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05/07/1998 00:00

Ehrendoktor für Prof. William L. Church

Ulrich Thimm Presse, Kommunikation und Marketing
Justus-Liebig-Universität Gießen

    8. Mai 1998, Nr. 38

    Fachbereich Rechtswissenschaft nimmt Tradition der Promotionsfeiern wieder auf

    Zum ersten Mal seit vielen Jahren veranstaltet der Fachbereich Rechtswissenschaft wieder eine Promotionsfeier, in der die Doktoranden der letzten beiden Jahrgänge ihre Promotionsurkunden erhalten. Zugleich verleiht er die Ehrendoktorwürde an Prof. William Lawrence Church von der Universität von Wisconsin in Madison/USA. Er ehrt damit den Motor des partnerschaftlichen Austauschs zwischen dem Fachbereich Rechtswissenschaft und der Law School an der Universität von Wisconsin. Sie sind herzlich eingeladen zur Promotionsfeier am Freitag, den 15. Mai, um 12.00 Uhr in der Aula des Hauptgebäudes, Ludwigstraße 23, Gießen.

    Prof. Church hat sich sehr um das Recht der Entwicklungsländer bemüht, das in Deutschland wie den USA stark vernachlässigt wird. Sein Interesse an dem Gebiet geht bis auf das Jahr 1963 zurück, als er für zwei Jahre als Dozent zum Aufbau einer rechtswissenschaftlichen Fakultät in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba ging. Französische und Schweizer Gelehrte hatten das moderne äthiopische Recht entworfen, das überwiegend 1960 in Kraft gesetzt worden war; die Juristenausbildung wurde aber einer amerikanisch geprägten Fakultät übertragen. In einer bemerkenswerten Kraftanstrengung machte das Gründungsteam Addis Abbeba zu einer der führenden juristischen Fakultäten Afrikas. Weitere Aufenthalte in Entwicklungsländern folgten 1971/72 als Berater des Obersten Gerichtshofs in Afghanistan, später als Dozent an der Universität von Sambia. Auch in Indonesien hat er sich als Lehrer und Berater stark engagiert, wo er Materialien für die Verwendung von Fallrechtsmethoden im Unterricht erarbeitete.

    Seine Arbeitsweise wird an einem umfangreichen Artikel über Viehdiebstahl in Sambia deutlich: An diesem scheinbar nachrangigen Problem entwickelt er meisterhaft Grundprobleme im Spannungsverhältnis zwischen Gesetzgeber und Rechtssprechung. Wegen der extrem hohen Mindeststrafe von sieben Jahren für Viehdiebe suchten die sambischen Gerichte nach Vermeidungsstrategien, die ihrerseits das Prozeßrecht verwässerten. Die Zwickmühle hängt auch damit zusammen, daß das Recht Sambias - wie so häufig in Entwicklungsländern - aus unterschiedlichen ausländischen Rechtsquellen zusammengefügt wurde.

    Seit 1968 ist Prof. Church an der Universität von Wisconsin zunächst als "assistant professor", seit 1975 als ordentlicher Professor tätig. Seine - auch für amerikanische Verhältnisse - außerordentliche Breite an Interessen schlug sich unter anderem in sogenannten case books zum Verfassungs-, Eigentums-, Umwelt- und Strafrecht nieder sowie einer Einführung in das amerikanische Recht. Diese Lehrmaterialien - die im amerikanischen System das Gegenstück zu den deutschen Lehrbüchern bilden - gehören für amerikanische Studenten zu den Standardwerken. Die Studierenden der Wisconsin Law School haben ihn zehn Mal zum besten Lehrer ihrer Fakultät gewählt.

    Im US-amerikanischen Recht liegt sein Schwerpunkt im Umweltrecht, zu dessen Pionieren er dort gehört und über das er auch in Gießen gelehrt hat. Schon 1982 hat Prof. Church das Problem der Bodenerosion aufgegriffen, die Gesetze der einzelnen US-Bundesstaaten auf das Thema untersucht und Lösungsvorschläge unterbreitet. Weitere Arbeiten beschäftigen sich mit dem Verhältnis von privaten und öffentlichem Umweltrecht, etwa über den öffentlichen Zugang zu privaten Ländereien, und über das Recht der Umwandlung von Farmland. Zum Verfassungsrecht hat er ein eigenes Lehrbuch geschrieben. Im Strafrecht befaßte er sich in einem frühen Artikel von 1963 mit der Abgrenzung zwischen Mord - der immer überlegt ist - und Totschlag. Er unterbreitete einen Vorschlag, wie er bemerkenswerterweise 20 Jahre später in Deutschland auf dem Juristentag vorgetragen wurde und in der Schweiz 1990 vom Gesetzgeber aufgegriffen wurde.

    Prof. Church ist Anhänger einer klaren Ausdrucksweise. Ein "benommen machender, juristisch-bürokratischer Stil, der seit Jahrzehnten das juristische Schreiben prägt" ist ihm so verhaßt wie "Fußnoten, die sich wie Fußpilz ausbreiten, um die eigene Autorität zu demonstrieren". Diese "Dringende Bitte um lesbare Aufsätze", die er in der Wisconsin Law Review von 1989 formulierte, ist sicher auch auf dieser Seite des Atlantiks lesenswert.

    Kontaktadresse (nicht zur Veröffentlichung bestimmt): Prof. Dr. Brun-Otto Bryde, Fachbereich Rechtswissenschaft, Professur für Öffentliches Recht I und Wissenschaft von der Politik, Hein-Heckroth-Straße 5, 35390 Gießen, Telefon (0641) 99-21060 oder -21061, Fax (0641) 99-21069, e-mail brun.o.bryde@recht.uni-giessen.de


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