Bochum, 13.03.1995 Nr. 36
Bronchitis-Viren auf der Spur
Wie Stahl-Risse weiter kriechen ...
Zwei Bennigsen-Foerder-Preise an RUB-Wissenschaftler
Um Kinder vor spaeteren asthmatischen Folgen durch den sogenannten Respiratory Syncytial Virus (RSV) zu schuetzen - er verursacht Bronchitis und Lungenentzuendungen -, forscht Dr. Angela Rohwedder (Medizinische Fakultaet, Abt. Med. Mikrobiologie und Virologie) nach seinem Verbleib im Koerper. Der Werkstofftechniker Dr. Christoph Broekmann (Fakultaet fuer Maschinenbau, Institut fuer Werkstoffe) dagegen versucht, Stahl und Hartmetalle fuer hoechste Belastungen zu optimieren. Beide Projekte sind von grosser Bedeutung - medizinisch einerseits, wirtschaftlich andererseits: Weil sie auch in der Lage sind, ihre Arbeiten allgemein verstaendlich darzustellen, erhalten sie auf einer Feierstunde in Paderborn am 15. Maerz 1995 den Bennigsen-FoerderPreis, die hoechste wissenschaftliche Auszeichnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit 150.000 DM Preisgeld kann Dr. Rohwedder in den naechsten zwei Jahren ihre These vom Verbleib der Viren ueberpruefen. Dr. Broekmann erhaelt DM 100.000, um herauszufinden, was in den an sich verschleissbestaendigen Werkstoffen geschieht, wenn sie in Maschinen bei grosser Hitze doch versagen. Ziel des Projekts: fuer die wichtigsten Industriezweige ein "Design" fuer Werkstoffe, das exakt auf die zu erwartenden Ansprueche zugeschnitten ist. Die Optimierung von Werkstoffen koennte so zu einer neuen Schluesseltechnologie in Deutschland werden.
Staehle, Hartmetalle, Guss- und Aluminiumlegierungen werden in weiten Bereichen der Fertigungstechnik, der Energieanlagentechnik und der Kraftfahrzeugindustrie eingesetzt. Mechanische Belastungen und hohe Temperaturen lassen selbst einen Kolben im Pkw-Verbrennungsmotor mal zu Schaden kommen. Um die schon jetzt recht widerstandsfaehigen Werkstoffe noch zu verbessern, moechte Dr. Broekmann aufklaeren, was im Innern solcher Stoffe im Moment des Bruchs oder der Verformung vorgeht. Wie entsteht der Riss, wie kriecht er weiter? Dazu muessen Bruchzeiten, Warmfestigkeiten, Verformungsgeschwindigkeit und andere Versagensparameter geprueft werden. Mit der sogenannten Finite-Element- Methode will der Bochumer Forscher das Materialverhalten im Rechner exakt simulieren. Damit das Modell aber auch der Wirklichkeit entspricht, vergleicht Dr. Broekmann Experiment und Computersimulation, kombiniert mikroskopische und makroskopische Betrachtung und erlangt so ein vertiefendes Verstaendnis der Materie.
Das Projekt von Dr. Rohwedder gibt vielen Eltern wieder Hoffnung
Saeuglinge und Kleinkinder koennten in Zukunft eine Bronchitis, Bronchiolitis (Entzuendung der kleinen Veraestelungen in den Bronchien) oder Lungenentzuendung ohne spaetere asthmatische Komplikationen ueberstehen. Probleme bereitet das RSV, das diese Atemwegserkrankungen oft ausloest und sich waehrend der Krankheit im Koerper veraendert. Deshalb kann das Immunsystem den Fremdkoerper nach der akuten Infektion nicht mehr erkennen und folglich auch nicht vernichten. Getarnt verbleibt das Virus - so vermutet Dr. Rohwedder - in den Makrophagen der Lungenblaeschen, jenen weissen Blutkoerperchen, die sonst eingedrungene Fremdstoffe aufnehmen und durch Enzyme unschaedlich machen sollen. Die Biologin will jetzt untersuchen, welche Bedingungen das Verbleiben des Virus beguenstigen und welchen Einfluss RSV auf die UEberempfindlichkeit des Bronchialsystems hat. Effektiv arbeiten kann Dr. Rohwedder vor allem durch die Kooperation mit den Universitaetskliniken in Bochum und Freiburg, die das notwendige Material liefern. Wenn klar ist, wo sich das Virus aufhaelt und wie es aussieht, koennte man mit den Kliniken zusammen weiterforschen und innerhalb der naechsten fuenf Jahre das entsprechende Medikament entwickeln. Bis dahin ist fuer die Wissenschaftlerin aber noch einiges zu tun: Der erste Schritt wird sein zu testen, ueber welchen Zeitraum das RSV in den Makrophagen der Lungenblaeschen vermehrt werden kann. Dann stehen Untersuchungen zum Verbleib des RSV in Kaelberlungen im Mittelpunkt. Dort naemlich verursacht das Virus eine der menschlichen RSV-Infektion sehr aehnliche Erkrankung. Schliesslich sollen molekularbiologische Analysen die Frage klaeren, ob eventuell Mutationen das ungewoehnlich lange UEberleben der RS-Viren begruenden.
Wer den Bennigsen-Foerder-Preis fuer Nachwuchswissenschaftler vom Ministerium fuer Forschung und Wissenschaft erhaelt, ist nicht nur ein engagierter Forscher, sondern hat auch die Begabung, schwierige wissenschaftliche Sachverhalte allgemeinverstaendlich darzustellen. Fuer die Praxis bedeutet das: Von den Bewerberinnen und Bewerbern wird erwartet, dass sie einer interdisziplinaeren Jury ihre Arbeit verstaendlich und wortgewandt vorstellen. Seit der ersten Preisverleihung 1989 hat die Wissenschaftsministerin Anke Brunn den Bennigsen-Foerder-Preis 122 mal vergeben.
Criteria of this press release:
Materials sciences
transregional, national
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German
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