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07/31/2001 12:04

Nicht kleiner als der große Konstantin: Über Diokletian und die Epoche der Tetrarchie

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Wolfgang Kuhoffs umfassende Synthese der von Krisenbewältigung und Neuaufbau geprägten Jahre 284-313 n. Chr. -

    In einem rund 950 Seiten starken Buch über "Diokletian und die Epoche der Tetrachie" hat der Augsburger Althistoriker Wolfgang Kuhoff ein umfassendes Bild des Römischen Reiches im ausgehenden 3. und beginnenden 4. nachchristlichen Jahrhundert gezeichnet. Dabei ist es ihm gelungen, Diokletian ein gutes Stück weit aus dem Schatten seines "großen" mittelbaren Nachfolgers Konstantin zu holen.

    Im Jahre 290 stiftete der Statthalter der Provinz Rätien eine Statue für den Kaiser Diokletian in der Provinzhauptstadt Aelia Augusta (Augsburg). Diese Maßnahme hatte einen wahrscheinlich manifesten Grund: Diokletian und sein Kaiserkollege Maximian hatten im Jahre 288 einen gemeinsamen Feldzug gegen die Alamannen unternommen, der in einer Zangenbewegung von Westen nach Osten auf das wenige Jahrzehnte zuvor an die Germanen verlorene Gebiet östlich des Rheins und nördlich der oberen Donau zielte. Nach ihrer Unternehmung trafen sich beide Herrscher an einem unbekannten Ort, der wegen der ausdrücklichen quellenmäßigen Nennung von Rätien und Guntia (Günzburg) in diesem Zusammenhang wahrscheinlich Augsburg gewesen ist. Die Ehrung seines Kaisers durch den Statthalter ist dafür ein gutes Indiz, denn die verwendete Titulatur "Fürsorglichster Herrscher, Lenker und Herr der Welt, Begründer des ewigen Friedens", verbunden mit dem Beinamen "größter Sieger über Germanen und Perser", weist auf einen militärischen Hintergrund hin.

    Dieser lokale Bezug ist nur ein kleiner Mosaikstein in der umfänglichen Untersuchung des Augsburger Althistorikers Wolfgang Kuhoffs, der sich in seiner jüngst erschienen Diokletian-Studie eine zusammenfassende Darstellung der fast dreißigjährigen Epoche zwischen 284 und 313 n. Chr. zum Ziel gesetzt hat. Oft ist hier von der "tetrarchischen Zeit" die Rede, weil seit dem Jahre 293 neben Diokletian und Maximian zwei weitere Mitglieder des Herrscherkollegiums das Imperium Romanum mitregierten. Weitreichende Neuerungen in Staats- und Finanzverwaltung, Steuer-, Rechts- und Militärwesen wurden von Diokletian initiiert und verschafften dem römischen Reich eine Weiterexistenz unter veränderten Vorzeichen, in die sich kurze Zeit später auch das Christentum als neue dominierende Religion einordnete. Noch heute sichtbare Zeugen der diokletianisch-tetrarchischen Epoche sind einerseits die Überreste von Zweckbauten an den Reichsgrenzen, also die Kastelle für die dort stehenden Truppen, und in den Städten, beispielsweise die gigantische Thermenanlage in Rom, die unter dem Namen Diokletians firmiert; andererseits sind die Zeugnisse der kaiserlichen Selbstdarstellung zu nennen, die Ehrenbögen etwa im griechischen Thessaloniki oder Palastanlagen wie besonders diejenige Diokletians im kroatischen Split, wozu noch die freilich recht wenigen Porträts und Statuen hinzukommen, die Auskunft über das Aussehen und die politischen Ideen der Kaiser geben. Nicht vergessen werden dürfen auch die vielen verschiedenen Münztypen, welche Detailinformationen bieten. Die durchaus reichhaltige literarische Überlieferung wird überdies ergänzt durch die epigraphische, durch die vielen Hunderte Inschriften vornehmlich auf Steinmaterial, aus denen bedeutungsmäßig das Höchstpreisedikt des Jahres 301 hervorragt, ein umfassender Versuch, das Wirtschaftsleben neu zu regeln.

    Gegenüber dem "großen" Konstantin in keiner Weise klein

    Dies sind nicht die einzigen Themenbereiche, die Kuhoff in seiner Studie behandelt. Rund 130 Jahre nach dem letzten Versuch unternimmt der Augsburger Althistoriker es, eine umfassende Synthese der so spannenden diokletianischen Zeitepoche zu geben und damit den aktuellen Stand der einschlägigen Forschung widerzuspiegeln. Kuhoffs hintergründiges Ziel ist es aber auch, die Person Diokletians aufzuwerten gegenüber seinem mittelbaren Nachfolger Konstantin, der aufgrund seiner Anerkennung des Christentums merklich stärker im historischen Rampenlicht steht und deshalb den Beinamen "der Große" erhielt. Ihm gegenüber, so gibt Kuhoff zu verstehen, war Diokletian in keiner Weise "klein", er besaß lediglich nicht so beredte Ruhmredner und vor allem nicht die christliche Kirche als Förderer seines Andenkens. In einer noch nicht langen Tradition stehend, bemüht Kuhoff sich um eine abwägende Beurteilung, die sich überzeugend auf das breitgefächerte Fundament der antiken Quellen und der modernen wissenschaftlichen Literatur stützt.
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    Wolfgang Kuhoff: Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. Das römische Reich zwischen Krisenbewältigung und Neuaufbau (284 - 313 n. Chr.), Lang, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-631-36792-9


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    Social studies
    transregional, national
    Scientific Publications
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