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10/21/1997 00:00

Vereinigungsstrategien sozialpsychologisch untersucht

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Sozialpsychologische Perspektiven auf Ossis und Wessis Vereinigungsstrategien untersucht

    Jena (21.10.97) Erst war die Wende mit all ihrer Euphorie, dann kam rasch die Ernuechterung. ,Von Wundern ist heute nicht mehr die Rede", sagte Prof. Dr. Amelie Mummendey, denn Ossis wie Wessis sehen die Entwicklung eher skeptisch. Wie das ,komplizierte Verhaeltnis zwischen Ost- und West-Deutschen in Deutschland" gestaltet ist, hat Prof. Mummendey gestern in ihrer Antrittsvorlesung analysiert. Die Sozialpsychologin an der Friedrich-Schiller-Universitaet, die erst im Fruehjahr von Muenster nach Jena gewechselt ist, konzentrierte sich bei der Praesentation der ersten Ergebnisse einer Studie auf Ost-Deutschland. Im Mittelpunkt ihres gutbesuchten Vortrags stand die Suche nach sozialer Identitaet im Rahmen des gesellschaftlichen Umbruchs.

    ,Menschen streben nach einem positiven Selbstkonzept", erlaeuterte die Psychologin, die auch Mitglied im Wissenschaftsrat ist. Durch einen Vergleich mit anderen Individuen oder Gruppen wird dieses Selbstwertgefuehl erlangt. Faellt der Vergleich zu eigenen Ungunsten aus, dann wird durch vielerlei Strategien versucht, erneut zu einer positiven Selbsteinschaetzung zu kommen.

    Obwohl der Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschen nach Ansicht beider Gruppen zugunsten der Wessis ausfaellt, benutzen Ostdeutsche sie als wichtigste Referenzgruppe. Da die Gegenueberstellung in vielen Bereichen fuer die Neubundesbuerger negativ endet, sind entsprechende Reaktionen zu erwarten, um die Selbsteinschaetzung zu verbessern. Dabei existieren sowohl individuelle als auch kollektive Strategien, ,um die unbefriedigende Situation der negativen Bewertung zu bewaeltigen", fuehrte Prof. Mummendey aus. Bei den Befragungen ihrer Untersuchungspersonen wurden zahlreiche Daten und Faktoren wie Stabilitaet, Legitimitaet oder Durchlaessigkeit der Gruppengrenzen analysiert und zu einem Schema zusammengefuegt.

    Aus dem ermittelten vielfaeltigen Beziehungsgeflecht praesentierte sie ausgewaehlte Ergebnisse. Danach weisen Westdeutsche im Vergleich zu Ostdeutschen staerker auf eine gemeinsame Identitaet als Deutsche hin. Ostdeutsche hingegen waehlen haeufiger Wettbewerbsstrategien, um Ansehen und eine Verbesserung ihres materiellen Status' zu erlangen. Dieser Wettbewerb wird durch einen hohen Grad an Ressentiments beguenstigt. Und dieser Aerger ist um so groesser, je staerker man sich als Ostdeutscher identifiziert.

    Je staerker die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen betont werden, desto schwieriger wird der Weg zur wirklichen Vereinigung, so Prof. Mummendey. Die Identifikation mit Ostdeutschland erweist sich deswegen in mancher Hinsicht als Barriere in diesem Prozess.


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    Psychology
    transregional, national
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