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04/26/2001 13:13

Nach 31-jähriger Amtszeit: Das Ende der Ära Dr. Köhler

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Die Universität Augsburg verabschiedet ihren Kanzler -

    Am 1. April 1970 wurde der damals 32-jährige Oberregierungsrat Dr. Dieter Köhler aus der Hochschul- und Kunstabteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus an die zum 1. Januar 1970 gegründete, also exakt drei Monate alte Universität Augsburg versetzt und ein halbes Jahr später, am 1. Oktober 1970, auf Vorschlag des Gründungspräsidenten Prof. Dr. Louis Perridon zu deren erstem Kanzler bestellt. Dies war der Beginn einer Amtszeit, die nach 31 Jahren am 30. April 2001 endet. Vier Tage vorher, am heutigen Donnerstag, dem 26. April, verabschiedet die Universität Augsburg ihren ersten und bislang einzigen Kanzler in den Ruhestand.

    Kein Zweiter hat die Universität Augsburg und ihre bisherige Entwicklung an so entscheidender Stelle und in solcher Kontinuität mitgestaltet wie der gebürtige Leipziger Dieter Köhler, der nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik im Jahr 1950 Augsburger wurde, 1956 am Humanistischen Gymnasium bei St. Anna Abitur machte, mit einem Bayerischen Staatsstipendium für besonders Begabte dann an der LMU München das Studium der Rechtswissenschaften aufnahm, 1961 die erste, 1965 die zweite juristische Staatsprüfung absolvierte, im selben Jahr an der LMU zum Dr. jur. promovierte, um sich - nach insgesamt fünf weiteren Jahren bei der Regierung von Oberbayern, beim Landratsamt Ebersberg und im Münchner Kultusministerium - auf das "Pionierprojekt Reformuniversität Augsburg" einzulassen.

    Als Köhler zum 1. April 1970 seinen Dienst "an der Universität Augsburg" antrat, trat er mehr oder weniger ins Leere: In einem "Rennen gegen die Zeit" (wie die Augsburger Allgemeine titelte) galt es zunächst, die rudimentärsten Voraussetzungen für die auf den 1. Oktober 1970 terminierte Aufnahme des Lehrbetriebs an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Gründungsfakultät zu schaffen: Durch die Anmietung von Provisorien am Standort Memminger Straße und durch deren zweckentsprechenden Umbau musste die räumliche Unterbringung gesichert werden, zumindest in den essentiellen Bereichen Studentenverwaltung, Personal und Haushalt/Beschaffung waren die Ansätze zu einer Universitätsverwaltung aufzubauen und zugleich verlangten neben der Verwaltung auch bereits die ersten WiSo-Lehrstühle sowie die Bibliothek nach einer ersten Ausstattung.

    Dieses Rennen wurde gewonnen: Nach Aufnahme des Lehrbetriebs Mitte Oktober 1970 mit 190 Studierenden und 14 Professoren konnte man sich verstärkt der Arbeit an rechtlichen und Satzungsfragen widmen, wobei Köhler "verschiedenste Widerstände" bei der Durchsetzung der Reformvorstellungen (z. B. Präsidialsystem, Präsidialausschüsse, zentrale Betriebseinheiten) sowie zeitaufwendige hochschulpolitische und rechtliche Diskussionen um die Autonomie der Universität im Gründungsstadium und um die Paritäten in den Akademischen Gremien in Erinnerung hat.

    Köhler erinnert sich auch daran, dass Hochschulwahlen zu dieser Zeit noch spannend waren und man es bei der ersten sogar mit einem anfänglichen Boykott der Studierenden und Mitarbeiter zu tun hatte; oder dass die erste Präsidentenwahl angefochten wurde und er deswegen für die Universität prozessieren musste (und erfolgreich dabei war); oder dass die vom Ministerium als Rechtsverordnung erlassene vorläufige Verfassung der Universität Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen war, die ihn nicht unerheblich beanspruchten. Aber auch das Spektrum der sonstigen Herausforderungen, mit denen es der Verwaltungschef in den frühen 70er Jahren zu tun hatte, war denkbar breit und vielfältig. Auf Köhlers Agenda standen u. a. die primär auf Bau- und Strukturplanung konzentrierte Mitarbeit im Strukturbeirat für die Universität Augsburg; der Aufbau der Katholisch-Theologischen Fakultät bei paralleler Abwicklung der Philosophisch-Theologischen Hochschule Dillingen; der Aufbau der Juristischen Fakultät einschließlich der Etablierung des Modells der einstufigen Juristenausbildung; die Angliederung der Pädagogischen Hochschule als Erziehungswissenschaftlicher Fachbereich sowie der Aufbau der Philosophischen Fachbereiche/Fakultäten, in die die Erziehungswissenschaften dann integriert wurden; die Einrichtung eines weiterbildenden Kontaktstudiums; der Ausbau der Universitätsverwaltung (u. a. Rechtsreferat und Technisches Referat) und die Errichtung zentraler Betriebseinheiten (Sportzentrum, Rechenzentrum, Hochschuldidaktisches Zentrum, Zentrum für Studien- und Konfliktberatung und Sprachenzentrum); und nicht zuletzt die Sicherung der Finanzierung der Universität sowie insbesondere die Durchsetzung der Beteiligung des Bundes durch die Aufnahme der Universität in die Anlage zum Hochschulbauförderungsgesetz.

    Mitte der 70er Jahre konnte bereits die Detailplanung für die einzelnen Baumaßnahmen auf dem neuen Campus im Süden Augsburgs aufgenommen werden, auf dem heute fast alle Einrichtungen der Universität vereinigt sind. Durch seine Überzeugungsarbeit gegen einen innerstädtischen Standort und durch seine Mitwirkung an der Vorbereitung eines städtebaulichen Wettbewerbs für das dann seit Beginn der 80er Jahre entstandene "Universitätsviertel" hatte Köhler wesentlichen Anteil daran, dass am 23. Oktober 1974, am selben Tag, an dem auch die Empfehlungen des Strukturbeirates für die Universität Augsburg verabschiedet wurden, auf dem heutigen Campus der erste Grundstein am Standort "Neue Universität" gelegt wurde. 1977 war als erstes das Gebäude der Philosophischen Fakultäten bezugsfertig, in der ersten Hälfte der 80er Jahre folgten die Neubauten für den Zentralbereich (Mensa, Rektoratsgebäude, Zentralbibliothek)

    Neben den Bauprojekten waren es die Bemühungen um die innere Konsolidierung und Organisation (Grundordnung, interne Mittelverteilung, Ausbau der Verwaltung etc.) sowie um angemessene Stellen- und Sachmittelvolumina, die Köhler - als Kanzler nicht nur Mitglied des Senats und der Versammlung, sondern von Beginn an auch Vorsitzender der Ständigen Kommission für Haushalts-, Bau- und Raumangelegenheiten - in erster Linie in Anspruch nahmen. Daneben setzten in den späten 70er Jahren bereits die ersten Vorbereitungen für die Errichtung von Naturwissenschaften an der Universität Augsburg ein. Während Bemühungen um eine klinische Akademie scheiterten, konnte 1981 die Mathematik als erste naturwissenschaftliche Disziplin etabliert werden. Der Auf- und kontinuierliche Ausbau der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät - über die Physik bis hin zur Materialforschung und der Informatik in jüngster Vergangenheit - war eine weitere zentrale Herausforderung, die Köhler durch die zweite Hälfte seiner Amtszeit begleitete.

    Parallel hierzu und zu den Anforderungen, die die enorme Überlastsituation der frühen 90er Jahre in Sachen Krisenmanagement und Improvisationsgeschick mit sich brachte, bedurfte es eines enormen Engagements und kontinuierlicher Hartnäckigkeit, um die räumliche Zusammenführung der zum Großteil noch in Provisorien untergebrachten Fakultäten bzw. Fächer auf dem Campus voranzutreiben. Eine erster Etappensieg war mit der Fertigstellung der Sportstätten, des WiSo-Hörsaalzentrums sowie des Gebäudes für das Mathematik-Institut und das Rechenzentrum erreicht, in einer zweiten Etappe konnte mit den Physik-Gebäuden sowie mit den Fakultätsgebäuden WiSo und Jura der Campus vorläufig vollendet werden. Unter keineswegs immer leichten Bedingungen und mit Ausnahme eines Zentrums von Kunst und Musik hat die Universität Augsburg am Ende der Amtszeit ihres ersten Kanzlers in baulicher Hinsicht alles erreicht, was sie sich realistischerweise wünschen konnte.

    Soweit dies in komplexen Zeiten der Reformen überhaupt möglich ist, hinterlässt Dr. Dieter Köhler geordnete Verhältnisse und ein tragfähiges Fundament, auf dem sein Amtsnachfolger Alois Zimmermann weiterbauen kann. Ein unschätzbarer Dienst, den Köhler der Universität noch kurz vor seinem Abschied erwiesen hat, ist die von ihm in der gewohnt besonnenen, auf Konsens zielenden und unspektakulären Art erledigte Mammutaufgabe, die Personalausstattungen neu zu regeln und mit den Professorinnen und Professoren neue Berufungsvereinbarungen über diese Personalausstattungen für die Zeit nach dem 1. Oktober 2001 abzuschließen.
    ___________________________

    Der Festakt zur Verabschiedung von Dr. Dieter Köhler beginnt heute um 17.00 Uhr im Albertus-Magnus-Hörsaal (HS I im Hörsaalzentrum, Universitätsstraße 10) und hat folgendes Programm:

    o Bläserquintett des collegium musicum der Universität Augsburg: Franz Danzi: g-moll-Bläserquintett (langsamer Satz)

    o Begrüßung und Würdigung durch Rektor Prof. Dr. Wilfried Bottke

    o Grußworte
    - Ministerialrat Walter Ziegerer (Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst)
    - Kanzler Thomas A. H. Schöck (Kanzler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Bundessprecher der Kanzler der Universitäten der Bundesrepublik Deutschland)
    - Dr. Manfred Scholz (Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde der Universität Augsburg e. V., Vorsitzender des Hochschulrates der Universität Augsburg)
    - Johann Mayr (Vorsitzender des Personalrates der Universität Augsburg)

    o Bläserquintett des collegium musicum der Universität Augsburg
    Jacques Ibert: Schneller Satz aus "Trois petits morceaux"

    o Festvortrag von Prof. Dr. Reiner Schmidt: "Umweltschutz im freien Markt"

    o Zum Abschied - Kanzler Dr. Dieter Köhler

    o Kammerchor der Universität Augsburg
    Thomas Morley: "Sing we and chant it" o Giovanni Gastoldi: "Amor vittorioso" o Hans Leo Haßler: "Tanzen und Springen" o James E. Moore: "An Irish Blessing"
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    Redemanuskripte sowie weitere Materialien werden für die Vertreterinnen und Vertreter der Medien bei der Veranstaltung bereitgehalten. Sie können auch in der Pressestelle der Universität Augsburg (Tel. 0821/598-2094, Fax -5288, e-mail: info@presse.uni-augsburg.de) angefordert werden.


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    31 Jahre lang Kanzler der Universität Augsburg: Dr. Dieter Köhler geht in Ruhestand. Foto: Agnes Hagg
    31 Jahre lang Kanzler der Universität Augsburg: Dr. Dieter Köhler geht in Ruhestand. Foto: Agnes Hag ...

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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    regional
    Personnel announcements, Science policy
    German


     

    31 Jahre lang Kanzler der Universität Augsburg: Dr. Dieter Köhler geht in Ruhestand. Foto: Agnes Hagg


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