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01/19/2001 15:22

Ohne Ehrenamt keine Demokratie?

Achim Fischer Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    European Science Foundation (ESF) fördert länderübergreifende Forschungskooperation des MZES zur Vereinsforschung // Internationales Forschungsnetzwerk untersucht Zusammenhänge zwischen sozialem Engagement, Bürgergesellschaft und Demokratie // Deutsches Teilprojekt wird von der DFG mit gut einer halben Million Mark unterstützt

    Um die gesellschaftliche Bedeutung ehrenamtlicher Tätigkeit weltweit herauszustellen, hat die UNO das Jahr 2001 zum Internationalen Jahr der Freiwilligen erklärt. Welche politische und gesellschaftliche Funktion Ehrenämter erfüllen, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt. Ob Vereinsaktive tatsächlich die besseren Demokraten sind, darüber ließ sich bisher lange streiten. Jetzt sollen Fakten her. Zweiundreißig Sozialwissenschaftlicher aus 15 europäischen Länder haben sich in einem von der European-Science-Foundation (ESF) finanzierten Netzwerk zusammengeschlossen, um den Zusammenhang zwischen sozialem Engagement, Bürgergesellschaft und Demokratie auf der Grundlage von Umfragen und "Feldstudien" zu klären. Umgerechnet 150 000 Mark wird dem "ESF-Netzwerk" zur Verfügung gestellt, um den Kommunikations- und Koordinationsbedarf dieses internationalen Großprojektes zu decken.

    Die Wissenschaftler kommen aus Dänemark, der Schweiz, Rumänien, Belgien, den Niederlanden, Schweden, Spanien, Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Slowenien, Portugal, dem Vereinigten Königreich und Norwegen. Sie treffen sich regelmäßig, um einen gemeinsamen Fragebogen zu erarbeiten, den sogenannten "Common Core Questionnaire". Hierin finden sich Fragen zu sozialem Engagement, zur politischen Partizipation und demokratischen Einstellungen. "Ohne das von der European Science Foundation finanzierte Netzwerk wäre diese enorme Koordinierungsleistung nicht möglich gewesen", gibt Netzwerkkoordinator und Projektinitiator Professor Jan van Deth zu verstehen. Durch die Einheitlichkeit der Fragen soll die Vergleichbarkeit über die Ländergrenzen hinweg gewährleistet werden. "Hier einen breiten Konsens zu finden, war nicht einfach", so der Direktor des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES).

    International vergleichende empirische Forschungsprojekte dieser Größenordnung sind in den Sozialwissenschaften bisher noch selten. Kein Wunder also, dass die Mannheimer Politikwissenschaftler sehr stolz darauf sind, dass ihre Initiative zu diesem Gemeinschaftsvorhaben von der Europäischen Stiftung zur Forschungsförderung finanziell honoriert wurde. Für das Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) als auch für die Universität bedeutet das von der ESF finanzierte europäische Forschernetzwerk eine weitere Stärkung als sozialwissenschaftlicher Forschungsstandort von internationalem Rang. Zudem ist es in den meisten Mitgliedsländern gelungen, die jeweiligen nationalen Einrichtungen zur Forschungsförderung für die Finanzierung der jeweils dreistufigen Teilprojekte zu gewinnen.

    So schießt allein die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dem deutschen Teilprojekt gut eine halbe Million Mark für die repräsentative Bevölkerungsbefragung zu. Die Studie zur Vereins- und Verbändelandschaft sowie die daran anschließende Mitgliederbefragung, die ebenfalls Bestandteil aller nationalen Einzelprojekte sind, werden für Deutschland mit 80.000 Mark von der "Deutsch-Britischen Stiftung für das Studium der Industriegesellschaft" mitgetragen. Das am MZES angesiedelte Projekt "Demokratie und Engagement" untersucht hierbei die Mannheimer Vereins- und Verbändelandschaft für den deutsch-britischen Vergleich von lokalen Wohlfahrtsorganisationen.

    "Alle reden über das Ehrenamt, aber keiner weiß wieviel Vereine es überhaupt gibt", gibt die Projektleiterin Dr. Sigrid Roßteutscher zu bedenken. "Wer hätte gedacht, dass wir allein für Mannheim 5000 Vereine gefunden haben, die nicht nur auf dem Papier existieren.", so die Politikwissenschaftlerin im Hinblick auf die umfangreiche Liste, die sie mit Projektmitarbeiterin Marina Berton erstellt hat. "Das Ausmaß der deutschen Vereinsmeierei hat uns wirklich überrascht", gesteht auch van Deth.

    Auch was den internationalen Vergleich angeht, gibt es bereits erste Erkenntnisse: "Die typischen Vereinsmeier sind die Nord-West-Europäer. In Südeuropa dominieren eher die Familie sowie religiöse oder informelle Einrichtungen". Was den Grad der Institutionalisierung angeht, gibt es also ein klares Nord-Süd-Gefälle. "Die Nord-West-Europäer neigen viel stärker dazu, gemeinsame Aktivitäten zu formalisieren. Wenn sie gemeinsam singen, gründen sie gleich einen Gesangsverein", erläutert van Deth.

    "Wie sich diese Unterschiede auf das politische System auswirken, welche Konsequenzen sich daraus für das Bestehen der Demokratie ergeben ist die eigentlich spannende Frage, die wir im Zuge dieses Projektes beantworten wollen", so der Sozialwissenschaftler. Denn jedes Land hat seine spezifischen Eigentümlichkeiten. Aber zu sagen, die Süd-Europäer wären deshalb die schlechteren Demokraten, weil sie eine weniger institutionalisierte Vereinslandschaft haben, wäre nach Meinung van Deths viel zu voreilig. "Aber 2003 wissen wir sicherlich mehr!"

    Andrea Weber

    Weitere Informationen zum Projekt finden sich hierzu im Internet:
    http://www.mzes.uni-mannheim.de/projekte/cid/homepage.htm

    Kontakt:
    Prof. Dr. Jan W. van Deth (ESF-Netzwerkkoordinator)
    Tel.: 0621/181-2098, Fax: 0621/181-2099
    jvdeth@rumms.uni-mannheim.de

    Dr. Sigrid Roßteutscher (Projektleitung)
    Tel.: 0621/181-2095
    rossteut@rumms.uni-mannheim.de


    More information:

    http://www.mzes.uni-mannheim.de/projekte/cid/homepage.htm


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    Criteria of this press release:
    Law, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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