielen muss, die von der Produktivität der Algen bestimmt wird. EISENEX wurde durchgeführt, um die Modellergebnisse mit Messungen zu überprüfen. Gestärkt durch die von "Polarstern" ausgebrachte "Kraftbrühe" in Form einer konzentrierten Eisenlösung, wuchsen die Planktonalgen doppelt so schnell heran, wie ihre Artgenossen nebenan. In drei Wochen bauten die gedüngten Algen ein Vielfaches an Biomasse auf. Die häufigen Stürme, die während des Experiments über das Gebiet zogen, behinderten zwar die Forscher bei ihrer Arbeit, nicht aber die Planktonalgen in ihrem eisenerzeugten Wachstumsschub. Auch der heftige Fraßdruck, der durch die Frühjahrsvermehrung der Planktontierchen ausgeübt wurde, vermochte nicht, die Algenblüte zu bremsen.
    EISENEX hat bestätigt, dass Eisenzufuhr in den Südlichen Ozean ein steuernder Faktor im globalen, klimabestimmenden Austausch zwischen dem Meer und der Atmosphäre darstellt. Die Wissenschaftller vermuten, dass das Planktonökosystem des Zirkumpolarstroms in der letzten Eiszeit (zwischen 10 000 und 100 000 Jahren vor unserer Zeit) ganz anders ausgesehen haben muss: Heute ist das Wasser blau und planktonarm - eine ozeanische Wüste, damals muss es grün und planktonreich gewesen sein.
    Das von Forschern des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) organisierte und geleitete EISENEX hat gezeigt, wie ein kleinräumiges Experiment im schnell fließenden (etwa 25 km/Tag), mächtigsten Stromsystem des Weltmeeres erfolgreich durchgeführt werden kann. Die am Experiment beteiligten 56 Forscher aus 15 Ländern arbeiteten rund um die Uhr, um ihre Spezialkenntnisse in den Dienst des gemeinsamen Ziels zu stellen. Die physikalischen Ozeanographen machten mit Hilfe von Strömungsprofilen und Satellitenbildern einen ortsfesten Wirbel im Zirkumpolarstrom ausfindig, in dessen strömungsarmen "Auge" die Eisenlösung vom fahrenden Schiff spiralförmig ausgebracht wurde. Ein kreisförmiger Fleck von sieben Kilometer Durchmesser wurde mit zehn Tonnen gelöstem Eisensulfatsalz gedüngt. Trotz der vielen Stürme gelang es den Forschern, den Fleck - eine Nadel im Heuhaufen - zu verfolgen und immer wieder zu finden. Im Laufe von drei Wochen breitete sich der Fleck auf eine Fläche von 500 Quadratkilometern aus.
    Die chemischen und biologischen Prozesse wurden von den verschiedenen Experten rund um die Uhr gemessen: Dazu gehörten Bestand und Wachstum der Algen und Bakterien, die unmittelbar auf die Düngung reagierten, sowie der einzelligen und mehrzelligen Tiere, die sich von den Algen ernährten. Zur Kontrolle wurden dieselben Messungen auch im benachbarten, ungedüngten Wasser durchgeführt. Zwei Tage nach der Eisendüngung verdoppelten die Planktonalgen ihr Wachstumspotential. Zum Zeitpunkt der Abfahrt vom Experimentiergebiet hatten die gedüngten Algen viermal mehr Biomasse aufgebaut als die ungedüngten in der Umgebung. Die drei Wochen, die für die Untersuchung der Blüte zur Verfügung standen, erwiesen sich als zu kurz, um die Auswirkung auf das Ökosystem vollständig zu untersuchen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dass der Wachstumsschub noch einige Wochen nach Abfahrt der "Polarstern" anhält.
    Es sei eine anstrengende, aber sehr spannende Fahrt gewesen, berichteten die Forscher, die sich jetzt auf die weitere Auswertung ihrer Proben und Daten freuen. Die Fahrt war ein Musterbeispiel für gezielte Zusammenarbeit von international führenden Experten. "Diese fachübergreifende Forschung auf hohem Niveau hat neue Maßstäbe in der internationalen Meeresforschung gesetzt", meint dazu der Fahrtleiter Prof. Victor Smetacek vom AWI. "Die von EISENEX entwickelte Technik öffnet eine neue Ära in der Meeresforschung: Der Übergang von einer beobachtenden zu einer experimentellen Wissenschaft."
    Im kommenden Sommer werden sich die Teilnehmer von EISENEX beim AWI in Bremerhaven treffen, um die Ergebnisse zu diskutieren und für die Veröffentlichung vorzubereiten. Es ist den internationalen Wissenschaftlern wichtig, dass fundierte Kenntnisse über die Auswirkung von Eisendüngung vorliegen. Zur Zeit werden Konferenzen vorbereitet, um die möglichen langfristigen Auswirkungen von großräumiger Düngung zu diskutieren.

    Die während des Experiments verfassten fünf Wochenberichte, die detaillierten Einblick in den Ablauf des Experiments sowie den wissenschaftlichen Hintergrund liefern, können auf Anfrage zugesandt werden, bzw. sind auf der AWI-Webseite www.awi-bremerhaven.de abrufbar.

    Bei Veröffentlichung bitten wir um einen Beleg


    More information:

    http://www.awi-bremerhaven.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Geosciences, Information technology
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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