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06/19/2001 08:42

Ist die Großtrappe noch zu retten?

Dr. Frank Stäudner Kommunikation
Leibniz-Gemeinschaft

    Vom schwersten flugfähigen Vogel der Erde leben nur noch 70 Exemplare in Deutschland - Überlebensstrategien mit Genanalyse und abgezäunten Flächen - Forschungen des Berliner Instituts für Zoo- und Wildtierforschung

    BONN/BERLIN. Nur noch 70 bis 75 Großtrappen gibt es in ganz Deutschland. Es sind die schwersten flugfähigen Vögel der Erde. Wie viele Weibchen unter ihnen überleben und erfolgreich brüten müssen, damit diese Tiere in Deutschland als Art erhalten bleiben, hat der Biomathematiker Jürgen Streich vom Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin, einem Leibniz-Institut, jetzt errechnet: Nicht mehr als sieben Prozent der Hennen dürfen jährlich sterben und mindestens jede vierte muss ein Junges pro Jahr großziehen, damit der Bestand überlebt. "Dabei reicht es nicht, dass die Henne das Küken ausbrütet. Es muss auch den nächsten Herbst erleben", erläutert Streich in der neuesten Ausgabe des "Leibniz-Journal" (2/01). Außerdem würden auch Hennenverluste den Bestand schwer gefährden. Diese Schwachstellen sind nun Ziel eines genau geplanten Managements. Denn eine Henne kann bis zu 20 Jahre alt werden. Kommt sie vorher um, geht wertvolles Brutpotenzial verloren. Deswegen ist das Überleben der Hennen mindestens genauso wichtig wie das der Küken.

    Für seine Computeranalysen griff Leibnizforscher Streich auf Daten über das Brutalter der Hennen, den Bruterfolg und das durchschnittliche Todesalter zurück, die Kollegen in ganz Europa zusammengetragen haben.

    Allein das Überleben ist für die 18 Kilogramm schweren Vögel nicht immer leicht. Zwar mögen sie riesige Felder, auf denen sie sich niederlassen können. Die gibt es in Buckow im brandenburgischen Havelland, wo sich allein die Hälfte des ganzen deutschen Bestandes aufhält, zur Genüge. Durch den einseitigen Anbau immer der gleichen Pflanzen über längere Zeiträume mangelt es allerdings sowohl an Brachen und Feldrainen zur Deckung als auch an abwechslungsreicher Nahrung. Vor allem Insekten fehlen. Zwar sind die erwachsenen Großtrappen Vegetarier, aber in den ersten Lebenswochen haben sie einen enormen Energiebedarf: Ein Trappenküken benötigt täglich rund 1 000 Heuschrecken oder andere Insekten.

    Nicht nur deshalb richteten einheimische Vogelschützer Trappenschutzgebiete ein, sondern auch wegen der höchst stressbeladenen und anstrengenden Prozedur der Partnerwahl. Oft wochenlang dauert die Werbung mit Balz und Kampf gegen Konkurrenten. Weil Großtrappen zudem sehr sensibel sind, kann jede nur kleinste Störung die Partnerwahl und damit die Fortpflanzung behindern. Die Schutzgebiete zeigen nun erste Erfolge. Die Insektendichte auf den Brutflächen hat zugenommen. Auf den für zahme Tiere abgezäunten Flächen brüten sogar wilde Hennen. Die Küken sind so vor dem Fuchs und anderen Bodenjägern geschützt. "Aber erst wenn genügend viele Jungtiere auch außerhalb des Zaunes geschützt sind, wird der Buckower Großtrappenbestand ohne menschliche Hilfe auskommen", betont Streich.

    Eine ganz andere Möglichkeit zur Rettung der Großtrappen haben Christian Pitra und Dietmar Lieckfeldt von der Forschungsgruppe Evolutionsbiologie des IZW untersucht. Wer nämlich die Brandenburger Großtrappen mit fremden Tieren aufstocken will, muss wissen, wie die europäischen Großtrappen miteinander verwandt sind. Denn wie bei der Inzucht kann auch eine Paarung zwischen Tieren mit zu weit entferntem Verwandtschaftsgrad zu nicht lebensfähigen Nachkommen führen. Das Ergebnis der Genanalyse, die Erbmaterial von Trappen aus Deutschland mit dem aus Spanien, Ungarn, der Slowakei und Russland verglich, war überraschend, aber eindeutig: Danach teilen sich die Trappen Europas in zwei genetisch klar unterscheidbare Gruppen: Zum einen die rund 20.000 spanischen Großtrappen, zum anderen der Rest aller anderen europäischen Trappen. "Die Trappenpopulation war schon gespalten, bevor in Europa vor 200 000 Jahren die Eiszeit begann", sagt Pitra. Das ergab die Auszählung der Veränderung der DNA (Mutationen). Aufgrund von Vergleichen mit paläontologischen Funden wissen die Forscher, wie lange eine Mutation benötigt, um sich auszubilden, und rechneten dann hoch.

    Weitere Informationen: Christian Pitra, Institut für Zoo- und Wildtierforschung, Alfred-Kowalke-Str. 17, 10315 Berlin, Tel. 030 / 51 68 - 0, Fax 030 / 5126 - 104, Email: pitra@izw-berlin.de und im Internet: http://www.izw-berlin.de

    Das IZW gehört zu den insgesamt 78 außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Serviceeinrichtungen für die Forschung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. (WGL). Das Spektrum der Leibniz-Institute ist breit und reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften und Museen mit angeschlossener Forschungsabteilung. Die Institute arbeiten nachfrageorientiert und interdisziplinär. Sie sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Näheres unter: http://www.wgl.de.
    WGL-Geschäftsstelle, Postfach 12 01 69, 53043 Bonn, Tel.: 0228/30815-0,
    Fax: 0228/30815-255, Email: wgl@wgl.de

    Wir freuen uns über jedes Belegexemplar!


    More information:

    http://www.wgl.de
    http://www.izw-berlin.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate, Zoology / agricultural and forest sciences
    transregional, national
    Research results
    German


     

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