Sexuelle Dysfunktionen von angstgestörten und depressiven Patienten gehen während der Therapie zurück, auch wenn sie gar nicht direkt behandelt werden
Patienten, die eine Verhaltenstherapie wegen einer vorliegenden Angststörung oder Depression erfolgreich abschließen, dürfen sich auch auf ein deutlich verbessertes Liebesleben freuen. Eine entsprechende Studie haben Wissenschaftler des Instituts für Klinische, Diagnostische und Differentielle Psychologie an der TU Dresden unter Leitung von Professor Jürgen Hoyer unlängst im Journal "Sexual and Relationship Therapy" veröffentlicht.
Fast zwei Drittel der knapp fünfhundert Patienten, die sich an der dortigen Institutsambulanz wegen Angststörungen oder Depressionen behandeln ließen, berichteten vor Behandlungsbeginn über verschiedene sexuelle Probleme. Wurde die vorliegende psychologische Störung erfolgreich behandelt, konnte sich eine Mehrheit dieser Teilnehmer über die deutliche Besserung ihrer Probleme - generelles sexuelles Interesse, Erektions- und Orgasmusfähigkeit etc. - freuen. Ein Teil der Patienten berichtete jedoch, dass ihre sexuellen Probleme weiterhin vorlagen, weswegen die Wissenschaftler vorschlagen, sexuellen Dysfunktionen als Begleiterscheinung anderer psychologischer Krankheiten generell mehr Aufmerksamkeit zu schenken, nicht zuletzt um besser beurteilen zu können, in welchen Fällen eine zusätzliche sexualtherapeutische oder medizinische Behandlung notwendig ist.
Konkret wurde schon seit einigen Jahren vermutet, dass die Schwere von Begleiterkrankungen von Menschen mit Panikattacken oder generalisierten Angststörungen deutlich gemindert wird, auch wenn diese Begleiterkrankungen während der psychotherapeutischen Behandlung keine direkte Aufmerksamkeit erfuhren. Eindeutige Studienergebnisse fehlten jedoch, und auch die neue Studie der Dresdner Psychologen kann noch nicht alle Fragen zweifelsfrei beantworten. Könnte es beispielsweise an der generell gestiegenen Qualität der Intimbeziehungen erfolgreich therapierter Patienten liegen, dass es ihnen nun generell leichter fällt, zum Orgasmus zu gelangen? Oder ist es eher die positivere Lebensanschauung der ehemaligen Klienten, die sich in den Daten niederschlägt, obwohl objektivere Kriterien eine Verbesserung des Liebeslebens gar nicht in dem Ausmaß bestätigen würden?
Wenn das Liebesleben der Therapierten sich verbessert, obwohl sexuelle Probleme gar nicht konkret behandelt wurden - bedeutet das, dass sexuelle Dysfunktionen in der Therapie gar nicht gesondert angesprochen werden müssen? "Diesen Schluss erlauben unsere Daten nicht", so Hoyer. "Tatsächlich sprechen wir auch von einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl von Patienten, bei denen diese Symptome nach einer erfolgreichen Therapie unvermindert vorlagen. Patienten sollten in der Zukunft noch stärker ermutigt werden, auch Probleme mit der Sexualität offen anzusprechen, denn wo sonst können sie erwarten, dass mit ihren Problemen vertraulich und professionell umgegangen wird, als beim Psychotherapeuten."
Informationen für Journalisten:
Prof. Jürgen Hoyer,
Tel. 0351 463-36070
E-Mail: hoyer@psychologie.tu-dresden.de
Criteria of this press release:
Psychology
transregional, national
Research results
German
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