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09/23/2010 18:00

Neue Erkenntnisse zur Multiplen Sklerose - Fehlgeleitete Immunzellen greifen Nervenzellen direkt an

Barbara Bachtler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch

    Neue Erkenntnisse über die Multiple Sklerose (MS), eine schwere Erkrankung des Nervensystems, haben jetzt Forscher in Berlin und Mainz gewonnen. Mit Hilfe bildgebender Verfahren, mit denen es möglich ist, Prozesse im lebenden Organismus zu untersuchen, konnten Dr. Volker Siffrin und Prof. Frauke Zipp (bisher Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, MDC, Berlin-Buch, jetzt Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) zeigen, dass fehlgeleitete Zellen des Immunsystems auch Nervenzellen direkt angreifen und schädigen und nicht nur die Isolierschicht um ihre Ausläufer (Axone). (Immunity, DOI 10.1016/j.immuni.2010.08.018)*.

    Die Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem das zentrale Nervensystem angreift. Die Folgen sind, je nachdem welche Bereiche des Nervensystems angegriffen werden, unter anderen Muskelschwäche, Gehbehinderungen, Taubheitsempfindungen oder Sehstörungen. Die Immunzellen schädigen die schützende Hülle (Myelinschicht), mit der die Nervenfasern (Axone) ummantelt sind und die normalerweise sicherstellt, dass Erregungssignale weitergeleitet werden. Weshalb die Immunzellen aus dem Ruder laufen und körpereigene Strukturen als „fremd“ erachten und attackieren, ist unbekannt.

    Bisherige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Nervenzellen (Neuronen) schon im Frühstadium der Erkrankung erheblich geschädigt werden. „Seit der ersten Beschreibung der Erkrankung wird eine direkte Schädigung der Neuronen diskutiert“, erläutert Prof. Zipp. „Obwohl viele verschiedene Theorien über mögliche zugrundeliegende Mechanismen erörtert worden sind, etwa die Schädigung der Neuronen als Folge der zerstörten Myelinschicht, versteht man bisher nicht besonders gut, wodurch die Nervenzellen Schaden leiden“.

    Um herauszufinden, ob Immunzellen bei der Schädigung von Nervenzellen eine Rolle spielen, untersuchten Prof. Zipp und ihre Mitarbeiter Mäuse mit einer Erkrankung, die der menschlichen Multiplen Sklerose ähnelt (experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis). Für ihre Forschungen setzten sie ein Zwei-Photonen-Mikroskop ein. Dieses Mikroskop macht es möglich, Prozesse im lebenden Organismus in Echtzeit zu erforschen. Sie konnten dabei beobachten, dass bestimmte Immunzellen (Th17-Zellen) die Nervenzellen direkt kontaktieren, ähnlich wie Nervenzellen über ihre Synapsen miteinander Verbindung aufnehmen.

    Erhöhter Kalziumspiegel in den Neuronen
    Die Interaktion von Th17-Immunzellen und Neuronen löste erhöhte Kalziumspiegel im Innern von Neuronen aus. Kalzium im Zellinnern ist an der Erregung von Nerven- und Muskelzellen beteiligt und führt bei lang anhaltender Erhöhung zum Zelltod. Einen erhöhten Kalziumspiegel in Nervenzellen können die Forscher in ihren Versuchen mit Mäusen zum Teil wieder normalisieren, wenn sie die Zellen mit Substanzen behandeln, die normalerweise zur Behandlung erhöhter Erregbarkeitszustände eingesetzt werden.

    „Unser Einsatz von bildgebenden Verfahren, mit denen wir Vorgänge im lebenden Organismus untersuchen können, hat uns gezeigt, dass die Schäden an den Neuronen durch die Immunzellen sehr früh auftreten und dass diese Schädigungen möglicherweise auch behandelt werden können“, erklärt Prof. Zipp: „Womöglich sind die durch das Immunsystem ausgelösten erhöhten Kalziumspiegel im Zellinnern von Neuronen ein Angriffspunkt für künftige Therapien”. Doch wird es noch Jahre dauern, bis klar ist, ob das ein gangbarer Weg zur Behandlung der Multiplen Sklerose sein wird.

    *In vivo imaging of partially reversible Th17 cell-induced neuronal dysfunction in the course of encephalomyelitis
    Volker Siffrin,1,2* Helena Radbruch,2,3* Robert Glumm,2,3 Raluca Niesner,2,3 Magdalena Paterka,2 Josephine Herz,2,3 Tina Leuenberger,2 Sabrina M. Lehmann, 4 Sarah Luenstedt,2,3 Jan Leo Rinnenthal,2 Gregor Laube,4 Hervé Luche,5 Seija Lehnardt,4 Hans-Joerg Fehling,5 Oliver Griesbeck,6 Frauke Zipp1,2

    * equal contribution

    1Neurology Department, University Medical Center Mainz, Johannes Gutenberg University Mainz, 55131 Mainz, Germany
    2Max Delbrück Center for Molecular Medicine Berlin-Buch, 13125 Berlin, Germany
    3Charité – University Medical Center Berlin, 10117 Berlin, Germany
    4Institute of Cell Biology and Neurobiology, Charité - University Medicine Berlin, 10117 Berlin, Germany
    5Institute of Immunology, University Clinics Ulm, Ulm, Germany
    6Max Planck Institute of Neurobiology, 82152 Martinsried, Germany

    *Correspondence: frauke.zipp@unimedizin-mainz.de (F.Z.), siffrinv@gmx.de (V.S.)

    Einen Filmausschnitt, wie Immunzellen Nervenzellen angreifen, können Sie sich im Internet herunterladen unter:
    http://www.mdc-berlin.de/de/news/2010/20100921-neue_erkenntnisse_zur_multiplen_s...

    Barbara Bachtler
    Pressestelle
    Max-Delbrück-Centrum für
    Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
    Robert-Rössle-Straße 10
    13125 Berlin
    Tel.: +49 (0) 30 94 06 - 38 96
    Fax: +49 (0) 30 94 06 - 38 33
    e-mail: presse@mdc-berlin.de
    http://www.mdc-berlin.de/

    Dr. Renée Dillinger-Reiter
    Stabsstelle Kommunikation und Presse
    Universitätsmedizin Johannes Gutenberg-Universität Mainz
    Langenbeckstraße 1
    55131 Mainz
    Telefon +49 (0) 6131 17-7428
    Telefax +49 (0) 6131 17-3496
    e-mail: renee.dillinger-reiter@unimedizin-mainz.de
    www.unimedizin-mainz.de


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    Immunzellen (rot) attackieren Nervenzellen von Mäusen. Das führt zu tödlichen Kalziumerhöhungen in den Nervenzellen.
    Immunzellen (rot) attackieren Nervenzellen von Mäusen. Das führt zu tödlichen Kalziumerhöhungen in d ...
    (Photo: Dr. Volker Siffrin/Copyright: MDC)
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    Criteria of this press release:
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research projects, Scientific Publications
    German


     

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    Immunzellen (rot) attackieren Nervenzellen von Mäusen. Das führt zu tödlichen Kalziumerhöhungen in den Nervenzellen.


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