Bochum, 17.04.1997 Nr. 74
Von Leibniz zur kuenstlichen Intelligenz
International renommierter Sprachwissenschaftler
Feierliche Emeritierung von Prof. Dr. Helmut Schnelle
Von Leibniz bis zu den modernsten Entwicklungen der kuenstlichen Intelligenz reicht das Spektrum des international renommierten Bochumer Sprachwissenschaftlers, Philosophen und Computerlinguisten Prof. Dr. Helmut Schnelle (Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaften - Strukturelle Linguistik, Fakultaet fuer Philologie der RUB). Am Freitag, 18. April 1997, 15 Uhr, Hoersaal HGB 20, wird er feierlich emeritiert. Dazu sind die Medien und die OEffentlichkeit herzlich eingeladen.
Programmfolge
Nach Grussworten des Rektors der RUB, Prof. Dr. Manfred Bormann, den Ansprachen des Dekans der Fakultaet fuer Philologie, Prof. Dr. Rudolf Behrens, des geschaeftsfuehrenden Direktors des Sprachwissenschaftlichen Instituts, Prof. Dr. Erich Neu, haelt Prof. Dr. Hans Uszkoreit (Universitaet des Saarlands) die Laudatio. Anschliessend spricht Prof. Schnelle ueber ,Die Grenzen der Universitaet".
Mit EYDES Zeugnisse Holocaustueberlebender vor dem Vergessen bewahren
Kollegen und Freunde im In- und Ausland sind sich sicher: Von einem Ruhestand wird man aber bei Prof. Schnelle nicht sprechen koennen. Auf den Cool-Jazz-Fan und an Kunst interessierten Wissenschaftler wartet schon u.a. die Fortsetzung des umfangreichen Jiddisch-Projektes EYDES (,Evidence of Yiddisch Documented in European Societies" - gefoerdert von der EU und dem Land NRW), bei dem in der New Yorker Columbia University bewahrte Tondokumente aus Interviews mit UEberlebenden des Holocaust mit Hilfe eines speziell entwickelten elektronischen Arbeitsplatzes in geschriebene Texte uebertragen und so fuer die Forschung zugaenglich gemacht werden. Prof. Schnelles Interesse gilt dabei nicht nur der Untersuchung der hebraeischen Einfluesse auf die jiddische Sprache, ebenso sollen diese Zeugnisse der Kultur vor dem Vergessen zu bewahrt werden.
Als erster deutscher Gastprofessor in Israel nach dem Weltkrieg
Der Standort Bochum ist fuer ihn Ausgangs- und Zielpunkt fuer seine vielfaeltigen Interessen und Aktivitaeten: Sie reichen von der Hirnforschung und der Verarbeitung von Sprache im Cortex, ueber die Neuroinformatik und der Aphasieforschung bis hin zur Entwicklung von strukturellen Grammatiken, den Versuch maschineller Sprachuebersetzung und der Entwicklung neuer elektronischer Lexika. Ebenso vielfaeltig sind seine nationalen und internationalen Kontakte, schon frueh etwa die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Y. Bar-Hillel, die zur ersten Gastprofessur eines deutschen Wissenschaftlers in Israel fuehrte, die Kontakte und Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern in aller Welt, etwa Maurice Gross am LADL (Laboratoire d'Automatique Documentaire et Linguistique, Paris), Antonio Zampolli (Universitaet Pisa), Petr Sgall (Prag) oder John Sinclair (Birmingham), um nur wenige zu nennen. Gastprofessuren fuehrten ihn u.a. an das MIT (Boston) und an die Universitaeten Berkley, Jerusalem, Paris und New York.
Fachgutachter und Gremien
Ebenso vielfaeltig waren und sind die Funktionen und Mitgliedschaften von Prof. Schnelle, so als Betreuer von DAAD und Humboldt-Stipendiaten, als Mitglied des International Committee on Computational Linguistics, als Mitglied der Academia Europaea (London), im Beirat des Max-Planck-Instituts fuer Psycholinguistik, als Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder als Chairman der Ad-Hoc-Kommission des Europarats ,on Language Industry".
Biographie: Ein Physiker ruettelt an den Grenzen von Sprache und Philosophie
Ortswechsel und vielfaeltige Reisetaetigkeit kennzeichnen Prof. Schnelles Lebenslauf von Anfang an: Schon die Schulzeit des am 28. Februar 1932 in Koeln geborenen Helmut Schnelle war durch haeufige Wohnwechsel (Frankfurt, Essen, Pommern, Berlin, Chemnitz, Koeln und Bochum) gekennzeichnet. Das Studium der Physik (1952-57 in Muenchen, Paris, Heidelberg und Bonn) schloss er mit einer Diplomarbeit ueber die Radioaktivitaet der Luft- und der Niederschlaege nach amerikanischen Atombombenversuchen im Pazifik ab. Diese Fragestellung verleitete ihn zum Fachwechsel in die philosophische Fakultaet. So folgten Studium der Philosophie und Sprachwissenschaft und wissenschaftliche Mitarbeit am Institut fuer Kommunikationsforschung und Phonetik in Bonn. Arbeiten ueber Noam Chomsky und - was sich bis in die Gegenwart durchzieht - ein Vorschlag eines Verfahrens zur Erstellung eines Lexikons mit Hilfe von Lochkarten und Sortiermaschinen fuer Lochkarten entstanden. Die Promotion 1961 erfolgte mit einer Arbeit ueber Zeichensysteme zur wissenschaftlichen Darstellung im Sinne Leibniz.
Computerlinguistik und die Theorie der Grammatik
In den Folgejahren beschaeftigt er sich mit Projekten zur Computerlinguistik. 1967 folgt die Habilitation: ,Prolegomena zur Formalisierung in der Sprachwissenschaft", die unveroeffentlicht bleibt. Begruendung: ,Befriedigte spaeter meine Kriterien zur formalen Sprachdarstellung nicht". Nach einer Gastprofessur an der TU Berlin bleibt er dort als ordentlicher Professor fuer Linguistik, arbeitet in der Folgezeit, auch nachdem er 1975 an die Ruhr-Universitaet Bochum wechselt, an der Entwicklung einer allgemeinen Theorie der Grammatikstrukturen. Es entsteht - unter anderem in der Auseinandersetzung mit Montague - sein Buch ,Sprachphilosophie und Linguistik".
Hirnforschung und die Hinwendung zur Psycholinguistik
1978, nach der Lektuere von Popper/Eccles ,The Self and Its Brain", wendet sich Prof. Schnelle verstaerkt der Hirnforschung und Psycholinguistik zu und wird einer der massgeblichen Initiatoren und Mitglied der DFG-Forschergruppe KOGNET (Kognition und neuronale Netze) an der RUB.
Aktiv in der universitaeren Selbstverwaltung
Auch in der universitaeren Selbstverwaltung der RUB ist Prof. Schnelle immer wieder taetig: als Mitglied des Senats (1988/89), Mitglied des Beirats des Rechenzentrums (seit 1996) und als Mitglied des Multimedia-Koordinationsausschusses.
Criteria of this press release:
History / archaeology, Information technology, Social studies
transregional, national
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German
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