Auf der Zielgeraden ihrer Dissertation freuen sich fünf Nachwuchswissenschaftler der RUB über eine Finanzspritze, die ihnen hilft, ihre Forschungsprojekte wie geplant abzuschließen: Sie erhielten am 5. Oktober die Preise der Wilhelm und Günter Esser Stiftung für ihre herausragenden Arbeiten in Geschichtswissenschaft, Kunsthistorik und Medienwissenschaft, Sozialwissenschaft, Geowissenschaft und Ökologie sowie Biologie.
Bochum, 06.10.2009
Nr. 320
Die unsichtbare Geschichte Zollvereins und Höhlen als Klimaarchive
Fünf junge RUB-Forscher erhalten Promotions-Stipendien
Preise der Wilhelm und Günter Esser Stiftung verliehen
Auf der Zielgeraden ihrer Dissertation freuen sich fünf Nachwuchswissenschaftler der RUB über eine Finanzspritze, die ihnen hilft, ihre Forschungsprojekte wie geplant abzuschließen: Sie erhielten am 5. Oktober die Preise der Wilhelm und Günter Esser Stiftung - ein je halbjähriges Stipendium in Höhe von 750 Euro pro Monat. Gunnar Gawehn erforscht die heute "unsichtbare" Geschichte der Zeche Zollverein aus den Jahren 1847 bis 1914; Jens Hauser ergründet in seiner fachübergreifenden Arbeit die Strategien organischer Medienkunst und die neuen Medien, die aus Biotechnologie entstehen. Die Sozialwissenschaftlerin Leila Arroum analysiert die Sprachkompetenz-Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Aus den Naturwissenschaften werden zwei Projekte gefördert: Dana Riechelmann gewinnt neue und hoch präzise Klimadaten aus Tropfsteinen, Inga Trompetter untersucht die bisher unbekannte Funktion von bestimmten Enzymen (Nitrilasen NIT1) zur Rückgewinnung und zum Abbau von Stoffen in Pflanzen.
Zollverein: Was man heute nicht mehr sieht
Zollverein: Wer vom Weltkulturerbe und dem "Sinnbild" schlechthin für den Ruhrbergbau spricht, der meint die markante Zentralschachtanlage Zollverein 12 in Essen-Katernberg, die von 1928 bis 1930 erbaut wurde. Was man hingegen nicht mehr sieht und kaum jemand weiß: Bereits seit ihrer Gründung im Jahr 1847 setzte die Zeche Zollverein technische und wirtschaftliche Maßstäbe. Sie war von je her Motor für die ökonomische, soziale und städtebauliche Entwicklung des Standortes und nahm bereits in den Jahren 1888 bis 1901 die Spitzenposition unter allen Gruben im Ruhrbezirk entlang der Emscher ein. "Die Vorgeschichte der Zeche war mehr als ein Prolog", sagt Gunnar Gawehn, der in seiner Dissertation die heute "unsichtbare" Geschichte der Anlage erstmals systematisch dokumentiert. Denn obwohl die Zeche in vielerlei Hinsicht prägend auf die Region wirkte, existiert bisher keine Untersuchung, die sich genauer mit der Geschichte des Bergwerkes vor dem Ersten Weltkrieg befasst.
Neue Biomedien im Blick
Ein "Plantimal" - eine gentechnisch veränderte Pflanze, in der DNA-Sequenzen des Künstlers zum Ausdruck kommen; oder "opferlose Lederzucht" - in vitro entstehende Kunsthaut, die "Artenschranken" überschreitet: Das sind Beispiele von aktueller Gegenwartskunst, die auf moderne Biotechnologie als Ausdrucksmittel zurückgreift und lebendige Exponate schafft. An dieser Medienkunst setzt Jens Hauser mit seiner Arbeit an und skizziert die Herausforderungen neuer "Biomedien", die die Möglichkeiten und Grenzen bisheriger Medien übersteigen. Fachübergreifend erforscht er die Strategien von Biomedialität: "Nach der Ablösung der traditionellen Beziehung von Kunst und Natur durch Kunst und Technik im 20. Jahrhundert verschmelzen nun beide in der Biomedialität", so Hauser. Medienwissenschaftlich, kunsthistorisch, technikphilosophisch und wissenschaftstheoretisch untersucht Hauser die ästhetische und gesellschaftliche Bedeutung dieser Kunst, die die moderne Biotechnologie zweckentfremdet. Aus zahlreichen Fallstudien leitet er Perspektiven eines neuen Medienverständnisses ab.
Sprachförderung - Eltern - Integration
Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund tut Not, PISA und DELFIN haben es gezeigt: Vor allem die Kinder und Jugendlichen aus unteren sozialen Schichten sind im deutschen Schulsystem benachteiligt und haben deutlich schlechtere Bildungschancen. In Herten im nördlichen Ruhrgebiet, einer Kommune, in der bereist jedes zweite Kind bis sechs Jahre einen Migrationshintergrund hat, untersucht Leila Arroum, welche Faktoren die Sprachkompetenzförderung in Tageseinrichtungen für Kinder beeinflussen. In teilstrukturierten, narrativen Interviews befragt die Sozialwissenschaftlerin die Leiter aller Tageseinrichtungen in Herten sowie Eltern zu den Themen Sprachförderung, Elternarbeit und Integration: Welche subjektiven Schwerpunkte setzen sie, was erachten sie als "relevant", welche Deutungsmuster für "Bildungserfolg" und "Integration" lassen sich daraus ablesen? Die Befragten sollen "offen" darüber sprechen. Mit ihrer Dissertation setzt Arroum an der gängigen Behauptung an, verantwortlich für sprachliche Missstände der Kinder seien vor allem die Eltern, deren Herkunft sowie deren fehlendes Engagement und Interesse.
Klimadaten aus Tropfsteinen
In Höhlen und insbesondere in deren Tropfsteinen stecken wertvolle und vor allem sehr präzise Daten über unser Klima und die Klimaveränderungen vergangener Zeiten. Wie ein "Archiv" fungieren die mineralischen Ablagerungen (Kalzit). Dana Riechelmann fährt für ihre Untersuchung - ein so genanntes Höhlen-Monitoring - regelmäßig nach Iserlohn, wo sie in der "Bunkerhöhle" zahlreiche Aufzeichnungs- und Messgeräte installiert hat. Ihre kontinuierliche Datensammlung verfolgt zwei Ziele: zum einen geht es darum exakt zu verstehen, was heute in einer Höhle passiert. Die Analyse unseres derzeitigen Klimas aus den Kalzitschichten der Tropfsteine erlaubt dann zum anderen Rückschlüsse auf das frühere Klima. Die Daten sind in der Sprache der Wissenschaftler "hoch auflösend": Sie ermöglichen Aussagen über Zeiträume von Jahrzehnten bis Jahrhunderten und sind somit präziser als die Daten, die man etwa aus marinen Bohrkernen gewinnt. "Das ist besonders wichtig, um kurzfristige Klimaveränderungen der jüngeren Vergangenheit zu rekonstruieren", so Riechelmann. Ein Beispiel: "Bereits jetzt können wir sehr schön die Industrialisierung anhand von Schwefel in den Kalzitschichten sehen." Etwa einen Millimeter wächst ein Tropfstein im Schnitt in zehn Jahren, so dass sich anhand der geophysischen Daten Schicht für Schicht das Klima "ablesen" lässt.
Wie Pflanzen ihre eigenen Abwehrstoffe entgiften
Viele Pflanzenarten aus der Familie der Kreuzblütler (Brasscicaceen) besitzen Senfölglycoside (Glucosinolate). Wird eine Pflanze zum Beispiel durch ein Insekt angeknabbert, werden die Glucosinolate abgebaut. Dabei entstehen giftige oder schlecht schmeckende Substanzen (etwa Isothiocyanate und Nitrile). Ein Beispiel dafür ist die Senfpflanze: Sie riecht nicht nach Senf, schmeckt aber scharf, wenn man hineinbeißt. Auch "unverwundete" Pflanzen können Glucosinolate abbauen. Geschieht dies über Nitrile als Abbauprodukte, können die Pflanzen bei Schwefelmangel den Schwefel aus den Glucosinolaten zurückgewinnen. Da auch Nitrile in höheren Konzentrationen schädlich sind, werden sie von Nitrilasen zu Carbonsäuren umgesetzt. Inga Trompetter untersucht in ihrer Dissertation die NIT1-Gruppe Nitrilasen, die nur in Kreuzblütlern (Brassicaceen) vorkommen, zum Beispiel in Senf, Kresse, Kohl und Raps. Sie schaut hier ganz genau hin und erforscht, inwieweit die Nitrilasen die Pflanze befähigen, schädliche Stoffe (Nitrile) abzubauen und wertvolle Elemente (z. B. Stickstoffe) zurückzugewinnen und "neu" zu nutzen.
Weitere Informationen
Dr. Manfred Buschmeier, Dezernat 1, Forschungsreferent, Tel. 0234/32-23923, E-Mail: manfred.buschmeier@uv.rub.de
Redaktion: Jens Wylkop
Vier der fünf Stipendiaten stellten ihre Themen am 5.10. im Haus der Freunde der RUB vor (v. l.): Re ...
Criteria of this press release:
interdisciplinary
transregional, national
Personnel announcements, Research projects
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