Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) kommt in einer soeben abgeschlossenen Studie zu dem Ergebnis, dass der kommunale Investitionsbedarf im Jahrzehnt 2000 bis 2009 rund 1 300 Milliarden DM (665 Milliarden Euro) beträgt. Die Schätzung, die das Difu und der Deutsche Städtetag heute in Berlin gemeinsam vorstellten, enthält nicht nur den Investitionsbedarf aller deutschen Städte, Gemeinden und Landkreise, sondern auch den Investitionsbedarf kommunaler Zweckverbände, Krankenhäuser und Unternehmen wie Stadtwerke. Den höchsten Bedarf an Investitionen hat mit 26,1 Prozent der Verkehrsbereich (Straßen und ÖPNV) gefolgt von den Bereichen Soziale Infrastruktur, Wasser und Umweltschutz.
Auf die alten Bundesländer entfallen 69 Prozent (929 Milliarden DM) dieser Summe, auf die neuen Länder 31 Prozent (413 Milliarden DM). Auf Einwohner umgerechnet ist allerdings der kommunale Investitionsbedarf im Osten (27 000 DM pro Einwohner) fast doppelt so hoch wie der im Westen (13 900 DM pro Einwohner). Prof. Heinrich Mäding, Institutsleiter des Difu, erläuterte hierzu: "Dieser Unterschied ist einerseits die Folge eines immer noch bestehenden Nachholbedarfs im Osten, er spiegelt aber auch höhere Anteile der ostdeutschen Kommunen am Wohnungsbestand wider. Bei aller politischen Betonung des überdurchschnittlichen Investitionsbedarfs der neuen Länder, gerade im Zuge der Verhandlungen zum neuen Bund-Länder-Finanzausgleich, darf jedoch der große Investitionsbedarf in den westdeutschen Städten und Gemeinden nicht übersehen werden".
Als weiteres wesentliches Ergebnis der Untersuchung zeigt sich, dass die Sanierung und Modernisierung der bereits bestehenden kommunalen Infrastruktur immer mehr in den Vordergrund treten. Der Anteil des Investitionsbedarfs für Ersatz und Modernisierung vorhandener Infrastruktur beträgt im Osten 72 Prozent und im Westen 60 Prozent. Hintergrund: In den ersten 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg fand in Westdeutschland eine beachtliche Investitionstätigkeit statt: Es entstanden Gebäude, Straßen, Kanalisationen, die heute modernisiert oder ersetzt werden müssen. In der ehemaligen DDR sind weiterhin die Folgen einer jahrzehntelangen Vernachlässigung des Bestands aufzuarbeiten. Dazu Prof. Mäding: "Eine Vernachlässigung des Infrastrukturbestands über einen längeren Zeitraum wird erhebliche negative Folgen für die Lebensqualität und die wirtschaftliche Attraktivität Deutschlands haben. Bundes- und Landespolitik sowie die kommunale Politik müssen sich mehr als bisher dieses Problems bewusst werden und Lösungen schaffen."
Ein Vergleich des heutigen Investitionsniveaus der Kommunen mit dem geschätzten Bedarf führt zu dem Ergebnis, dass eine deutliche Steigerung der in den vergangenen Jahren rückläufigen kommunalen Investitionen notwendig wäre. Eine derartige Steigerung schaffen die Kommunen aber nicht aus eigener Kraft. Dazu Monika Kuban, Ständige Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers und Finanzdezernentin des Deutschen Städtetages: "Natürlich wissen die Städte um die Problematik des Verfalls der städtischen Investitionstätigkeit und damit der städtischen Infrastruktur. Seit Jahren weisen wir auf die negativen Konsequenzen für die Attraktivität des Standortes Deutschland und auf die negativen Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt mit Blick auf die Bauwirtschaft hin. Aber auch in diesem Jahr müssen die kommunalen Investitionen zurückgefahren werden. Sie liegen bei den im Haushalt veranschlagten Investitionen in den neuen Ländern um 45 Prozent, in den alten Ländern um knapp 25 Prozent unter dem
Niveau des Jahres 1992. Das heißt, dass 2001 von den Kommunen allein im Haushalt etwa 20 Milliarden DM weniger für Investitionen ausgegeben werden als 1992. Die Hauptverantwortung für diesen Investitionsverfall liegt aber nicht bei den Kommunen, sondern bei Bund und Ländern. Sie haben ihre investiven Zuweisungen an die Kommunen seit 1992 in den neuen Ländern um über ein Drittel und in den alten Ländern um über ein Viertel reduziert. Eine
substanzielle Erhöhung der Zuweisungen für Investitionen an die Kommunen ist unter Bedarfsgesichtspunkten absolut notwendig, es wäre aber auch ein außerordentlich sinnvolles Konjunktur- und Arbeitsmarktprogramm."
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