56. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie
und Intensivmedizin (DGAI)/Deutscher Anästhesiecongress (DAC) 2009
9. bis 12. Mai 2009, Congress Center Leipzig
Leipzig - Gehen Deutschland die Narkoseärzte aus? Wie lässt sich die flächendeckende Versorgung auch in Zukunft gewährleisten? Welche Wege gibt es, junge Mediziner bereits frühzeitig für das Fachgebiet zu gewinnen? Diese Fragen diskutieren Narkoseärzte auf dem Deutschen Anästhesiecongresses (DAC) in Leipzig. Denn obwohl derzeit ausreichend Mediziner eine Facharztausbildung zum Anästhesisten absolvieren, nehmen nicht alle später auch eine Vollzeittätigkeit in diesem Bereich auf.
Derzeit schließen jährlich etwa 900 Mediziner ihre Facharztausbildung zum Anästhe¬sisten ab. Damit kommen auf jeden Narkosearzt, der aus Altersgründen ausscheidet, vier junge Nachwuchsanästhesisten. Dies hat eine aktuelle Analyse statistischer Daten gezeigt. Dennoch kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen, mahnt Professor Dr. med. Dr. h.c. Jürgen Schüttler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI): "Dieser Überschuss ist nur die halbe Wahrheit. Denn viele Anästhesisten - vor allem Frauen - arbeiten nur in Teilzeit." Außerdem gebe es schon heute große regionale Unterschiede in Deutschland. "Je weiter man nach Norden und Osten kommt, desto ungünstiger stellt sich das Verhältnis zwischen ausscheidendem und nachrückendem Anästhesisten dar", so Schüttler, der auch Direktor der Anästhesiologischen Klinik am Universitätsklinikum Erlangen ist.
Die Abwanderung junger Ärzte ins Ausland komme erschwerend hinzu, erklärt Schüttler weiter. "Noch sind die Zahlen mit jährlich 2 600 Medizinern aller Fachgruppen überschaubar, doch die Tendenz ist steigend." Deshalb müsse man die Gründe für die Abwanderung ins Ausland wie höhere Wertschätzung und bessere Einkommen ernst nehmen und dort ansetzen.
Ein weiteres Problem sieht der DGAI-Präsident darin, dass Krankenhäuser durch das hohe Angebot an Fachärzten immer weniger Weiterbildungsassistenten einstellen. Dadurch ist der Anteil an Weiterbildungsstellen von 60 Prozent im Jahr 1990 auf aktuell 40 Prozent gesunken. "Wenn die Zahl auf unter 30 Prozent absinkt, ist das Gleichgewicht im System ernsthaft gestört", warnt Schüttler auf dem DAC.
Um das Nachwuchsproblem in den Griff zu bekommen, plädiert Schüttler dafür, angehende Ärzte bereits während des Studiums für die Anästhesiologie zu begeistern. "Dass dieser Ansatz funktioniert, hat das Simulatorprojekt der DGAI gezeigt. Hier bieten wir Studenten ein anästhesiologisches und notfallmedizinisches Training an lebensechten, computergesteuerten Dummys an." Pupillen- und Atembewegungen des Dummys sorgen für ein realistisches Szenario. Die Studenten erhalten so die Möglichkeit, in einer möglichst wirklichkeitsgetreuen Umgebung für den Ernstfall zu trainieren. "Diese Kurse haben zu einem deutlichen Imagegewinn unseres Fach¬gebietes bei den Medizinstudenten geführt", berichtet Schüttler. Darüber hinaus bietet die Fachgesellschaft ein Mentoringprogramm für Nachwuchswissenschaftler an. Zudem soll die Stellung der Ärzte in Weiterbildung in den DGAI-Gremien gestärkt werden.
Quelle: G. Knichwitz, M. Wenning: Gehen Deutschland die Anästhesisten aus? In: Anästhesiologie & Intensivmedizin 2009;50:276-282
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