"50. Jahrestag der Befreiung des Frauen-KZ Ravensbrueck"
Brandenburgische Polizei verhindert Teilnahme von StudentInnen an den Gedenkfeiern
Eine Gruppe von Studierenden der Ruhr-Universitaet Bochum und der Gesamthochschule - Universitaet - Wuppertal ist von der Brandenburgischen Polizei gehindert worden, an den Gedenkfeiern des 50. Jahrestages der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrueck teilzunehmen. Gegen diese Behinderungen und gegen die z.T. skandaloese Behandlung der Studierenden protestiert der AStA (Allgemeiner Studierenden Ausschuss) der Ruhr-Universitaet Bochum. Wir veroeffentlichen hier unkommentiert den Text seines Protestschreibens, in dem die Vorfaelle genau beschrieben sind:
"Am 22. und 23. April 1995 fuhr eine Gruppe, bestehend aus StudentInnen der Ruhr-Universitaet Bochum, der Universitaet Wuppertal und anderen Interessierten, im Rahmen eines selbstorganisierten Seminars zu den offiziellen Gedenkfeierlichkeiten anlaesslich des 50. Jahrestages der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers (FKL) Ravensbrueck. Durch Vorbereitungstreffen und Veranstaltungen hatten sich die TeilnehmerInnen der Fahrt langfristig vorbereitet. Die Fahrt wurde finanziell durch den AStA der Ruhr-Universitaet Bochum, den AStA der Universitaet Wuppertal, die PDS und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) unterstuetzt.
Die Gruppe nahm am 22. April Kontakt zum Lagerkomitee der ehemaligen Haeftlinge und ihrer Angehoerigen und deren Vorsitzender, Gertrud Mueller, auf. Mit dem Komitee wurde bei diesem ersten Besuch im Lager vereinbart, dass eine Delegation aus der Gruppe dem Komitee zur Verfuegung stehen sollte, um stellvertretend fuer ehemalige Haeftlinge im Rahmen der Feierlichkeiten Kraenze niederzulegen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Gruppe von zivilen Kriminalbeamten beschattet. Als die Gruppe am 23. April 1995 zu der Gedenkfeier fahren wollte, wurde sie um 9.40 Uhr von brandenburgischer Bereitschaftspolizei aufgehalten und ohne Angabe von Gruenden auf einem Rastplatz festgehalten. Dies geschah ohne Anklageerhebung oder vorherige Provokation durch die Gruppe. Die TeilnehmerInnen wurden insgesamt sieben Stunden von der Polizei festgehalten, zuerst auf dem Rastplatz, spaeter auf dem Gelaende einer mit Stacheldraht umzaeunten Polizeikaserne; zwei Frauen wurden erkennungsdienstlich behandelt, d.h. sie wurden fotografiert und man nahm Fingerabdruecke ab, von den restlichen TeilnehmerInnen wurden die Personalien ueberprueft. Man erklaerte ihnen, dass sie in ,Schutzhaft" genommen worden seien. Ferner wurde ihnen erklaert, dass der Veranstalter ,kein Interesse an der Teilnahme der Gruppe" habe. Offizieller Veranstalter der Gedenkfeier war das Land Brandenburg, das auch an diesem Tag das Hausrecht hatte.
Keiner der Beamten wollte oder konnte den Festgehaltenen mitteilen, wer fuer diese Massnahmen verantwortlich ist. Zwei in der Gruppe befindliche JournalistInnen konnten sich durch das Vorweisen ihrer Presseausweise den polizeilichen Massnahmen entziehen und konnten so auf das Gelaende des ehemaligen FKL gelangen. Dort wurden sie von der Polizei aufgehalten, die sie verhaften wollte. Es gebe, so wurde ihnen erklaert, gegen sie einen Haftbefehl, ausserdem seien, so die Aussage der Beamten, ihre Presseausweise gefaelscht - was natuerlich nicht den Tatsachen entsprach. Die Verhaftung konnte nur durch das Einschreiten der Lagerleitung verhindert werden.
Um 17.00 Uhr wurde den TeilnehmerInnen durch die Polizei ein ,Platzverweis" erteilt und unter Androhung einer Inhaftnahme wurden sie durch brandenburgische Beamten bis zur Landesgrenze eskortiert.
Der AStA der Ruhr-Universitaet Bochum protestiert hiermit aufs Schaerfste gegen die Behandlung der KommilitonInnen und der anderen TeilnehmerInnen und die eklatante Verletzung der Grundrechte durch die Polizei. Er fordert die Verantwortlichen auf, sich in der OEffentlichkeit zu erklaeren und die Gruende fuer dieses skandaloese und provokante Verhalten der Polizei offenzulegen. Ferner fordert er den Ministerpraesidenten des Landes Brandenburg, Herrn Dr. Manfred Stolpe (SPD), auf, zu diesen Vorfaellen Stellung zu nehmen und die Konsequenzen aus dieser Polizeiaktion zu ziehen und dafuer zu sorgen, dass die Verantwortlichen sich rechtfertigen muessen. Auch muss die Rolle der Wuppertaler Polizei geklaert werden, da offensichtlich zivile Beamten aus Wuppertal an diesem Einsatz teilgenommen haben. Auch bittet er die Praesidentin des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Rita Suessmuth (CDU), diese Vorfaelle, die sich waehrend ihrer Rede ereigneten, zur Kenntnis zu nehmen und sich, falls sie dies fuer noetig haelt, dazu zu aeussern.
Um gegen diese Vorfaelle zu protestieren, hat der AStA der Ruhr-Universitaet Bochum einen offenen Brief verfasst, der groesstenteils mit dieser Erklaerung uebereinstimmt. Unterschriftenlisten mit dem offenen Brief koennen beim AStA der Ruhr-Universitaet Bochum, Referat fuer Kritische Wissenschaften, Universitaetsstr 150, 44780 Bochum, Fax: 0234-701623 bestellt werden."
Criteria of this press release:
Law, Politics
transregional, national
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German
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