Morgens drei, mittags zwei, abends drei Tabletten ...
Zehn oder mehr Tabletten am Tag sind für viele Ältere keine Seltenheit. Die eine gegen Knieschmerz durch Arthrose, die andere gegen Diabetes, noch eine gegen Bluthochdruck und eine fürs Herz, dazu vielleicht noch rezeptfreie Nahrungsergänzungsmittel. Das kann nicht gut sein, meinen RUB-Forscher im Verbund PRISCUS (Prerequisites for a new health care model for elderly people with multi-morbidity).
Sie haben erstmals ermittelt, wie viele Medikamente Ältere tatsächlich einnehmen, und eine Liste von Substanzen erarbeitet, die man älteren Menschen besser nicht oder nur unter Vorbehalt verschreiben sollte. Darüber berichtet RUBIN, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität, in seiner aktuellen Ausgabe.
RUBIN im Internet
Den gesamten Beitrag finden Sie im Internet unter: http://www.rub.de/rubin
Lange Listen: Ältere schlucken viele Mittel
Um zu ermitteln, welche Medikamente ältere Menschen überhaupt nehmen, wurden rund 2.500 Patienten im Alter von über 70 Jahren zu Hause angerufen und befragt. Es zeigte sich: Im Durchschnitt nahm jeder Befragte sechs verschiedene Medikamente regelmäßig ein. Bei einigen Patienten waren es durchaus auch über zehn, je älter der Patient war desto mehr. Blutdruckmedikamente, Lipidsenker und Diabetesmedikamente gehörten zu den am häufigsten verordneten Präparaten. Eine genauere Auswertung förderte ein besorgniserregendes Bild zutage: "Die Patienten werden mit wilden Mischungen von Wirkstoffen behandelt, die sich teils in ihrer Wirkung gegenseitig aufheben und teils Wechselwirkungen hervorrufen können, über die man kaum Kenntnisse hat", sagt Dr. Ulrich Thiem, Altersmediziner am RUB-Klinikum.
Gegenstrategie: Prioritäten setzen
Als Gegenmittel beschreiten die Forscher zwei Wege: Zum einen wollen sie mittels Befragungen ermitteln, was für Patienten wirklich wichtig ist. Denn alle Erkrankungen gleichermaßen zu behandeln, ist unmöglich. "Ein 80-jähriger Patient mit Bluthochdruck und Arthrose wünscht sich erfahrungsgemäß zuallererst, seinen Alltag weiterhin alleine bewältigen zu können. Dafür braucht er Schmerzmittel. Ob er Bluthochdruck hat, der auf mehrere Jahre hinaus sein Schlaganfallrisiko erhöht, ist ihm nicht so wichtig", illustriert Dr. Thiem. Darüber hinaus haben die PRISCUS-Forscher eine Idee aus Amerika aufgegriffen und eine Liste der 131 häufig verordneten Arzneien erstellt. Ein Expertengremium hat sie dann drei Kategorien zugeteilt: Für Ältere unbedenklich, für Ältere nicht geeignet, für Ältere nur unter Vorbehalt empfehlenswert. 82 Arzneistoffe wurden dabei als potenziell inadäquat für ältere Menschen eingestuft, hierfür schlagen die Experten Alternativen vor. Für Medikamente in der Grauzone helfen sie mit Hinweisen und Kommentaren. Nur 26 Medikamente befanden sie als uneingeschränkt für Ältere geeignet. Eine vereinfachte Liste soll an Hausärzte ausgegeben werden.
Themen in RUBIN Familienforschung
Regionalforschung: Nirgends ist es so wie im Durchschnitt; Die widrige Wirkung des Wohnviertels; Sozialpolitik: Ohne Kinder gibt es keine Renten; Entwicklungspsychologie: Klischees zerbröseln unbemerkt; Schulpädagogik: Mathe bei Mehmet; Schülerlabor: Kleine Hobbyforscher; Sozialpsychologie: Zerrbilder einer Ehe; Familienrecht: Wer pflegt, soll Gläubiger sein; Technikmanagement: Mikrosystemtechnik im Kugelschreiber; Hirnforschung: Rhythmisches Gehirnjogging; Sportmedizin: Wer rastet, der rostet; Altersforschung: Morgens drei, mittags zwei, abends drei Tabletten; Neurologie: Wider den Kalk in den Adern; Umweltmedizin: Nicht alle atmen die gleiche Luft.
Weitere Informationen
Dr. Ulrich Thiem, Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Hans-Joachim Trampisch), 44780 Bochum, Tel. 0234/32-27253, E-Mail: ulrich.thiem@rub.de, http://www.priscus.net
Redaktion: Meike Drießen
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Criteria of this press release:
Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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