Zweifellos wäre Professorin Anita Marchfelder auch ein Musterfall für eine Förderprogramm zur Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere: Promotion mit der Note 1,0, Habilitation in Biochemie und Molekularbiologie, eine zehnjährige Tochter und ein Sohn mit sieben Jahren, dazu ein Kollege als Ehemann - ungeachtet unvermeidlicher häuslicher Verpflichtungen arbeitet die Wissenschaftlerin vom Institut für Molekulare Botanik der Universität Ulm weiter intensiv an ihrer Bilderbuchlaufbahn in Forschung und Lehre.
Jetzt sogar mehr denn je: Denn die 43jährige gebürtige Berlinerin, seit 1996 am Oberen Eselsberg tätig und 2003 mit dem Wissenschaftspreis der Stadt Ulm ausgezeichnet, hat kürzlich die erste Heisenberg-Professur für die Uni Ulm erhalten, eine hochkarätige Auszeichnung im Rahmen eines seit Dezember 2005 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) praktizierten Förderprogramms für Nachwuchswissenschaftler mit besonders herausragenden Leistungen.
Freilich kein Ruf zum Ausruhen, im Gegenteil. "In zwei Jahren wird meine Arbeit evaluiert", weiß Marchfelder, "dann entscheidet sich, ob sie für zwei Jahre weiter gefördert und in eine reguläre Professur übergehen wird". Denn: Ziel des Heisenberg-Programms ist unter anderem, besonders qualifizierte Wissenschaftler dauerhaft im Lande zu halten, deutsche und ausländische ebenso wie deutsche Rückkehrer aus dem Ausland. Für die Professorin heißt das vor allem: Viel Forschung, sichtbare Ergebnisse, Publikationen. "Das geht nur, wenn der Mann mitzieht", weiß die zweifache Mutter, "in unserem Fall sogar leichter als bei normalen Arbeitszeiten". Schließlich könne sie sich ihre zumeist variabel organisieren und nachmittags helfe eine Tagesmutter. "Nur bei Kongressen geht das Jonglieren weiter."
Forschung allerdings bedeutet für das Wissenschaftler-Paar nicht selten Schichtarbeit. Ein Vorteil dabei für Anita Marchfelder: Zeitlich flexibel ist auch das Hauptobjekt ihrer Untersuchungen, das Archaeon Haloferax volcanii, ein archaealer Modellorganismus, an dem sie sich mit ihrer Arbeitsgruppe schwerpunktmäßig beschäftigt. Archaeen sind für die Wissenschaftlerin "die faszinierendste der drei existierenden Lebensformen", in die bekanntlich alle zellulären Lebewesen eingeteilt werden. Neben Archaeen also Bakterien und Eukaryoten. Wobei, wie Marchfelder erläutert, das Genom der Archaea neben Archaea-typischen Genen auch bakterien- und eukaryotenähnliche Gene enthalte. Besonders spannend für die Forschung: Archaea existieren vorwiegend an Orten mit extremen Lebensbedingungen, in den heißen Quellen des Yellowstone Nationalparks in den USA zum Beispiel.
So verspricht die Forschung an dieser Lebensform Marchfelder zufolge hoch interessante evolutionäre Aspekte, zum einen aufgrund der Verwandtschaft der Archaea zu den komplexeren Lebensformen der Eukaryoten, zum anderen aufgrund ihrer Anpassung an extreme Lebensbedingungen wie hohe Temperaturen oder Salzkonzentrationen.
Vor diesem Hintergrund untersucht die Arbeitsgruppe der Heisenberg-Professorin verschiedene Aspekte des RNA-Stoffwechsels, einerseits so genannte kleine RNA-Moleküle als Regulatoren der Genexpression, andererseits die zur Reifung und zum regulierten Abbau von RNA-Molekülen essentiellen Enzyme. Grundlagenforschung also mit einem hohen biotechnologischen Potential, in der Biotechnologie selbst wie in der Medizin oder in der Nanotechnologie und in der Biologie.
Ungeachtet ihrer anspruchsvollen Forschung: "Wichtig ist für mich auch die Lehre", sagt Anita Marchfelder. Sie hält Vorlesungen und Seminare, betreut unter anderem das Grundpraktikum in Pflanzenphysiologie. "Und natürlich engagiere ich mich auch in der akademischen Selbstverwaltung", erklärt die Wissenschaftlerin, unter anderem als Mitglied der Gleichstellungskommission. Letztere kommt ihr aus gutem Grund besonders zupass: Ein erklärtes Ziel des Gremiums ist schließlich die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Anita Marchfelder, Tel. 0731/50-22658
Erste Heisenberg-Professorin der Uni Ulm: Prof. Anita Marchfelder
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Biology
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