Besteht ein Infektionsrisiko durch hoch pathogene Vogelgrippe-Erreger bei heimischen Greifvögeln und können sie das Virus auf andere Vogelarten und Säuger übertragen? "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Greifvögel dabei eher eine untergeordnete Rolle spielen", sagt Dr. Marion Gschweng, Biologin im Institut für Experimentelle Ökologie der Universität Ulm, "vermutlich liegt das Risiko eher bei Wasservögeln".
Ihre Aussage stützt die Wissenschaftlerin auf die Resultate des von ihr geleiteten dreijährigen Forschungsprojekts ("Greifvogel-Monitoring") im Rahmen des Forschungsprogramms "Wildvögel und Vogelgrippe", koordiniert und mit 2,1 Millionen Euro gefördert vom baden-württembergischen Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum (MLR). Abschließende Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen.
Baden-Württemberg hatte im Frühjahr 2006 als erstes und bisher einziges Bundesland ein eigenes Forschungsprogramm gestartet und damit auf den Nachweis des Influenzavirus vom Subtyp H5N1 Asia bei insgesamt 17 Wildvögeln im Land reagiert. Ziel dabei vor allem: Auf Basis gesicherter Erkenntnisse geeignete Abwehrmaßnahmen gegen ein zukünftiges Übergreifen von Vogelgrippeviren auf Hausgeflügelbestände oder den Menschen zu entwickeln.
"Die Fragestellungen lagen damit für uns auf der Hand", berichtet Gschweng: "Ziehen unsere Greifvögel über lange Strecken durch Gebiete, aus denen schon die Vogelgrippe gemeldet wurde? Könnten sie sich dort infizieren oder das Virus aus ihren Winterquartieren auf ihrem Weg zurück ins Brutgebiet einschleppen? Wäre eine Übertragung auf Hausgeflügel oder sogar den Menschen möglich?" Ungleich schwieriger freilich die Antworten, die Umsetzung in der Praxis.
"Schließlich ziehen die Rotmilane für die Wintermonate über die Schweiz und Frankreich nach Spanien, die Schwarzmilane über Marokko und Mali noch weiter nach Westafrika", so die Ulmer Wissenschaftlerin. "Ein Weibchen konnten wir sogar bis nach Togo und Nigeria verfolgen." In ein Gebiet also, aus dem bereits der hochpathogene Erreger gemeldet worden war.
Die Bewegungsprofile ermöglicht hat Dr. Gschweng zufolge die Satellitentelemetrie. 16 mit entsprechenden Mini-Sendern ausgestattete Rot- und Schwarzmilane meldeten regelmäßig ihre Routen und Aufenthalte. "Allerdings fehlen aussagekräftige Untersuchungen zur Nahrungswahl und genauen Aufenthaltsorten der Schwarzmilane in Afrika", bedauert die Biologin. Auf heimischem Terrain dagegen seien sehr detaillierte Beobachtungen möglich gewesen. Mittels Radiotelemetrie nämlich. "Damit übermittelten uns die Vögel Aufenthaltsorte und ihr Verhalten gleichermaßen." Aktivitäten wie Jagen und Füttern etwa, Kontakte zu anderen Vogelarten, selbst Besuche von Geflügelhaltungsbetrieben und Mülldeponien.
"Auf mögliche Infektionen hin untersucht haben wir die Milane und weitere bei uns heimische Greifvogelarten anhand von Rachenabstrichen und Blutproben", so die Projektleiterin. Die Milane seien überdies beim Fang auch gemessen, gewogen und beringt worden - kein leichtes Unterfangen bei einer Spannweite von eineinhalb Metern und mehr beim größten Greifvogel hierzulande.
Auf das gesuchte und gefürchtete Virus hin untersucht worden sind die Proben dann im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart. "In die Untersuchung einbezogen haben wir auch das jeweilige Nahrungsangebot für die Greifvögel in den einzelnen Brutgebieten", betont Dr. Gschweng, nicht unwichtig nämlich im Hinblick auf ein mögliches Infektionsrisiko aufgrund des wechselnden Speiseplans: Mäuse vor allem, Jungvögel, Frösche oder Aas. "Insgesamt sind nicht weniger als 280 Vögel untersucht worden, übrigens neben Milanen auch Mäusebussarde, Turmfalken, Habichte und Sperber", zieht die Ulmer Biologin Bilanz, "keiner war mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert".
Weitere Informationen: Dr. Marion Gschweng, Tel. 0731/50-22686
Ein Schwarzmilan wird mit einem Sender bestückt
Uni Ulm
None
Criteria of this press release:
Biology
transregional, national
Research projects
German
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