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11/06/2008 14:00

Endergebnisse des Modellprojekts "Studieren und Forschen mit Kind" vorgelegt

Lisa Dittrich Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Justus-Liebig-Universität Gießen

    Lautenschläger: "Studieren mit Kindern braucht verlässlichen Mix aus Geld, Zeit und Betreuungsangeboten"

    Wiesbaden / Gießen - "Studieren und Forschen mit Kind braucht einen verlässlichen Mix aus Zeit, Betreuungsangeboten und finanzieller Unterstützung", verdeutlichte Hessens Sozialministerin Silke Lautenschläger heute die Ergebnisse des von der "hessenstiftung familie hat zukunft" an und mit der Universität Giessen durchgeführten Modellprojekts. Junge Frauen und Männer, die bereits während des Studiums oder während ihrer Promotion Kinder bekommen und eine Familie gründen, brauchen durchgängig den Ausbau von qualitativ hochwertigen und flexiblen Kinderbetreuungsangeboten, auch für unter Dreijährige. "Hier sind wir in Hessen auf einem guten Weg", so Lautenschläger. "Kein anderes Bundesland baut mit vergleichbarer Dynamik die Betreuungsplätze aus."

    Aber auch die Wissenschaft müsse sich umstellen. Der Wunsch nach ausreichender Flexibilität in der Studienordnung, die etwa Schwangerschaft, Mutterschutz und Krankheit des Kindes berücksichtigt, ein Teilzeitstudium zulässt und studierende Eltern bei überbuchten Veranstaltungen bevorzugt behandelt ist unübersehbar. Nicht zuletzt bleibt ein Dauerthema die finanzielle Absicherung.

    Die Studie

    Welche Faktoren begünstigen und welche hemmen eine Vereinbarkeit von Studium bzw. Promotion und Familie? Diese Frage stand am Beginn des Modellprojektes "Studieren und Forschen mit Kind". Bei diesem Projekt handelt es sich um eine qualitative Längsschnittstudie. Von 2004 bis 2008 konnten die Lebenslagen von 15 studierenden und fünf promovierenden Eltern zu zwei Zeitpunkten detailliert abgebildet werden. Die "hessenstiftung - familie hat zukunft" förderte die Längsschnittstudie mit insgesamt 130.500,- Euro. Des Weiteren wurden die in die Studie integrierten Maßnahmen von der Stiftung in 2006 und 2007 mit insgesamt 149.230,- Euro unterstützt.

    Studierende Eltern brauchen flexible Rahmenbedingungen

    Die Lebenslagen der befragten studierenden Eltern unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander. Einige Eltern haben mit der Gleichzeitigkeit von Studium und Familie sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie leben in einer langjährigen und stabilen Partnerschaft, erfahren viel Verständnis und Unterstützung, können sich ihre Zeiten flexibel einteilen und auf ein ausreichendes und stabiles Betreuungsarrangement zurückgreifen. Bis auf einige finanzielle Einschränkungen haben diese Eltern nur wenige Probleme und würden ihre Entscheidung, während des Studiums eine Familie zu gründen, ohne Einschränkung wieder genauso treffen.

    Andererseits befinden sich insbesondere die alleinerziehenden Mütter, in oft schwieriger finanzieller Situation. Sie unterliegen einem hohen, stark strukturierten Arbeitspensum, und ihre Betreuungsarrangements bestehen häufig aus unzureichender Kinderbetreuung und Ergänzungslösungen. Diese Mütter sind hochgradig überlastungsgefährdet und befinden sich in einer ständigen Zwickmühle. Der Wunsch, ihr Studium zügig abzuschließen, um ihre Familie finanziell abzusichern, steht im Kontrast zu dem Bedürfnis nach unbelasteter, qualitativ hochwertiger Familienzeit. Finanzielle Nöte und Ängste treffen speziell diese Gruppe, die dadurch besonders stark auf die Unterstützung Dritter angewiesen ist. In der Regel setzt sich die Unterstützung aus unterschiedlichen Einzelleistungen zusammen. Die erforderlichen Beantragungsverfahren sind mit hohem Zeitaufwand verbunden und ziehen durch mangelnde Abstimmung der Leistungen untereinander immer wieder finanzielle Engpässe nach sich. Alleinerziehende gelten paradoxerweise aufgrund ihrer geringen finanziellen Einnahmen als nicht anspruchsberechtigt für bestimmte Leistungen wie Wohngeld oder den Kinderzuschlag.

    Die Lebenslagen der befragten promovierenden Eltern sind im Vergleich zu den Studierenden einander deutlich ähnlicher. Sie leben in stabiler Partnerschaft und verfügen über ausreichendes Einkommen. Für sie besteht die große Herausforderung darin, Promotion, Erwerbstätigkeit und Familie in einen zufriedenstellenden zeitlichen Einklang zu bringen. Insbesondere bei den promovierenden Müttern besteht die Gefahr, dass die Promotion in der Prioritätenliste des Alltags an die letzte Stelle rückt, obwohl sie gedanklich einen weit höheren Stellenwert einnimmt.

    Konkrete Wünsche und schnell realisierte Maßnahmen

    Angesichts der höheren Strukturierung der modularisierten Bachelor- und Masterstudiengänge gewinnt die bedarfsgerechte Kinderbetreuung in guter Qualität zunehmend an Bedeutung. Sie wird von allen Befragten als das wichtigste Problem- und Handlungsfeld genannt. Häufig reichen die Zeiten einer normalen Ganztagsbetreuung nicht aus und müssen durch Hilfe von Familie und Freunden oder durch bezahlte Babysitter ergänzt werden. Ab wann Kinderbetreuung benötigt wird, hängt von den individuellen Einstellungen der befragten Eltern und ihrer Studienanforderungen ab. Ihr Start wird ab einem Alter von wenigen Wochen bis zu zwei Jahren gewünscht. Für diese Altersgruppe fehlt es noch an ausreichenden Betreuungsplätzen.

    Die große Leistungsbereitschaft der studierenden und promovierenden Eltern bedarf einer entsprechenden Wertschätzung seitens der Hochschulen - auf persönlicher als auch auf struktureller Ebene. Hierfür ist eine intelligente Mischung aus Infrastruktur, Geld- und Zeitpolitik gefragt. " Es ist unerlässlich, gezielt auf einen umfassenden Mentalitätswandel der Hochschulleitungen und der Professoren hinzuwirken, durch den eine Vereinbarkeit von Elternschaft mit den unterschiedlichen ausbildungs- und berufsbezogenen Anforderungen ermöglicht wird," führte die wissenschaftliche Projektleiterin Frau Prof. Meier-Gräwe aus. "Die nach wie vor anzutreffende Ansicht, dass eine Mutterschaft das Ende von beruflichen Ambitionen und Karrierechancen bedeutet, muss hierfür endgültig ad acta gelegt werden."

    Fest steht, dass das Modellprojekt mit seinen begleitenden Maßnahmen einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, die Vereinbarkeit von Studium und Promotion mit Elternschaft am Hochschulstandort Gießen zu verbessern. Mit knapp 150.000,- Euro Fördermittel hat die "hessenstiftung - familie hat zukunft" ein beispielhaftes Tagesmütternetz aufgebaut, den Anstoß dafür gegeben, den Betriebskindergarten "Villa Wunderland" auch für Kinder von Medizinstudenten zu öffnen und die Erweiterung der Kindertagesstätte "Regenbogenland" für unter Dreijährige mit ermöglicht.

    Für eine gelungene Fortführung und Verstetigung der eingeleiteten Maßnahmen nach Projektabschluss ist das Studentenwerk Gießen ein zentraler Akteur. Es befindet sich in seiner Zuständigkeit für die Justus-Liebig-Universität und die Fachhochschule Gießen-Friedberg in einer wichtigen Schnittstellenposition und hat bereits die Fortführung des Erfolgsmodells Tagesmütternetz übernommen. Im Handlungsfeld 'Information und Beratung für die studierenden Eltern' hat es die federführende Rolle inne. Im Rahmen des Audits 'Familiengerechte Hochschule' haben sich die beiden Gießener Hochschulen in ihrer Re-Auditierung in 2008 neue Ziele für die kommenden drei Jahre gesetzt, um ihre Familienfreundlichkeit weiter zu verbessern.

    Im Verlauf der Studie reifte die Erkenntnis, dass es einer weiteren Untersuchung bedarf: Wie gestaltet sich der Berufseinstieg von Hochschulabsolventinnen mit Kind unter Berücksichtigung der individuellen Lebenssituation und wie sind die Reaktionen der Arbeitgeber auf die Mutterschaft der Berufseinsteigerinnen? Daher werden 2009, wieder im Auftrag der Hessenstiftung, sieben Mütter aus der Stichprobe der studierenden Eltern, mit Studienabschluss in den Jahren 2007 bis 2008, ein drittes Mal befragt. Auf Basis der dabei gewonnen Erkenntnisse soll nach einer vergleichenden Analyse der Lebensverläufe die Frage diskutiert werden, ob eine Familiengründung vor oder während des Studiums zur Entspannung der Lebens- und Familienplanung von Akademikerinnen beitragen kann.

    Die Ergebnisse der Studie (Kurzfassung des Abschlussberichts) stehen ab Freitag, 7. November 2008, unter http://www.hessenstiftung.de zum Download bereit.

    Ansprechpartner:
    Dr. Ulrich Kuther
    Bevollmächtigter der Geschäftsführung hessenstiftung - familie hat zukunft
    c/o Karl Kübel Stiftung,
    Darmstädter Str. 100, 64625 Bensheim
    Telefon: 06251/7005-31
    Fax: 06251/7005-77
    Mail: u.kuther@hessenstiftung.de

    Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe
    Professur für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft Justus-Liebig-Universität Gießen
    Telefon: 0641 99-39300
    Fax: 0641 99-39309
    Mail: Uta.Meier-Graewe@haushalt.uni-giessen.de

    Für kurzfristige Presseanfragen:
    Susann Balser-Hahn, Im Dialog
    Telefon: 06404 950976
    Mail: info@imDialog-online.de


    More information:

    http://www.hessenstiftung.de
    http://www.hochschule-und-kind.de


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    regional
    Research results, Studies and teaching
    German


     

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