Erneuerte Tradition - Schwedisch an der Jenaer Universitaet
Seit 1990 wird an der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena wieder Schwedisch-Unterricht angeboten. Dieser hat an der Universitaet eine lange Tradition, die bis in das Jahr 1913 zurueckreicht, als der Riksfoereningen Sverigekontakt (Reichsverband fuer Schwedisch im Ausland) in Jena half, das erste Auslandslektorat fuer Schwedisch einzurichten.
Der eigentliche Gruender des Schwedisch-Seminars war der Jenaer Sprach- und Literaturwissenschaftler Wolrad Eigenbrodt. Am 10. Juni 1860 in Koblenz geboren, studierte er Germanistische Philologie, Philosophie und Kunstgeschichte. Dass er sich der schwedischen Literatur und Sprache zuwandte, ist ganz gewiss auch biographisch zu erklaeren. 1887 heiratete er die Schwedin Helfried Rappe. Eigenbrodts literaturwissenschaftliches Interesse konzentrierte sich sehr bald auf den Dichter Johan Ludvig Runeberg. Aber er beschaeftigte sich auch mit Carl Mikael Bellman, der Geschichte der skandinavischen Literaturen und der philosophischen Entwicklung in Finnland vom Mittelalter bis zur Neuzeit. Sein Spezialgebiet war die Geschichte der schwedischen Sprache und Literatur. Als Fremdsprachenlehrer war er massgeblich an der Vorbereitung des Schweden-Kurses beteiligt, der im Sommer 1920 erstmalig in Jena stattfand. Als Eigenbrodt das Lektorat wegen seiner Krankheit in seinem Bestand gefaehrdet sieht, schlaegt er am 26. Februar 1916 dem Kurator vor, man moege schwedische Universitaeten anregen, "ihre Stipendiaten, die in Deutschland Deutsch studieren, dies hier in Jena tun und dabei zugleich hier als Lektoren fuer Schwedisch wirken zu lassen...". Fuer diesen Vorschlag gewinnt Eigenbrodt den Vorsitzenden des "Reichsverbandes zur Bewahrung des Schwedentums im Ausland", den Goeteborger Professor fuer Klassische Philologie Vilhelm Lundstroem. Auf dessen Empfehlung beginnt Ivar Lundahl aus Goeteborg im Wintersemester 1920 seine Taetigkeit in Jena. Kurz vor Eigenbrodts Tod am 24. Mai 1921 wird Lundahl zum Lektor der schwedischen Sprache ernannt, allerdings unbesoldet wie Eigenbrodt auch. Der Mangel an hinreichender finanzieller Ausstattung bestimmt das Lektorat seit dem Entstehen. Schon bei der Genehmigung hatte die Universitaetsleitung ihn wissen lassen, dass fuer sein Lektorat weder jetzt noch in Zukunft irgendwelche Mittel bereitgestellt werden koennen. Eigenbrodt war daher genoetigt, finanzielle Zuschuesse zu beschaffen. So versicherte er sich u. a. der Unterstuetzung durch den schwedischen "Reichsverband". Dies hatte zur Folge, dass am 28. Januar 1920 das Neunordische Lektorat in ein Lektorat fuer Schwedische Sprache umbenannt wurde. Mit der Lektuere von Selma Lagerloefs "Drottningar i Kungahaella" hatte Eigenbrodt im Sommer 1913 seine Lehrtaetigkeit begonnen, zu der insbesondere schwedische Sprachuebungen gehoerten, die er in den Raeumen der Universitaet nur sporadisch abhalten konnte, da sein chronisches Nervenleiden ihn immer staerker behinderte. So wurde sein Heim an den Sonnenbergen ein Zentrum fuer deutschschwedische Kommunikation in Thueringen.
Eigenbrodt hatte sich immer gewuenscht, dass das von ihm gegruendete Lektorat fuer Schwedisch auch nach seinem Tod gut gedeihen moege. Das war bis in die fuenfziger Jahre hinein der Fall. Danach versiegte in Jena die durch ihn begruendete Tradition, und bald verblasste auch die Erinnerung an sein Lebenswerk und seine Person. Heute indes besteht die Hoffnung, dass sich seine Universitaet entschliessen koennte, das Anliegen neu zu beleben, dem er sich verschrieben hatte: dem geistigen Austausch zwischen Deutschland und seinem schwedischen Nachbarn.
Dr. Rosemarie Schmidt
Criteria of this press release:
Social studies
transregional, national
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German
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