Im Buch "Perspektiven - Forschung und Lehre an der Universität Bonn" wird im Rahmen eines Kapitels über die Geschichte der Universität in einer Liste bekannter Bonner Professoren und Studenten auch Joseph Goebbels aufgeführt. In einigen Medienberichten der vergangenen Tage wurde diese Tatsache als "verharmlosend" oder "historisch instinktlos" kritisiert oder sogar auf eine Weise kommentiert, die unterschwellig den Schluss nahe legt, die Bonner Universität wolle mit Goebbels für sich werben. Zu diesen Vorwürfen gibt die Universitätsleitung folgende Stellungnahme ab.
Bei dem Buch "Perspektiven - Forschung und Lehre an der Universität Bonn" handelt es sich nicht um einen Werbeprospekt, sondern um einen etwa 250 Seiten starken Informationsband, der neben aktuellen Berichten über Forschung und Lehre auch ein Kapitel über die Geschichte der Universität enthält. Dort erscheint auch die besagte Liste bekannter Bonner Professoren und Studenten, in der auch der Hinweis auf Goebbels steht. Natürlich sieht sich die Universität nicht in der Tradition von Joseph Goebbels. Dennoch möchte die Universität Bonn auch zu den "dunklen Kapiteln" ihrer Vergangenheit stehen und hat sich deshalb bewusst entschieden, die Tatsache nicht zu verschweigen, dass Goebbels einst hier studierte.
Wie sehr die Universität Bonn gerade in den letzten Jahren an einer Vergangenheitsaufarbeitung interessiert war, zeigte u.a. die beeindruckende Gedenkstunde für die Opfer nationalsozialistischen Unrechts an der Universität Bonn anlässlich der 60. Wiederkehr der Reichsprogromnacht am 10. November 1998. Per Senatsbeschluss hatte die Universität zuvor bereits den Entzug akademischer Grade durch nationalsozialistische Willkürakte (z.B. Ehrendoktorwürde für Thomas Mann) für nichtig erklärt. Auch diese Ereignisse - wie z.B. die Rolle des SS-Angehörigen und Dekans Obenauer - werden im Uni-Buch dargestellt, was in den Medien aber weitgehend unbeachtet blieb.
Im Jahre 1999 erschien zudem das umfangreiche Werk "Die Universität Bonn im Dritten Reich" von Hans-Paul Höpfner. "Die Universität schuldet ihm [Höpfner] dafür Dank und Anerkennung. Sie wünscht dieser wichtigen Arbeit eine weite Verbreitung in der historisch interessierten Öffentlichkeit", heißt es im Vorwort von Rektor Borchard. Erst vor wenigen Wochen, am 30. Juni 2001, hat die Universität zudem im Zentrum für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde einen Hörsaal nach Alfred Kantorowicz benannt, der 1933 als Jude und SPD-Mitglied von der Universität vertrieben wurde und nach KZ-Haft in die Türkei emigrieren konnte, sowie zu seinen Ehren eine Gedenktafel angebracht.
Das Nicht-Verschweigen von Joseph Goebbels steht ausdrücklich in diesem Zusammenhang. Dass die knappen Angaben zu seiner Biographie in der Öffentlichkeit z.T. als mangelnde Distanzierung verstanden werden, bedauern wir. Goebbels' Rolle im NS-System dürfte allerdings allgemein bekannter sein als die Biographie seiner Opfer, wie etwa der Bonner Professoren Ernst Landsberg, Alfred Philippson, Felix Hausdorff oder Karl Barth, deren Lebensdaten gerade deswegen in dem Buch mehr Platz eingeräumt wurde. Aber auch aus den zu Goebbels getroffenen Aussagen, er sei "enger Vertrauter Hitlers" und "verantwortlich für die Gleichschaltung der Medien und des kulturellen Lebens" gewesen, lässt sich die nötige Distanz und kritische Bewertung, zumindest keinerlei Indifferenz oder gar positive Einstellung erkennen.
Der Vorwurf jedenfalls, die Universität wolle mit Goebbels "werben", entbehrt - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der dargestellten Bemühungen um eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit - jeglicher Grundlage und ist eine bösartige Unterstellung.
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